Verächtlichkeit vorhalten. Das Erhabene der Natur wie das der Tra- gödie und der Kunst überhaupt reiniget die Seele, indem es sie von dem bloßen Leiden befreit.
Wie der tapfere Mann in dem Moment, wo alle Kräfte der Natur und des Verhängnisses auf ihn zugleich feindlich eindringen, in dem Moment selbst des höchsten Leidens zur höchsten Befreiung und zu einer überirdischen Lust übergeht, die alle Schranken des Leidens abge- legt hat, so geht dem, der das Antlitz der furchtbaren und zerstörenden Natur erträgt, das höchste Aufgebot ihrer verderbenden Kräfte selbst, die absolute Anschauung auf, welche der Sonne gleicht, die aus den Gewitterwolken bricht.
Schwerlich möchte es in einem Zeitalter der Kleinlichkeit der Gesinnungen und Verkrüppelung des Sinns ein allgemeineres Mittel geben, sich selbst davor zu bewahren und immer davon zu reinigen, als diesen Verkehr mit der großen Natur, schwerlich auch eine reichere Quelle großer Gedanken und des heldenmüthigen Entschlusses als die immer erneuerte Lust in der Anschauung des sinnlich-Furchtbaren und -Großen.
Wir haben in dem Bisherigen das Erhabene der beiden Arten betrachtet, jenes, in welchem die Natur durch ihre Größe für das Fassungsvermögen, und jenes, in welchem sie durch ihre Macht für unsere physische Kraft absolut groß und unendlich, in Beziehung auf das wahrhaft Unendliche aber selbst wieder nur relativ groß, relativ unendlich ist. Wir haben nun noch genauer als bisher die Form der Anschauung des Erhabenen zu bestimmen.
Die Form ist, wie immer, so auch hier das Endliche, nur ist die Bestimmung hinzugefügt worden, daß es hier als relativ unendlich, und in der Beziehung auf sinnliche Anschauung als absolut groß erscheinen müsse. Es ist aber eben dadurch von dem Endlichen die Form negirt, und wir begreifen hierdurch, wie es eben das Formlose ist, welches für uns am unmittelbarsten erhaben, d. h. Symbol des Unendlichen als solchen wird.
Die Form, welche als Form unterschieden wird, setzt das Endliche eben dadurch als ein Besonderes, das Endliche, welches das Unendliche
Verächtlichkeit vorhalten. Das Erhabene der Natur wie das der Tra- gödie und der Kunſt überhaupt reiniget die Seele, indem es ſie von dem bloßen Leiden befreit.
Wie der tapfere Mann in dem Moment, wo alle Kräfte der Natur und des Verhängniſſes auf ihn zugleich feindlich eindringen, in dem Moment ſelbſt des höchſten Leidens zur höchſten Befreiung und zu einer überirdiſchen Luſt übergeht, die alle Schranken des Leidens abge- legt hat, ſo geht dem, der das Antlitz der furchtbaren und zerſtörenden Natur erträgt, das höchſte Aufgebot ihrer verderbenden Kräfte ſelbſt, die abſolute Anſchauung auf, welche der Sonne gleicht, die aus den Gewitterwolken bricht.
Schwerlich möchte es in einem Zeitalter der Kleinlichkeit der Geſinnungen und Verkrüppelung des Sinns ein allgemeineres Mittel geben, ſich ſelbſt davor zu bewahren und immer davon zu reinigen, als dieſen Verkehr mit der großen Natur, ſchwerlich auch eine reichere Quelle großer Gedanken und des heldenmüthigen Entſchluſſes als die immer erneuerte Luſt in der Anſchauung des ſinnlich-Furchtbaren und -Großen.
Wir haben in dem Bisherigen das Erhabene der beiden Arten betrachtet, jenes, in welchem die Natur durch ihre Größe für das Faſſungsvermögen, und jenes, in welchem ſie durch ihre Macht für unſere phyſiſche Kraft abſolut groß und unendlich, in Beziehung auf das wahrhaft Unendliche aber ſelbſt wieder nur relativ groß, relativ unendlich iſt. Wir haben nun noch genauer als bisher die Form der Anſchauung des Erhabenen zu beſtimmen.
Die Form iſt, wie immer, ſo auch hier das Endliche, nur iſt die Beſtimmung hinzugefügt worden, daß es hier als relativ unendlich, und in der Beziehung auf ſinnliche Anſchauung als abſolut groß erſcheinen müſſe. Es iſt aber eben dadurch von dem Endlichen die Form negirt, und wir begreifen hierdurch, wie es eben das Formloſe iſt, welches für uns am unmittelbarſten erhaben, d. h. Symbol des Unendlichen als ſolchen wird.
Die Form, welche als Form unterſchieden wird, ſetzt das Endliche eben dadurch als ein Beſonderes, das Endliche, welches das Unendliche
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Verächtlichkeit vorhalten. Das Erhabene der Natur wie das der Tra-
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dem bloßen Leiden befreit.
Wie der tapfere Mann in dem Moment, wo alle Kräfte der
Natur und des Verhängniſſes auf ihn zugleich feindlich eindringen, in
dem Moment ſelbſt des höchſten Leidens zur höchſten Befreiung und zu
einer überirdiſchen Luſt übergeht, die alle Schranken des Leidens abge-
legt hat, ſo geht dem, der das Antlitz der furchtbaren und zerſtörenden
Natur erträgt, das höchſte Aufgebot ihrer verderbenden Kräfte ſelbſt,
die abſolute Anſchauung auf, welche der Sonne gleicht, die aus den
Gewitterwolken bricht.
Schwerlich möchte es in einem Zeitalter der Kleinlichkeit der
Geſinnungen und Verkrüppelung des Sinns ein allgemeineres Mittel
geben, ſich ſelbſt davor zu bewahren und immer davon zu reinigen, als
dieſen Verkehr mit der großen Natur, ſchwerlich auch eine reichere Quelle
großer Gedanken und des heldenmüthigen Entſchluſſes als die immer
erneuerte Luſt in der Anſchauung des ſinnlich-Furchtbaren und -Großen.
Wir haben in dem Bisherigen das Erhabene der beiden Arten
betrachtet, jenes, in welchem die Natur durch ihre Größe für das
Faſſungsvermögen, und jenes, in welchem ſie durch ihre Macht für
unſere phyſiſche Kraft abſolut groß und unendlich, in Beziehung auf
das wahrhaft Unendliche aber ſelbſt wieder nur relativ groß, relativ
unendlich iſt. Wir haben nun noch genauer als bisher die Form der
Anſchauung des Erhabenen zu beſtimmen.
Die Form iſt, wie immer, ſo auch hier das Endliche, nur iſt die
Beſtimmung hinzugefügt worden, daß es hier als relativ unendlich, und
in der Beziehung auf ſinnliche Anſchauung als abſolut groß erſcheinen
müſſe. Es iſt aber eben dadurch von dem Endlichen die Form negirt,
und wir begreifen hierdurch, wie es eben das Formloſe iſt, welches für
uns am unmittelbarſten erhaben, d. h. Symbol des Unendlichen als
ſolchen wird.
Die Form, welche als Form unterſchieden wird, ſetzt das Endliche
eben dadurch als ein Beſonderes, das Endliche, welches das Unendliche
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/140>, abgerufen am 25.11.2024.
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