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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

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neue Gegenstände findet, bey denen sich
die Seele in süßen Träumereyen wiegt.
Es giebt keine Blume im Garten, die
nicht einen Schauplatz hätte, wo sie glän-
zen soll; kein Tröpfchen Wassers, das
nicht sein Daseyn durch Bewegung und
Geräusch verkünde; keinen Baum, der
nicht ins Auge falle, und gleichwohl kei-
nen einzigen, der sich aufzudringen schiene.
Die Hütte dort, diese Grotte, jene Heer-
den in der Ferne und so manchen andern
Gegenstand, den man von ungefähr er-
blickt, hat die Phantasie, die hier alles
ordnete, mit Vorbedacht dahingestellt.
Mitten in einem Garten das täuschende
Bild der ländlichen Natur! Wer könnte
je des Umherwandelns hier müde werden?"

"Jn diesen Gärten herrscht vorzüglich
das ernste, dunkle Grün, welches die
ekle Wahl der andern Jahreszeiten dem
Winter übrig ließ, das Grün der Kiefern

neue Gegenſtaͤnde findet, bey denen ſich
die Seele in ſuͤßen Traͤumereyen wiegt.
Es giebt keine Blume im Garten, die
nicht einen Schauplatz haͤtte, wo ſie glaͤn-
zen ſoll; kein Troͤpfchen Waſſers, das
nicht ſein Daſeyn durch Bewegung und
Geraͤuſch verkuͤnde; keinen Baum, der
nicht ins Auge falle, und gleichwohl kei-
nen einzigen, der ſich aufzudringen ſchiene.
Die Huͤtte dort, dieſe Grotte, jene Heer-
den in der Ferne und ſo manchen andern
Gegenſtand, den man von ungefaͤhr er-
blickt, hat die Phantaſie, die hier alles
ordnete, mit Vorbedacht dahingeſtellt.
Mitten in einem Garten das taͤuſchende
Bild der laͤndlichen Natur! Wer koͤnnte
je des Umherwandelns hier muͤde werden?“

„Jn dieſen Gaͤrten herrſcht vorzuͤglich
das ernſte, dunkle Gruͤn, welches die
ekle Wahl der andern Jahreszeiten dem
Winter uͤbrig ließ, das Gruͤn der Kiefern

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[242/0246] neue Gegenſtaͤnde findet, bey denen ſich die Seele in ſuͤßen Traͤumereyen wiegt. Es giebt keine Blume im Garten, die nicht einen Schauplatz haͤtte, wo ſie glaͤn- zen ſoll; kein Troͤpfchen Waſſers, das nicht ſein Daſeyn durch Bewegung und Geraͤuſch verkuͤnde; keinen Baum, der nicht ins Auge falle, und gleichwohl kei- nen einzigen, der ſich aufzudringen ſchiene. Die Huͤtte dort, dieſe Grotte, jene Heer- den in der Ferne und ſo manchen andern Gegenſtand, den man von ungefaͤhr er- blickt, hat die Phantaſie, die hier alles ordnete, mit Vorbedacht dahingeſtellt. Mitten in einem Garten das taͤuſchende Bild der laͤndlichen Natur! Wer koͤnnte je des Umherwandelns hier muͤde werden?“ „Jn dieſen Gaͤrten herrſcht vorzuͤglich das ernſte, dunkle Gruͤn, welches die ekle Wahl der andern Jahreszeiten dem Winter uͤbrig ließ, das Gruͤn der Kiefern

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Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/246>, abgerufen am 24.11.2024.