gibt auch hierüber Aufklärung; man vergleiche insbesondere S. 447. Ebendaselbst (S. 448) findet sich dann auch das Nähere über das Verhältniß der Speculation zu jenem Mysticismus.
Im Weiteren bemerke ich nun von der Philosophie der Kunst, daß deren Anfangssätze (§§. 1--15), so wie sie hier gedruckt sind, wohl erst den späteren, Würzburger Vorträgen angehören; bei dem ersten Vortrag in Jena scheint sie der Verfasser anders ge- geben zu haben, wie ich auch aus der äußeren Beschaffenheit des Manuscripts abnehme, ohne Zweifel mehr conform der ursprüng- lichen Ausdrucksweise des Identitätssystems. -- Es scheint, daß Schelling niemals im Sinn hatte, die Aesthetik als Ganzes zu ediren; er konnte es auch nach der Herausgabe der Methode des akademischen Studiums und dem in das Kritische Journal Auf- genommenen ohne Wiederholung von schon Bekanntem nicht mehr thun. Ueberdieß hatte er in derselben vielfach nur die von Schiller, Goethe, den Schlegels vertretene Literatur benutzt, und konnte gerade z. B. diesen Männern gegenüber auf das ihm Eigenthümliche keinen so großen Werth legen. Ihm konnte die Philosophie der Kunst nur als ein Versuch gelten, den er zu- nächst für sich selbst machte, die Ideen und die Methode seiner Philosophie auf die Wissenschaft der Kunst anzuwenden, und etwa durch diese Anwendung bei seinen Zuhörern ein lebendiges Ver- ständniß und erhöhtes Interesse für ein System zu wecken, durch das allerdings zum erstenmal das vielgestaltige, für den Laien schwer zu begreifende Wesen der Kunst in bestimmte, einfache und unter sich harmonirende Construktionen gefaßt war. Hätte nun auch dieser letztere Vorzug besonders bei noch weiterer Ausbildung sie ihm als druckwürdig erscheinen lassen können, so mochte er da- gegen bald von dieser oder jener seiner eigensten, zur Zeit der ersten Abfassung der Aesthetik besonders gehegten und in dieser noch mehr als in den anderen gleichzeitigen Schriften prononcirten Ideen abgekommen seyn, so daß es ihm doch nicht möglich war die Philo- sophie der Kunst ohne eine theilweise gänzliche Umarbeitung zu
gibt auch hierüber Aufklärung; man vergleiche insbeſondere S. 447. Ebendaſelbſt (S. 448) findet ſich dann auch das Nähere über das Verhältniß der Speculation zu jenem Myſticismus.
Im Weiteren bemerke ich nun von der Philoſophie der Kunſt, daß deren Anfangsſätze (§§. 1—15), ſo wie ſie hier gedruckt ſind, wohl erſt den ſpäteren, Würzburger Vorträgen angehören; bei dem erſten Vortrag in Jena ſcheint ſie der Verfaſſer anders ge- geben zu haben, wie ich auch aus der äußeren Beſchaffenheit des Manuſcripts abnehme, ohne Zweifel mehr conform der urſprüng- lichen Ausdrucksweiſe des Identitätsſyſtems. — Es ſcheint, daß Schelling niemals im Sinn hatte, die Aeſthetik als Ganzes zu ediren; er konnte es auch nach der Herausgabe der Methode des akademiſchen Studiums und dem in das Kritiſche Journal Auf- genommenen ohne Wiederholung von ſchon Bekanntem nicht mehr thun. Ueberdieß hatte er in derſelben vielfach nur die von Schiller, Goethe, den Schlegels vertretene Literatur benutzt, und konnte gerade z. B. dieſen Männern gegenüber auf das ihm Eigenthümliche keinen ſo großen Werth legen. Ihm konnte die Philoſophie der Kunſt nur als ein Verſuch gelten, den er zu- nächſt für ſich ſelbſt machte, die Ideen und die Methode ſeiner Philoſophie auf die Wiſſenſchaft der Kunſt anzuwenden, und etwa durch dieſe Anwendung bei ſeinen Zuhörern ein lebendiges Ver- ſtändniß und erhöhtes Intereſſe für ein Syſtem zu wecken, durch das allerdings zum erſtenmal das vielgeſtaltige, für den Laien ſchwer zu begreifende Weſen der Kunſt in beſtimmte, einfache und unter ſich harmonirende Conſtruktionen gefaßt war. Hätte nun auch dieſer letztere Vorzug beſonders bei noch weiterer Ausbildung ſie ihm als druckwürdig erſcheinen laſſen können, ſo mochte er da- gegen bald von dieſer oder jener ſeiner eigenſten, zur Zeit der erſten Abfaſſung der Aeſthetik beſonders gehegten und in dieſer noch mehr als in den anderen gleichzeitigen Schriften prononcirten Ideen abgekommen ſeyn, ſo daß es ihm doch nicht möglich war die Philo- ſophie der Kunſt ohne eine theilweiſe gänzliche Umarbeitung zu
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0024"n="XVI"/>
gibt auch hierüber Aufklärung; man vergleiche insbeſondere S. 447.<lb/>
Ebendaſelbſt (S. 448) findet ſich dann auch das Nähere über das<lb/>
Verhältniß der Speculation zu jenem Myſticismus.</p><lb/><p>Im Weiteren bemerke ich nun von der Philoſophie der Kunſt,<lb/>
daß deren Anfangsſätze (§§. 1—15), ſo wie ſie hier gedruckt ſind,<lb/>
wohl erſt den ſpäteren, Würzburger Vorträgen angehören; bei<lb/>
dem erſten Vortrag in Jena ſcheint ſie der Verfaſſer anders ge-<lb/>
geben zu haben, wie ich auch aus der äußeren Beſchaffenheit des<lb/>
Manuſcripts abnehme, ohne Zweifel mehr conform der urſprüng-<lb/>
lichen Ausdrucksweiſe des Identitätsſyſtems. — Es ſcheint, daß<lb/>
Schelling niemals im Sinn hatte, die Aeſthetik als Ganzes zu<lb/>
ediren; er konnte es auch nach der Herausgabe der Methode des<lb/>
akademiſchen Studiums und dem in das Kritiſche Journal Auf-<lb/>
genommenen ohne Wiederholung von ſchon Bekanntem nicht mehr<lb/>
thun. Ueberdieß hatte er in derſelben vielfach nur die von<lb/>
Schiller, Goethe, den Schlegels vertretene Literatur benutzt, und<lb/>
konnte gerade z. B. dieſen Männern gegenüber auf das ihm<lb/>
Eigenthümliche keinen ſo großen Werth legen. Ihm konnte die<lb/>
Philoſophie der Kunſt nur als ein Verſuch gelten, den er zu-<lb/>
nächſt für ſich ſelbſt machte, die Ideen und die Methode ſeiner<lb/>
Philoſophie auf die Wiſſenſchaft der Kunſt anzuwenden, und etwa<lb/>
durch dieſe Anwendung bei ſeinen Zuhörern ein lebendiges Ver-<lb/>ſtändniß und erhöhtes Intereſſe für ein Syſtem zu wecken, durch<lb/>
das allerdings zum erſtenmal das vielgeſtaltige, für den Laien<lb/>ſchwer zu begreifende Weſen der Kunſt in beſtimmte, einfache und<lb/>
unter ſich harmonirende Conſtruktionen gefaßt war. Hätte nun<lb/>
auch dieſer letztere Vorzug beſonders bei noch weiterer Ausbildung<lb/>ſie ihm als druckwürdig erſcheinen laſſen können, ſo mochte er da-<lb/>
gegen bald von dieſer oder jener ſeiner eigenſten, zur Zeit der erſten<lb/>
Abfaſſung der Aeſthetik beſonders gehegten und in dieſer noch mehr<lb/>
als in den anderen gleichzeitigen Schriften prononcirten Ideen<lb/>
abgekommen ſeyn, ſo daß es ihm doch nicht möglich war die Philo-<lb/>ſophie der Kunſt ohne eine theilweiſe gänzliche Umarbeitung zu<lb/></p></div></front></text></TEI>
[XVI/0024]
gibt auch hierüber Aufklärung; man vergleiche insbeſondere S. 447.
Ebendaſelbſt (S. 448) findet ſich dann auch das Nähere über das
Verhältniß der Speculation zu jenem Myſticismus.
Im Weiteren bemerke ich nun von der Philoſophie der Kunſt,
daß deren Anfangsſätze (§§. 1—15), ſo wie ſie hier gedruckt ſind,
wohl erſt den ſpäteren, Würzburger Vorträgen angehören; bei
dem erſten Vortrag in Jena ſcheint ſie der Verfaſſer anders ge-
geben zu haben, wie ich auch aus der äußeren Beſchaffenheit des
Manuſcripts abnehme, ohne Zweifel mehr conform der urſprüng-
lichen Ausdrucksweiſe des Identitätsſyſtems. — Es ſcheint, daß
Schelling niemals im Sinn hatte, die Aeſthetik als Ganzes zu
ediren; er konnte es auch nach der Herausgabe der Methode des
akademiſchen Studiums und dem in das Kritiſche Journal Auf-
genommenen ohne Wiederholung von ſchon Bekanntem nicht mehr
thun. Ueberdieß hatte er in derſelben vielfach nur die von
Schiller, Goethe, den Schlegels vertretene Literatur benutzt, und
konnte gerade z. B. dieſen Männern gegenüber auf das ihm
Eigenthümliche keinen ſo großen Werth legen. Ihm konnte die
Philoſophie der Kunſt nur als ein Verſuch gelten, den er zu-
nächſt für ſich ſelbſt machte, die Ideen und die Methode ſeiner
Philoſophie auf die Wiſſenſchaft der Kunſt anzuwenden, und etwa
durch dieſe Anwendung bei ſeinen Zuhörern ein lebendiges Ver-
ſtändniß und erhöhtes Intereſſe für ein Syſtem zu wecken, durch
das allerdings zum erſtenmal das vielgeſtaltige, für den Laien
ſchwer zu begreifende Weſen der Kunſt in beſtimmte, einfache und
unter ſich harmonirende Conſtruktionen gefaßt war. Hätte nun
auch dieſer letztere Vorzug beſonders bei noch weiterer Ausbildung
ſie ihm als druckwürdig erſcheinen laſſen können, ſo mochte er da-
gegen bald von dieſer oder jener ſeiner eigenſten, zur Zeit der erſten
Abfaſſung der Aeſthetik beſonders gehegten und in dieſer noch mehr
als in den anderen gleichzeitigen Schriften prononcirten Ideen
abgekommen ſeyn, ſo daß es ihm doch nicht möglich war die Philo-
ſophie der Kunſt ohne eine theilweiſe gänzliche Umarbeitung zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/24>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.