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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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ein, in jeder zu seinem Fach erforderlichen
Wissenschaft vollkommen unterrichteter und
in ihrer Scienz lebender und webender
Mann, von eigner Kraft und Gewandheit.

Scienz, Charakter und Temperament
setzen bisweilen Dienstideale zusammen, die
sich weder mit dem alten Ordo rerum ver-
tragen, noch der neue erreichen wird, wenn
ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie-
hung treulich zu Hülfe kommt, und bey sei-
ner Einführung nicht sehr umsichtig, oft so-
gar nachsichtig verfahren wird. Wer den
Felsen der Staatsverwaltung mit einem un-
geschmeidigen Stabe berührt, läßt oft Bit-
terwasser aus ihm springen, auch wenn er
gewiß süßes zu schaffen wünscht, und mengt
er in seine oft nothwendigen Widerstrebun-
gen Causticität, so legt man sie ihm für
Unwillen gegen jeden über ihm stehenden
aus, und mancher, dem er vorgesetzt ist, wird
zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder
genöthigt. Jch würde diese aus manchen
Gesprächen abgezogne Bemerkungen nicht
niedergeschrieben haben, wenn ich nicht gerne
ausgezeichnete Dienstköpfe warnen möchte,
sich nicht durch spröde Laune ohne Noth
furchtbar, wenigstens unbeliebt zu machen,

ein, in jeder zu ſeinem Fach erforderlichen
Wiſſenſchaft vollkommen unterrichteter und
in ihrer Scienz lebender und webender
Mann, von eigner Kraft und Gewandheit.

Scienz, Charakter und Temperament
ſetzen bisweilen Dienſtideale zuſammen, die
ſich weder mit dem alten Ordo rerum ver-
tragen, noch der neue erreichen wird, wenn
ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie-
hung treulich zu Huͤlfe kommt, und bey ſei-
ner Einfuͤhrung nicht ſehr umſichtig, oft ſo-
gar nachſichtig verfahren wird. Wer den
Felſen der Staatsverwaltung mit einem un-
geſchmeidigen Stabe beruͤhrt, laͤßt oft Bit-
terwaſſer aus ihm ſpringen, auch wenn er
gewiß ſuͤßes zu ſchaffen wuͤnſcht, und mengt
er in ſeine oft nothwendigen Widerſtrebun-
gen Cauſticitaͤt, ſo legt man ſie ihm fuͤr
Unwillen gegen jeden uͤber ihm ſtehenden
aus, und mancher, dem er vorgeſetzt iſt, wird
zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder
genoͤthigt. Jch wuͤrde dieſe aus manchen
Geſpraͤchen abgezogne Bemerkungen nicht
niedergeſchrieben haben, wenn ich nicht gerne
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[300/0317] ein, in jeder zu ſeinem Fach erforderlichen Wiſſenſchaft vollkommen unterrichteter und in ihrer Scienz lebender und webender Mann, von eigner Kraft und Gewandheit. Scienz, Charakter und Temperament ſetzen bisweilen Dienſtideale zuſammen, die ſich weder mit dem alten Ordo rerum ver- tragen, noch der neue erreichen wird, wenn ihm nicht eine vervollkommte Volkserzie- hung treulich zu Huͤlfe kommt, und bey ſei- ner Einfuͤhrung nicht ſehr umſichtig, oft ſo- gar nachſichtig verfahren wird. Wer den Felſen der Staatsverwaltung mit einem un- geſchmeidigen Stabe beruͤhrt, laͤßt oft Bit- terwaſſer aus ihm ſpringen, auch wenn er gewiß ſuͤßes zu ſchaffen wuͤnſcht, und mengt er in ſeine oft nothwendigen Widerſtrebun- gen Cauſticitaͤt, ſo legt man ſie ihm fuͤr Unwillen gegen jeden uͤber ihm ſtehenden aus, und mancher, dem er vorgeſetzt iſt, wird zu nachtheiligem Schmeicheln verleitet oder genoͤthigt. Jch wuͤrde dieſe aus manchen Geſpraͤchen abgezogne Bemerkungen nicht niedergeſchrieben haben, wenn ich nicht gerne ausgezeichnete Dienſtkoͤpfe warnen moͤchte, ſich nicht durch ſproͤde Laune ohne Noth furchtbar, wenigſtens unbeliebt zu machen,

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/317>, abgerufen am 22.11.2024.