Seite geht mir auch in der Nacht ein Licht auf, an Deiner Hand geh ich voll Zutrauen mitten zwischen den Schatten des Todes hinüber ins höhere Leben. Und wenn mich auch auf der Reise so mancher Be- gleiter verläßt, mein Begleiter bleibst Du. Vor mir giengen Andre, Andre werden mir folgen. Du allein, o Gott, bist immer zugegen, auch jetzt und hier so innig, so hochbeseligend, wie einst dort, jenseit der Gruft.
Ueber das Alter hat J. H. Meister einen Aufsatz geschrieben, der vom Prof. Heinr. Hirzel nach dem Französischen bearbeitet, gewiß gelesen und beherzigt zu werden verdient. (Winterthur 1810.)
E. Den 25sten bis 28sten Decbr. 1812.
Da ich des Kaisers der Franzosen im zweyten Bändchen der Gedanken und Meinungen S. 54 und in meiner Biographie oft mit Ehren und Beyfall ge- dacht habe, so halt ich mich gewissermassen verpflichtet, nach dem, was sich in diesen Tagen ereignet, auch über ihn mich etwas auszulassen.
Die Wahrheit des bekannten: fic transit gloria mundi, wird jetzt wohl Niemand ableugnen, wenn er die Franzosen, die er vor wenigen Monaten mit den größten und stolzesten Ansprüchen und Hoffnungen, mit der tiefsten Verachtung des Feindes, üppig be- kleidet und ausgerüstet, in so großer Anzahl mit Ge- sang und Klang nach Rußland marschiren sah, jetzt, Hohe und Niedre, nackt und bloß, oft der nothwen- digsten Lebensbedürfnisse ermangelnd, in Skeletgestalt,
Seite geht mir auch in der Nacht ein Licht auf, an Deiner Hand geh ich voll Zutrauen mitten zwiſchen den Schatten des Todes hinuͤber ins hoͤhere Leben. Und wenn mich auch auf der Reiſe ſo mancher Be- gleiter verlaͤßt, mein Begleiter bleibſt Du. Vor mir giengen Andre, Andre werden mir folgen. Du allein, o Gott, biſt immer zugegen, auch jetzt und hier ſo innig, ſo hochbeſeligend, wie einſt dort, jenſeit der Gruft.
Ueber das Alter hat J. H. Meiſter einen Aufſatz geſchrieben, der vom Prof. Heinr. Hirzel nach dem Franzoͤſiſchen bearbeitet, gewiß geleſen und beherzigt zu werden verdient. (Winterthur 1810.)
E. Den 25ſten bis 28ſten Decbr. 1812.
Da ich des Kaiſers der Franzoſen im zweyten Baͤndchen der Gedanken und Meinungen S. 54 und in meiner Biographie oft mit Ehren und Beyfall ge- dacht habe, ſo halt ich mich gewiſſermaſſen verpflichtet, nach dem, was ſich in dieſen Tagen ereignet, auch uͤber ihn mich etwas auszulaſſen.
Die Wahrheit des bekannten: fic tranſit gloria mundi, wird jetzt wohl Niemand ableugnen, wenn er die Franzoſen, die er vor wenigen Monaten mit den groͤßten und ſtolzeſten Anſpruͤchen und Hoffnungen, mit der tiefſten Verachtung des Feindes, uͤppig be- kleidet und ausgeruͤſtet, in ſo großer Anzahl mit Ge- ſang und Klang nach Rußland marſchiren ſah, jetzt, Hohe und Niedre, nackt und bloß, oft der nothwen- digſten Lebensbeduͤrfniſſe ermangelnd, in Skeletgeſtalt,
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Seite geht mir auch in der Nacht ein Licht auf, an
Deiner Hand geh ich voll Zutrauen mitten zwiſchen
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Und wenn mich auch auf der Reiſe ſo mancher Be-
gleiter verlaͤßt, mein Begleiter bleibſt Du. Vor mir
giengen Andre, Andre werden mir folgen. Du allein,
o Gott, biſt immer zugegen, auch jetzt und hier ſo
innig, ſo hochbeſeligend, wie einſt dort, jenſeit der
Gruft.
Ueber das Alter hat J. H. Meiſter einen Aufſatz
geſchrieben, der vom Prof. Heinr. Hirzel nach dem
Franzoͤſiſchen bearbeitet, gewiß geleſen und beherzigt zu
werden verdient. (Winterthur 1810.)
E.
Den 25ſten bis 28ſten Decbr. 1812.
Da ich des Kaiſers der Franzoſen im zweyten
Baͤndchen der Gedanken und Meinungen S. 54 und
in meiner Biographie oft mit Ehren und Beyfall ge-
dacht habe, ſo halt ich mich gewiſſermaſſen verpflichtet,
nach dem, was ſich in dieſen Tagen ereignet, auch
uͤber ihn mich etwas auszulaſſen.
Die Wahrheit des bekannten: fic tranſit gloria
mundi, wird jetzt wohl Niemand ableugnen, wenn er
die Franzoſen, die er vor wenigen Monaten mit den
groͤßten und ſtolzeſten Anſpruͤchen und Hoffnungen,
mit der tiefſten Verachtung des Feindes, uͤppig be-
kleidet und ausgeruͤſtet, in ſo großer Anzahl mit Ge-
ſang und Klang nach Rußland marſchiren ſah, jetzt,
Hohe und Niedre, nackt und bloß, oft der nothwen-
digſten Lebensbeduͤrfniſſe ermangelnd, in Skeletgeſtalt,
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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