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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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dadurch zu ändern gesucht, daß man zu Kam-
merherren und Hofdamen nur solche Perso-
nen bestellt, die Anlage und Lust haben,
die ihnen überflüßig zugetheilte Muße zu
beßrer Verstandesausbildung zu verwenden,
so sind keine bessern Fürsten und Regierun-
gen zu erwarten, denn die auf Erweiterung
der Nichtsthuerey und der Frivolität aus-
gehenden Hofleute sind zu emsig darauf be-
dacht, die Fürsten zu gleichen Geisteskin-
dern zu machen. Es wäre doch gewiß mög-
lich, auch bey Hofe die Häuslichkeit einzu-
führen, die von der bürgerlichen so verschie-
den seyn kann und muß, wie das Wissen
eines gewöhnlichen Landbaumeisters von der
Kunst und Wissenschaft eines Pallastarchi-
tekten, und ihn dadurch aus dem Rufe zu
bringen, indem er schon zu Carls des
Großen Zeiten stand, wo der bekannte
Eginhard an einen seiner Freunde schrieb:
de statu rerum palatinarum nihil mihi
scribere peto, quia nihil ex his, quae
aguntur, audire delectat.
Wenn ich nicht
bereits wenig Erfolg von den neuen ange-
legten Jünglingsprüfungen gesehen hätte,
so würd' ich die Fundation einer Exami-

dadurch zu aͤndern geſucht, daß man zu Kam-
merherren und Hofdamen nur ſolche Perſo-
nen beſtellt, die Anlage und Luſt haben,
die ihnen uͤberfluͤßig zugetheilte Muße zu
beßrer Verſtandesausbildung zu verwenden,
ſo ſind keine beſſern Fuͤrſten und Regierun-
gen zu erwarten, denn die auf Erweiterung
der Nichtsthuerey und der Frivolitaͤt aus-
gehenden Hofleute ſind zu emſig darauf be-
dacht, die Fuͤrſten zu gleichen Geiſteskin-
dern zu machen. Es waͤre doch gewiß moͤg-
lich, auch bey Hofe die Haͤuslichkeit einzu-
fuͤhren, die von der buͤrgerlichen ſo verſchie-
den ſeyn kann und muß, wie das Wiſſen
eines gewoͤhnlichen Landbaumeiſters von der
Kunſt und Wiſſenſchaft eines Pallaſtarchi-
tekten, und ihn dadurch aus dem Rufe zu
bringen, indem er ſchon zu Carls des
Großen Zeiten ſtand, wo der bekannte
Eginhard an einen ſeiner Freunde ſchrieb:
de ſtatu rerum palatinarum nihil mihi
ſcribere peto, quia nihil ex his, quae
aguntur, audire delectat.
Wenn ich nicht
bereits wenig Erfolg von den neuen ange-
legten Juͤnglingspruͤfungen geſehen haͤtte,
ſo wuͤrd’ ich die Fundation einer Exami-

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[297/0314] dadurch zu aͤndern geſucht, daß man zu Kam- merherren und Hofdamen nur ſolche Perſo- nen beſtellt, die Anlage und Luſt haben, die ihnen uͤberfluͤßig zugetheilte Muße zu beßrer Verſtandesausbildung zu verwenden, ſo ſind keine beſſern Fuͤrſten und Regierun- gen zu erwarten, denn die auf Erweiterung der Nichtsthuerey und der Frivolitaͤt aus- gehenden Hofleute ſind zu emſig darauf be- dacht, die Fuͤrſten zu gleichen Geiſteskin- dern zu machen. Es waͤre doch gewiß moͤg- lich, auch bey Hofe die Haͤuslichkeit einzu- fuͤhren, die von der buͤrgerlichen ſo verſchie- den ſeyn kann und muß, wie das Wiſſen eines gewoͤhnlichen Landbaumeiſters von der Kunſt und Wiſſenſchaft eines Pallaſtarchi- tekten, und ihn dadurch aus dem Rufe zu bringen, indem er ſchon zu Carls des Großen Zeiten ſtand, wo der bekannte Eginhard an einen ſeiner Freunde ſchrieb: de ſtatu rerum palatinarum nihil mihi ſcribere peto, quia nihil ex his, quae aguntur, audire delectat. Wenn ich nicht bereits wenig Erfolg von den neuen ange- legten Juͤnglingspruͤfungen geſehen haͤtte, ſo wuͤrd’ ich die Fundation einer Exami-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/314>, abgerufen am 22.11.2024.