Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.Göttlichkeit der Gesinnung. Durch diese werden Eusebio und Julia ge- Nein, du bist kein Raub des Unglücks, Du mein herzgeliebter Sohn, Dem in seinem tragischen Ende Solche Glorie ward zum Lohn -- diese Versöhnung besänftigt, wie das Ende des Oedipus oder das letzte Im Uebergang von der Tragödie der Neueren zur Komödie ist es Ich begnüge mich daher, den allgemeinsten Gesichtspunkt für dieses Es gibt nicht nur ein Schicksal für das Handeln; auch dem Göttlichkeit der Geſinnung. Durch dieſe werden Euſebio und Julia ge- Nein, du biſt kein Raub des Unglücks, Du mein herzgeliebter Sohn, Dem in ſeinem tragiſchen Ende Solche Glorie ward zum Lohn — dieſe Verſöhnung beſänftigt, wie das Ende des Oedipus oder das letzte Im Uebergang von der Tragödie der Neueren zur Komödie iſt es Ich begnüge mich daher, den allgemeinſten Geſichtspunkt für dieſes Es gibt nicht nur ein Schickſal für das Handeln; auch dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0407" n="731"/> Göttlichkeit der Geſinnung. Durch dieſe werden Euſebio und Julia ge-<lb/> rettet, und die Verſöhnung, welche er den Vater über den erſten mit<lb/> wahrhaft antiker Simplicität in den Worten ausſprechen läßt:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Nein, du biſt kein Raub des Unglücks,</l><lb/> <l>Du mein herzgeliebter Sohn,</l><lb/> <l>Dem in ſeinem tragiſchen Ende</l><lb/> <l>Solche Glorie ward zum Lohn —</l> </lg><lb/> <p>dieſe Verſöhnung beſänftigt, wie das Ende des Oedipus oder das letzte<lb/> Loos der Antigone.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Im Uebergang von der Tragödie der Neueren zur Komödie iſt es<lb/> ohne Zweifel am ſchicklichſten, des größten Gedichts der Deutſchen,<lb/> des <hi rendition="#g">Fauſt</hi> von Goethe, zu erwähnen. Es iſt aber ſchwer, das Urtheil<lb/> über den Geiſt des Ganzen aus dem, was wir davon beſitzen, über-<lb/> zeugend genug zu begründen. So möchte der gewöhnlichen Anſicht da-<lb/> von die Behauptung ſehr auffallend ſeyn, daß dieſes Gedicht ſeiner<lb/> Intention nach bei weitem mehr ariſtophaniſch als tragiſch iſt.</p><lb/> <p>Ich begnüge mich daher, den allgemeinſten Geſichtspunkt für dieſes<lb/> Gedicht, ſoweit ich ihn einzuſehen glaube, anzugeben.</p><lb/> <p>Es gibt nicht nur ein Schickſal für das Handeln; auch dem<lb/><hi rendition="#g">Wiſſen</hi> des Individuums als Individuum ſteht das An-ſich des Uni-<lb/> verſums und der Natur als eine unüberwindliche Nothwendigkeit vor.<lb/> Des Unendlichen als Unendlichen kann nicht das Subjekt als Subjekt<lb/> genießen, welches doch ein nothwendiger Hang deſſelben iſt. Hier<lb/> alſo ein ewiger Widerſpruch. Dieß iſt gleichſam eine idealere Potenz<lb/> des Schickſals, welches hier mit dem Subjekt nicht minder, wie im<lb/> Handeln, im Gegenſatz iſt und im Kampfe liegt. Die aufgehobene<lb/> Harmonie kann ſich hier nach zwei Seiten ausdrücken, und der Streit<lb/> einen gedoppelten Ausweg ſuchen. Der Ausgangspunkt iſt der unbe-<lb/> friedigte Durſt, das Innere der Dinge zu ſchauen und als Subjekt zu<lb/> genießen, und die erſte Richtung die, die unerſättliche Begier außer<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [731/0407]
Göttlichkeit der Geſinnung. Durch dieſe werden Euſebio und Julia ge-
rettet, und die Verſöhnung, welche er den Vater über den erſten mit
wahrhaft antiker Simplicität in den Worten ausſprechen läßt:
Nein, du biſt kein Raub des Unglücks,
Du mein herzgeliebter Sohn,
Dem in ſeinem tragiſchen Ende
Solche Glorie ward zum Lohn —
dieſe Verſöhnung beſänftigt, wie das Ende des Oedipus oder das letzte
Loos der Antigone.
Im Uebergang von der Tragödie der Neueren zur Komödie iſt es
ohne Zweifel am ſchicklichſten, des größten Gedichts der Deutſchen,
des Fauſt von Goethe, zu erwähnen. Es iſt aber ſchwer, das Urtheil
über den Geiſt des Ganzen aus dem, was wir davon beſitzen, über-
zeugend genug zu begründen. So möchte der gewöhnlichen Anſicht da-
von die Behauptung ſehr auffallend ſeyn, daß dieſes Gedicht ſeiner
Intention nach bei weitem mehr ariſtophaniſch als tragiſch iſt.
Ich begnüge mich daher, den allgemeinſten Geſichtspunkt für dieſes
Gedicht, ſoweit ich ihn einzuſehen glaube, anzugeben.
Es gibt nicht nur ein Schickſal für das Handeln; auch dem
Wiſſen des Individuums als Individuum ſteht das An-ſich des Uni-
verſums und der Natur als eine unüberwindliche Nothwendigkeit vor.
Des Unendlichen als Unendlichen kann nicht das Subjekt als Subjekt
genießen, welches doch ein nothwendiger Hang deſſelben iſt. Hier
alſo ein ewiger Widerſpruch. Dieß iſt gleichſam eine idealere Potenz
des Schickſals, welches hier mit dem Subjekt nicht minder, wie im
Handeln, im Gegenſatz iſt und im Kampfe liegt. Die aufgehobene
Harmonie kann ſich hier nach zwei Seiten ausdrücken, und der Streit
einen gedoppelten Ausweg ſuchen. Der Ausgangspunkt iſt der unbe-
friedigte Durſt, das Innere der Dinge zu ſchauen und als Subjekt zu
genießen, und die erſte Richtung die, die unerſättliche Begier außer
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