Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Demüthigung eher zu erwarteu, als Alexan-
ders Zugrunderichtung?

Das Kriegsglück mag indessen für Ruß-
land oder Frankreich entscheiden, so bleiben
beyde doch immer große Reiche; was wird
aber werden aus meinem kleinen Vaterlande,
dessen Boden zur Unfruchtbarkeit jetzt bis
auf viele Generationen vertreten wird? Jm
Fall die Franzosen flöhen, würden die ver-
folgenden Russen es nicht noch unheilbarer
verwüsten? Werden unsre unzählbaren Edik-
te und Verordnungen die, durch sie oft ver-
mehrten, Schäden heilen? Läßt sich zu einer
Zeit, in der nach Hallers Ausdruck oft kaum
das Wissen hilft und Jrrthum sicher schadet,
Hülfe von der Miethlingschaft erwarten, die
gewöhnlich nur auf Befriedigung ihres Stol-
zes, auf Vergrösserung ihres Vermögens
und auf Sättigung ihrer Sinnlichkeit
ausgeht?

Schon hatte die erste Convention nach
dem Tilsitschen Frieden die Landesübel ver-
mehrt, und doch fährt man fort, durch wie-
derhohlte Verhandlungen diese verschmitztin-
solenten, sogenannten Freunde zu neuen For-
derungen zu berechtigen, und ihnen Mittel
an die Hand zu geben, ihre Härte und ihr

Demuͤthigung eher zu erwarteu, als Alexan-
ders Zugrunderichtung?

Das Kriegsgluͤck mag indeſſen fuͤr Ruß-
land oder Frankreich entſcheiden, ſo bleiben
beyde doch immer große Reiche; was wird
aber werden aus meinem kleinen Vaterlande,
deſſen Boden zur Unfruchtbarkeit jetzt bis
auf viele Generationen vertreten wird? Jm
Fall die Franzoſen floͤhen, wuͤrden die ver-
folgenden Ruſſen es nicht noch unheilbarer
verwuͤſten? Werden unſre unzaͤhlbaren Edik-
te und Verordnungen die, durch ſie oft ver-
mehrten, Schaͤden heilen? Laͤßt ſich zu einer
Zeit, in der nach Hallers Ausdruck oft kaum
das Wiſſen hilft und Jrrthum ſicher ſchadet,
Huͤlfe von der Miethlingſchaft erwarten, die
gewoͤhnlich nur auf Befriedigung ihres Stol-
zes, auf Vergroͤſſerung ihres Vermoͤgens
und auf Saͤttigung ihrer Sinnlichkeit
ausgeht?

Schon hatte die erſte Convention nach
dem Tilſitſchen Frieden die Landesuͤbel ver-
mehrt, und doch faͤhrt man fort, durch wie-
derhohlte Verhandlungen dieſe verſchmitztin-
ſolenten, ſogenannten Freunde zu neuen For-
derungen zu berechtigen, und ihnen Mittel
an die Hand zu geben, ihre Haͤrte und ihr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0453" n="436"/>
Demu&#x0364;thigung eher zu erwarteu, als Alexan-<lb/>
ders Zugrunderichtung?</p><lb/>
          <p>Das Kriegsglu&#x0364;ck mag inde&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r Ruß-<lb/>
land oder Frankreich ent&#x017F;cheiden, &#x017F;o bleiben<lb/>
beyde doch immer große Reiche; was wird<lb/>
aber werden aus meinem kleinen Vaterlande,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Boden zur Unfruchtbarkeit jetzt bis<lb/>
auf viele Generationen vertreten wird? Jm<lb/>
Fall die Franzo&#x017F;en flo&#x0364;hen, wu&#x0364;rden die ver-<lb/>
folgenden Ru&#x017F;&#x017F;en es nicht noch unheilbarer<lb/>
verwu&#x0364;&#x017F;ten? Werden un&#x017F;re unza&#x0364;hlbaren Edik-<lb/>
te und Verordnungen die, durch &#x017F;ie oft ver-<lb/>
mehrten, Scha&#x0364;den heilen? La&#x0364;ßt &#x017F;ich zu einer<lb/>
Zeit, in der nach Hallers Ausdruck oft kaum<lb/>
das Wi&#x017F;&#x017F;en hilft und Jrrthum &#x017F;icher &#x017F;chadet,<lb/>
Hu&#x0364;lfe von der Miethling&#x017F;chaft erwarten, die<lb/>
gewo&#x0364;hnlich nur auf Befriedigung ihres Stol-<lb/>
zes, auf Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung ihres Vermo&#x0364;gens<lb/>
und auf Sa&#x0364;ttigung ihrer Sinnlichkeit<lb/>
ausgeht?</p><lb/>
          <p>Schon hatte die er&#x017F;te Convention nach<lb/>
dem Til&#x017F;it&#x017F;chen Frieden die Landesu&#x0364;bel ver-<lb/>
mehrt, und doch fa&#x0364;hrt man fort, durch wie-<lb/>
derhohlte Verhandlungen die&#x017F;e ver&#x017F;chmitztin-<lb/>
&#x017F;olenten, &#x017F;ogenannten Freunde zu neuen For-<lb/>
derungen zu berechtigen, und ihnen Mittel<lb/>
an die Hand zu geben, ihre Ha&#x0364;rte und ihr<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0453] Demuͤthigung eher zu erwarteu, als Alexan- ders Zugrunderichtung? Das Kriegsgluͤck mag indeſſen fuͤr Ruß- land oder Frankreich entſcheiden, ſo bleiben beyde doch immer große Reiche; was wird aber werden aus meinem kleinen Vaterlande, deſſen Boden zur Unfruchtbarkeit jetzt bis auf viele Generationen vertreten wird? Jm Fall die Franzoſen floͤhen, wuͤrden die ver- folgenden Ruſſen es nicht noch unheilbarer verwuͤſten? Werden unſre unzaͤhlbaren Edik- te und Verordnungen die, durch ſie oft ver- mehrten, Schaͤden heilen? Laͤßt ſich zu einer Zeit, in der nach Hallers Ausdruck oft kaum das Wiſſen hilft und Jrrthum ſicher ſchadet, Huͤlfe von der Miethlingſchaft erwarten, die gewoͤhnlich nur auf Befriedigung ihres Stol- zes, auf Vergroͤſſerung ihres Vermoͤgens und auf Saͤttigung ihrer Sinnlichkeit ausgeht? Schon hatte die erſte Convention nach dem Tilſitſchen Frieden die Landesuͤbel ver- mehrt, und doch faͤhrt man fort, durch wie- derhohlte Verhandlungen dieſe verſchmitztin- ſolenten, ſogenannten Freunde zu neuen For- derungen zu berechtigen, und ihnen Mittel an die Hand zu geben, ihre Haͤrte und ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/453
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/453>, abgerufen am 25.11.2024.