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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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S. 410 Z. 5 nach Freund haben fehlt
die Note **)
selbst zugeschrieben und gesagt: "ob ich gleich meine
"Minister so oft gewarnt, daß mir die Zunge und
"Lippen trocken wurden, so haben sie mich doch
"nicht verstehen wollen, haben nachlässig regiert,
"und mich durch ihre Sorglosigkeit in die Crisis ge-
"bracht, in der wir uns jetzt befinden. Jch bin be-
"reit, mich selbst zu prüfen und mein Herz zu bes-
"sern, kurz mich ganz der gnädigen Leitung des
"Himmels hinzugeben."
Jch setze zum letztern mein
ne quid nimis, und spreche mit Salomo in seinem
herrlichen Prediger (Cap. 10, v. 5.): es ist ein Un-
glück, das ich sah unter der Sonne, nämlich Un-
verstand, der unter den Gewaltigen gemein ist.
**) Moritz-Arndt ist andrer Meynung, und sagt
in seinem ohnlängst gelesenen Entwurf der Er-
ziehung und Unterweisung eines Für-
sten,
Berlin 1813.: "Es sey, Gott weiß durch
"welchen albernen Unverstand, die große Glocke der
"Zeit geworden, die Unmenschlichkeit auszusprechen,
"ein Fürst dürfe und könne keinen Freund haben,
"und leere Egoisten und dumme Klügler die solches
"aussprechen, wüßten von der Welt und ihrer Re-
"gierung nichts"
-- so hart und mehr als hart die-
se Aeußerung klingt, so gesteh' ich, den wohl Kei-
ner einen Egoisten und Klügler schelten wird, doch
aufrichtig, daß weder die Beweise noch die ange-
**
S. 410 Z. 5 nach Freund haben fehlt
die Note **)
ſelbſt zugeſchrieben und geſagt: „ob ich gleich meine
„Miniſter ſo oft gewarnt, daß mir die Zunge und
„Lippen trocken wurden, ſo haben ſie mich doch
„nicht verſtehen wollen, haben nachlaͤſſig regiert,
„und mich durch ihre Sorgloſigkeit in die Criſis ge-
„bracht, in der wir uns jetzt befinden. Jch bin be-
„reit, mich ſelbſt zu pruͤfen und mein Herz zu beſ-
„ſern, kurz mich ganz der gnaͤdigen Leitung des
„Himmels hinzugeben.“
Jch ſetze zum letztern mein
ne quid nimis, und ſpreche mit Salomo in ſeinem
herrlichen Prediger (Cap. 10, v. 5.): es iſt ein Un-
gluͤck, das ich ſah unter der Sonne, naͤmlich Un-
verſtand, der unter den Gewaltigen gemein iſt.
**) Moritz-Arndt iſt andrer Meynung, und ſagt
in ſeinem ohnlaͤngſt geleſenen Entwurf der Er-
ziehung und Unterweiſung eines Fuͤr-
ſten,
Berlin 1813.: „Es ſey, Gott weiß durch
„welchen albernen Unverſtand, die große Glocke der
„Zeit geworden, die Unmenſchlichkeit auszuſprechen,
„ein Fuͤrſt duͤrfe und koͤnne keinen Freund haben,
„und leere Egoiſten und dumme Kluͤgler die ſolches
„ausſprechen, wuͤßten von der Welt und ihrer Re-
„gierung nichts“
— ſo hart und mehr als hart die-
ſe Aeußerung klingt, ſo geſteh’ ich, den wohl Kei-
ner einen Egoiſten und Kluͤgler ſchelten wird, doch
aufrichtig, daß weder die Beweiſe noch die ange-
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[17/0578] S. 410 Z. 5 nach Freund haben fehlt die Note **) *) **) Moritz-Arndt iſt andrer Meynung, und ſagt in ſeinem ohnlaͤngſt geleſenen Entwurf der Er- ziehung und Unterweiſung eines Fuͤr- ſten, Berlin 1813.: „Es ſey, Gott weiß durch „welchen albernen Unverſtand, die große Glocke der „Zeit geworden, die Unmenſchlichkeit auszuſprechen, „ein Fuͤrſt duͤrfe und koͤnne keinen Freund haben, „und leere Egoiſten und dumme Kluͤgler die ſolches „ausſprechen, wuͤßten von der Welt und ihrer Re- „gierung nichts“ — ſo hart und mehr als hart die- ſe Aeußerung klingt, ſo geſteh’ ich, den wohl Kei- ner einen Egoiſten und Kluͤgler ſchelten wird, doch aufrichtig, daß weder die Beweiſe noch die ange- *) ſelbſt zugeſchrieben und geſagt: „ob ich gleich meine „Miniſter ſo oft gewarnt, daß mir die Zunge und „Lippen trocken wurden, ſo haben ſie mich doch „nicht verſtehen wollen, haben nachlaͤſſig regiert, „und mich durch ihre Sorgloſigkeit in die Criſis ge- „bracht, in der wir uns jetzt befinden. Jch bin be- „reit, mich ſelbſt zu pruͤfen und mein Herz zu beſ- „ſern, kurz mich ganz der gnaͤdigen Leitung des „Himmels hinzugeben.“ Jch ſetze zum letztern mein ne quid nimis, und ſpreche mit Salomo in ſeinem herrlichen Prediger (Cap. 10, v. 5.): es iſt ein Un- gluͤck, das ich ſah unter der Sonne, naͤmlich Un- verſtand, der unter den Gewaltigen gemein iſt. **

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/578>, abgerufen am 24.11.2024.