mec waren. Auch ärgerten mich sehr die Reden vieler Civil- und Militairpersonen, sowohl über den alten braven Feldmarschall Lehwald, der freylich dem Obercommando einer solchen Armee unter solchen Zeitum- ständen nicht gewachsen war, als über den General S --, der in der Garnison die be- leidigende funkensprühende Pechfakel seines Muthes und seiner Cavalleriekenntnisse flei- ßig um sich geschwungen und sie doch in der Schlacht hatte verlöschen lassen -- nicht mit Wohlgeruch.
Unter den Russen, die den Winter drauf in Königsberg eingerückt waren, wo man- cher von ihnen die erste Nacht geduldig auf der Straße hatte zubringen müssen, bekam der K. R. L'Estocq durch seinen Oheim, den bey Elisabeths Thronbesteigung berühmt genug gewordenen Grafen L'Estocq viele Bekanntschaften; unter diesen lernte er auch einige artige Männer von den höchsten Aem- tern und Ständen kennen, die den feinsten Conversationston, besonders bey Tisch inne hatten, die übrige Gesellschaftszeit aber meh- rentheils mit hohem Spiel zubrachten und keine wissenschaftliche Cultur besaßen.
mec waren. Auch aͤrgerten mich ſehr die Reden vieler Civil- und Militairperſonen, ſowohl uͤber den alten braven Feldmarſchall Lehwald, der freylich dem Obercommando einer ſolchen Armee unter ſolchen Zeitum- ſtaͤnden nicht gewachſen war, als uͤber den General S —, der in der Garniſon die be- leidigende funkenſpruͤhende Pechfakel ſeines Muthes und ſeiner Cavalleriekenntniſſe flei- ßig um ſich geſchwungen und ſie doch in der Schlacht hatte verloͤſchen laſſen — nicht mit Wohlgeruch.
Unter den Ruſſen, die den Winter drauf in Koͤnigsberg eingeruͤckt waren, wo man- cher von ihnen die erſte Nacht geduldig auf der Straße hatte zubringen muͤſſen, bekam der K. R. L’Eſtocq durch ſeinen Oheim, den bey Eliſabeths Thronbeſteigung beruͤhmt genug gewordenen Grafen L’Eſtocq viele Bekanntſchaften; unter dieſen lernte er auch einige artige Maͤnner von den hoͤchſten Aem- tern und Staͤnden kennen, die den feinſten Converſationston, beſonders bey Tiſch inne hatten, die uͤbrige Geſellſchaftszeit aber meh- rentheils mit hohem Spiel zubrachten und keine wiſſenſchaftliche Cultur beſaßen.
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mec waren. Auch aͤrgerten mich ſehr die
Reden vieler Civil- und Militairperſonen,
ſowohl uͤber den alten braven Feldmarſchall
Lehwald, der freylich dem Obercommando
einer ſolchen Armee unter ſolchen Zeitum-
ſtaͤnden nicht gewachſen war, als uͤber den
General S —, der in der Garniſon die be-
leidigende funkenſpruͤhende Pechfakel ſeines
Muthes und ſeiner Cavalleriekenntniſſe flei-
ßig um ſich geſchwungen und ſie doch in der
Schlacht hatte verloͤſchen laſſen — nicht mit
Wohlgeruch.
Unter den Ruſſen, die den Winter drauf
in Koͤnigsberg eingeruͤckt waren, wo man-
cher von ihnen die erſte Nacht geduldig auf
der Straße hatte zubringen muͤſſen, bekam
der K. R. L’Eſtocq durch ſeinen Oheim,
den bey Eliſabeths Thronbeſteigung beruͤhmt
genug gewordenen Grafen L’Eſtocq viele
Bekanntſchaften; unter dieſen lernte er auch
einige artige Maͤnner von den hoͤchſten Aem-
tern und Staͤnden kennen, die den feinſten
Converſationston, beſonders bey Tiſch inne
hatten, die uͤbrige Geſellſchaftszeit aber meh-
rentheils mit hohem Spiel zubrachten und
keine wiſſenſchaftliche Cultur beſaßen.
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/83>, abgerufen am 25.11.2024.
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