herrschen solcher, aus vorgefaßten Meinun- gen und Nebenumständen herrührender Ur- theile, theils die Menschenkenntniß sehr er- schwert, theils dem, der sie benutzt, Gele- genheit giebt, andre zu falschen Urtheilen zu verleiten.
Während dieses Aufenthalts im Busolt- schen Garten ließ mich, der zu den hohen Herrschaften nicht anders als auf Special- befehl ging, die Königin rufen, und ich hatte mit ihr manche Unterredung über die historischen Vorlesungen des jetzigen Staats- raths Süvern, von denen ich ihr eine Ab- schrift hatte besorgen müssen, über die ge- hörig einzurichtende Erziehung eines Kron- prinzen, in der selbst Friedrich II. fehlge- griffen hatte, und die um so mehr Sorg- falt verdiente, als der Kronprinz gewiß viele Fähigkeiten und eigne Fertigkeiten besitzt, von welchen letztern ich ein Paar anführen will: seine Gabe, nach angehörten Erzäh- lungen oder selbst gelesenen Stellen, sehr charakteristische richtige Zeichnungen zu ent- werfen, ich erinnre mich des Gemäldes vom Varus nach der verlornen Schlacht -- von Carl dem Großen, der seinen Hofleuten den Müller vorstellt und über ihre Erbärmlich-
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herrſchen ſolcher, aus vorgefaßten Meinun- gen und Nebenumſtaͤnden herruͤhrender Ur- theile, theils die Menſchenkenntniß ſehr er- ſchwert, theils dem, der ſie benutzt, Gele- genheit giebt, andre zu falſchen Urtheilen zu verleiten.
Waͤhrend dieſes Aufenthalts im Buſolt- ſchen Garten ließ mich, der zu den hohen Herrſchaften nicht anders als auf Special- befehl ging, die Koͤnigin rufen, und ich hatte mit ihr manche Unterredung uͤber die hiſtoriſchen Vorleſungen des jetzigen Staats- raths Suͤvern, von denen ich ihr eine Ab- ſchrift hatte beſorgen muͤſſen, uͤber die ge- hoͤrig einzurichtende Erziehung eines Kron- prinzen, in der ſelbſt Friedrich II. fehlge- griffen hatte, und die um ſo mehr Sorg- falt verdiente, als der Kronprinz gewiß viele Faͤhigkeiten und eigne Fertigkeiten beſitzt, von welchen letztern ich ein Paar anfuͤhren will: ſeine Gabe, nach angehoͤrten Erzaͤh- lungen oder ſelbſt geleſenen Stellen, ſehr charakteriſtiſche richtige Zeichnungen zu ent- werfen, ich erinnre mich des Gemaͤldes vom Varus nach der verlornen Schlacht — von Carl dem Großen, der ſeinen Hofleuten den Muͤller vorſtellt und uͤber ihre Erbaͤrmlich-
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herrſchen ſolcher, aus vorgefaßten Meinun-
gen und Nebenumſtaͤnden herruͤhrender Ur-
theile, theils die Menſchenkenntniß ſehr er-
ſchwert, theils dem, der ſie benutzt, Gele-
genheit giebt, andre zu falſchen Urtheilen zu
verleiten.
Waͤhrend dieſes Aufenthalts im Buſolt-
ſchen Garten ließ mich, der zu den hohen
Herrſchaften nicht anders als auf Special-
befehl ging, die Koͤnigin rufen, und ich
hatte mit ihr manche Unterredung uͤber die
hiſtoriſchen Vorleſungen des jetzigen Staats-
raths Suͤvern, von denen ich ihr eine Ab-
ſchrift hatte beſorgen muͤſſen, uͤber die ge-
hoͤrig einzurichtende Erziehung eines Kron-
prinzen, in der ſelbſt Friedrich II. fehlge-
griffen hatte, und die um ſo mehr Sorg-
falt verdiente, als der Kronprinz gewiß viele
Faͤhigkeiten und eigne Fertigkeiten beſitzt,
von welchen letztern ich ein Paar anfuͤhren
will: ſeine Gabe, nach angehoͤrten Erzaͤh-
lungen oder ſelbſt geleſenen Stellen, ſehr
charakteriſtiſche richtige Zeichnungen zu ent-
werfen, ich erinnre mich des Gemaͤldes vom
Varus nach der verlornen Schlacht — von
Carl dem Großen, der ſeinen Hofleuten den
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/308>, abgerufen am 25.11.2024.
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