der ewige Begriff oder die Idee des Menschen in Gott, der mit der Seele selbst eins und mit ihr verbunden ist.
Beweis. Dieser ist aus §. 23 zu führen, nach welchem die for- male oder absolute Ursache aller Kunst Gott ist. Nun producirt aber Gott unmittelbar und aus sich selbst nur die Ideen der Dinge, wirk- liche und besondere Dinge aber nur mittelbar in der reflektirten Welt. Inwiefern also das Princip der göttlichen Ineinsbildung, d. h. Gott selbst, durch besondere Dinge objektiv wird, insofern ist nicht Gott unmittelbar und an sich selbst betrachtet, sondern nur Gott als das Wesen eines Besonderen und in der Beziehung auf ein Besonderes das, was die besonderen Dinge producirt. Nun bezieht sich aber Gott auf das Besondere nur durch das, worin es mit seinem Allgemeinen eins ist, d. h. durch seine Idee oder seinen ewigen Begriff. Diese Idee aber ist in dem vorliegenden Fall die des Absoluten selbst. Diese aber bekommt die unmittelbare Beziehung auf ein Besonderes oder wird objektiv producirt nur in dem Organismus und der Vernunft, beide als eins gedacht (denn nur jener ist das reale, diese das ideale Abbild des Absoluten in der realen oder geschaffenen Welt, nach den §§. 17 und 18). Die Indifferenz des Organismus und der Vernunft aber oder das Eine, in welchem auf gleiche Weise real und ideal das Absolute objektiv wird, ist der Mensch. Es ist also Gott, inwiefern er sich durch eine Idee oder einen ewigen Begriff auf den Menschen bezieht, d. h. es ist der ewige Begriff des Menschen selbst, der in Gott ist, wodurch das Kunstwerk hervorgebracht wird. Die Idee des Menschen ist aber nichts anderes als das Wesen oder das An-sich des Menschen selbst, welches in der Seele und dem Leib objektiv wird, und demnach der Seele unmittelbar vereinigt ist.
Erläuterung. Alle Dinge sind in Gott nur durch ihre Idee, und diese Idee wird objektiv da, wo auch im Reflex die Einheit des Unendlichen im Endlichen in der Form producirt wird. Da nun dieß im Menschen der Fall ist, indem hier das Endliche, der Leib, wie die Seele die ganze Einheit ist, so wird hier die Idee als Idee objektiv, und da es ihr Wesen ist zu produciren, überhaupt produktiv.
der ewige Begriff oder die Idee des Menſchen in Gott, der mit der Seele ſelbſt eins und mit ihr verbunden iſt.
Beweis. Dieſer iſt aus §. 23 zu führen, nach welchem die for- male oder abſolute Urſache aller Kunſt Gott iſt. Nun producirt aber Gott unmittelbar und aus ſich ſelbſt nur die Ideen der Dinge, wirk- liche und beſondere Dinge aber nur mittelbar in der reflektirten Welt. Inwiefern alſo das Princip der göttlichen Ineinsbildung, d. h. Gott ſelbſt, durch beſondere Dinge objektiv wird, inſofern iſt nicht Gott unmittelbar und an ſich ſelbſt betrachtet, ſondern nur Gott als das Weſen eines Beſonderen und in der Beziehung auf ein Beſonderes das, was die beſonderen Dinge producirt. Nun bezieht ſich aber Gott auf das Beſondere nur durch das, worin es mit ſeinem Allgemeinen eins iſt, d. h. durch ſeine Idee oder ſeinen ewigen Begriff. Dieſe Idee aber iſt in dem vorliegenden Fall die des Abſoluten ſelbſt. Dieſe aber bekommt die unmittelbare Beziehung auf ein Beſonderes oder wird objektiv producirt nur in dem Organismus und der Vernunft, beide als eins gedacht (denn nur jener iſt das reale, dieſe das ideale Abbild des Abſoluten in der realen oder geſchaffenen Welt, nach den §§. 17 und 18). Die Indifferenz des Organismus und der Vernunft aber oder das Eine, in welchem auf gleiche Weiſe real und ideal das Abſolute objektiv wird, iſt der Menſch. Es iſt alſo Gott, inwiefern er ſich durch eine Idee oder einen ewigen Begriff auf den Menſchen bezieht, d. h. es iſt der ewige Begriff des Menſchen ſelbſt, der in Gott iſt, wodurch das Kunſtwerk hervorgebracht wird. Die Idee des Menſchen iſt aber nichts anderes als das Weſen oder das An-ſich des Menſchen ſelbſt, welches in der Seele und dem Leib objektiv wird, und demnach der Seele unmittelbar vereinigt iſt.
Erläuterung. Alle Dinge ſind in Gott nur durch ihre Idee, und dieſe Idee wird objektiv da, wo auch im Reflex die Einheit des Unendlichen im Endlichen in der Form producirt wird. Da nun dieß im Menſchen der Fall iſt, indem hier das Endliche, der Leib, wie die Seele die ganze Einheit iſt, ſo wird hier die Idee als Idee objektiv, und da es ihr Weſen iſt zu produciren, überhaupt produktiv.
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der ewige Begriff oder die Idee des Menſchen in Gott,
der mit der Seele ſelbſt eins und mit ihr verbunden iſt.
Beweis. Dieſer iſt aus §. 23 zu führen, nach welchem die for-
male oder abſolute Urſache aller Kunſt Gott iſt. Nun producirt aber
Gott unmittelbar und aus ſich ſelbſt nur die Ideen der Dinge, wirk-
liche und beſondere Dinge aber nur mittelbar in der reflektirten Welt.
Inwiefern alſo das Princip der göttlichen Ineinsbildung, d. h.
Gott ſelbſt, durch beſondere Dinge objektiv wird, inſofern iſt nicht
Gott unmittelbar und an ſich ſelbſt betrachtet, ſondern nur Gott als das
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was die beſonderen Dinge producirt. Nun bezieht ſich aber Gott auf
das Beſondere nur durch das, worin es mit ſeinem Allgemeinen eins
iſt, d. h. durch ſeine Idee oder ſeinen ewigen Begriff. Dieſe Idee
aber iſt in dem vorliegenden Fall die des Abſoluten ſelbſt. Dieſe aber
bekommt die unmittelbare Beziehung auf ein Beſonderes oder wird
objektiv producirt nur in dem Organismus und der Vernunft, beide
als eins gedacht (denn nur jener iſt das reale, dieſe das ideale Abbild
des Abſoluten in der realen oder geſchaffenen Welt, nach den §§. 17 und
18). Die Indifferenz des Organismus und der Vernunft aber oder
das Eine, in welchem auf gleiche Weiſe real und ideal das Abſolute
objektiv wird, iſt der Menſch. Es iſt alſo Gott, inwiefern er ſich durch
eine Idee oder einen ewigen Begriff auf den Menſchen bezieht, d. h.
es iſt der ewige Begriff des Menſchen ſelbſt, der in Gott iſt, wodurch
das Kunſtwerk hervorgebracht wird. Die Idee des Menſchen iſt aber
nichts anderes als das Weſen oder das An-ſich des Menſchen ſelbſt,
welches in der Seele und dem Leib objektiv wird, und demnach der Seele
unmittelbar vereinigt iſt.
Erläuterung. Alle Dinge ſind in Gott nur durch ihre Idee,
und dieſe Idee wird objektiv da, wo auch im Reflex die Einheit des
Unendlichen im Endlichen in der Form producirt wird. Da nun dieß
im Menſchen der Fall iſt, indem hier das Endliche, der Leib, wie die
Seele die ganze Einheit iſt, ſo wird hier die Idee als Idee objektiv,
und da es ihr Weſen iſt zu produciren, überhaupt produktiv.
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/135>, abgerufen am 25.11.2024.
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