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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

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Reitze einer Promenade oder der freyen
Natur an das Gemüth zu bringen, um
dem Körper zugleich durch den Geist bey-
zukommen. Wenn sich auf dem Spatzier-
gang körperliche Gefühle dem Bewußtseyn
unabwehrlich aufdrängen, hat der Geist
nicht die zum Lustwandeln nöthige innere
Freyheit. Wenn die kürzeste und leichteste
Bewegung schon das Gefühl von Schwäche
zur Folge hat, so ist der Geist viel zu sehr
an den Körper gefesselt, als daß er seine
eigenen freyen Zwecke verfolgen könnte.

Was bey dem Kranken Folge seiner
zerrütteten Gesundheit ist, Gefühl von
Schwäche, kann auch bey dem Gesunden
durch eine unvortheilhafte Körperbewegung
auf Spatziergängen erfolgen: und dann

Reitze einer Promenade oder der freyen
Natur an das Gemuͤth zu bringen, um
dem Koͤrper zugleich durch den Geiſt bey-
zukommen. Wenn ſich auf dem Spatzier-
gang koͤrperliche Gefuͤhle dem Bewußtſeyn
unabwehrlich aufdraͤngen, hat der Geiſt
nicht die zum Luſtwandeln noͤthige innere
Freyheit. Wenn die kuͤrzeſte und leichteſte
Bewegung ſchon das Gefuͤhl von Schwaͤche
zur Folge hat, ſo iſt der Geiſt viel zu ſehr
an den Koͤrper gefeſſelt, als daß er ſeine
eigenen freyen Zwecke verfolgen koͤnnte.

Was bey dem Kranken Folge ſeiner
zerruͤtteten Geſundheit iſt, Gefuͤhl von
Schwaͤche, kann auch bey dem Geſunden
durch eine unvortheilhafte Koͤrperbewegung
auf Spatziergaͤngen erfolgen: und dann

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[198/0202] Reitze einer Promenade oder der freyen Natur an das Gemuͤth zu bringen, um dem Koͤrper zugleich durch den Geiſt bey- zukommen. Wenn ſich auf dem Spatzier- gang koͤrperliche Gefuͤhle dem Bewußtſeyn unabwehrlich aufdraͤngen, hat der Geiſt nicht die zum Luſtwandeln noͤthige innere Freyheit. Wenn die kuͤrzeſte und leichteſte Bewegung ſchon das Gefuͤhl von Schwaͤche zur Folge hat, ſo iſt der Geiſt viel zu ſehr an den Koͤrper gefeſſelt, als daß er ſeine eigenen freyen Zwecke verfolgen koͤnnte. Was bey dem Kranken Folge ſeiner zerruͤtteten Geſundheit iſt, Gefuͤhl von Schwaͤche, kann auch bey dem Geſunden durch eine unvortheilhafte Koͤrperbewegung auf Spatziergaͤngen erfolgen: und dann

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Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/202>, abgerufen am 24.11.2024.