Wenn ich in den Sommerferien zu mei- nen Eltern fuhr, brachte ich nie einen Ge- sellschafter mit, sondern blieb für mich al- lein, las, reimte und lief besonders gern in der hügelichten Waldgegend herum, um schöne Stellen aufzusuchen, wo ich mit Mut- ter und Schwestern des Nachmittags Caffe selbst kochen konnte. Von der Selbstkoche- rey des Caffes war ich ein großer Freund, und kann mich noch gut der frohen. Augen- blicke erinnern, in denen ich ihn mir zube- reitete, so wie der Wonne, mit der ich ihn, ein Buch in der Hand, manchmal spät Abends trank. Von den Hausleuten be- dient zu werden, hab ich nie geliebt und noch jetzt mach ich mir gerne alles selbst ohne ihre Beyhülfe.
Mein Vater war äußerst selten von die- ser Spatzierparthie, öfterer der Pfarrer H --, ein sehr ernsthafter, kluger und außerordent- lich gutmüthiger Mann, der mir im franzö- sischen, das er vollkommen inne hatte, man- che gute Lehre gab. Bisweilen ritt ich auch zu einem benachbarten wohlhabenden Edel- mann von K --, der seine Familienbiblio-
dern ſich ſorgfaͤltig einzuſchießen ſu- chen.
Wenn ich in den Sommerferien zu mei- nen Eltern fuhr, brachte ich nie einen Ge- ſellſchafter mit, ſondern blieb fuͤr mich al- lein, las, reimte und lief beſonders gern in der huͤgelichten Waldgegend herum, um ſchoͤne Stellen aufzuſuchen, wo ich mit Mut- ter und Schweſtern des Nachmittags Caffe ſelbſt kochen konnte. Von der Selbſtkoche- rey des Caffes war ich ein großer Freund, und kann mich noch gut der frohen. Augen- blicke erinnern, in denen ich ihn mir zube- reitete, ſo wie der Wonne, mit der ich ihn, ein Buch in der Hand, manchmal ſpaͤt Abends trank. Von den Hausleuten be- dient zu werden, hab ich nie geliebt und noch jetzt mach ich mir gerne alles ſelbſt ohne ihre Beyhuͤlfe.
Mein Vater war aͤußerſt ſelten von die- ſer Spatzierparthie, oͤfterer der Pfarrer H —, ein ſehr ernſthafter, kluger und außerordent- lich gutmuͤthiger Mann, der mir im franzoͤ- ſiſchen, das er vollkommen inne hatte, man- che gute Lehre gab. Bisweilen ritt ich auch zu einem benachbarten wohlhabenden Edel- mann von K —, der ſeine Familienbiblio-
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dern ſich ſorgfaͤltig einzuſchießen ſu-
chen.
Wenn ich in den Sommerferien zu mei-
nen Eltern fuhr, brachte ich nie einen Ge-
ſellſchafter mit, ſondern blieb fuͤr mich al-
lein, las, reimte und lief beſonders gern in
der huͤgelichten Waldgegend herum, um
ſchoͤne Stellen aufzuſuchen, wo ich mit Mut-
ter und Schweſtern des Nachmittags Caffe
ſelbſt kochen konnte. Von der Selbſtkoche-
rey des Caffes war ich ein großer Freund,
und kann mich noch gut der frohen. Augen-
blicke erinnern, in denen ich ihn mir zube-
reitete, ſo wie der Wonne, mit der ich ihn,
ein Buch in der Hand, manchmal ſpaͤt
Abends trank. Von den Hausleuten be-
dient zu werden, hab ich nie geliebt und
noch jetzt mach ich mir gerne alles ſelbſt ohne
ihre Beyhuͤlfe.
Mein Vater war aͤußerſt ſelten von die-
ſer Spatzierparthie, oͤfterer der Pfarrer H —,
ein ſehr ernſthafter, kluger und außerordent-
lich gutmuͤthiger Mann, der mir im franzoͤ-
ſiſchen, das er vollkommen inne hatte, man-
che gute Lehre gab. Bisweilen ritt ich auch
zu einem benachbarten wohlhabenden Edel-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/56>, abgerufen am 23.11.2024.
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