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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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guter Credit nicht auch auf den guten Mei-
nungen meiner Freunde und Bekanntschaf-
ten von der Unbefangenheit meiner Urtheile
und einer, vom Umgange mir angeschliffnen
Bescheidenheit und Heiterkeit, mit der ich
sie aussprach, vielleicht auch von einer mir
angebornen Diskretion, deren Grenzen doch
kein Fremder sicher wissen konnte?

Bey Entscheidung der Präjudicialfrage
über Lob und Tadel verdient auch wohl der
Umstand nicht übersehen zu werden, daß alle
Dinge, also auch die Wissenschaften, zwey
Seiten haben, eine blos natürliche und eine
künstliche, und daß der, welcher Takt und
Ueberlegung genug hat, im Gespräch blos
bey der ersten stehen zu bleiben, ohne sich
in förmliche, das Unwissenheitsspiel leicht
verrathende Discussionen einzulassen, leicht
die Vermuthung erweckt, auch die Kunst-
seite zu kennen. Sind aber erst ein Paar
Rathschläge von gutem Erfolg gewesen, oder
hat es geglückt, in wissenschaftlichen Unter-
haltungen hin und wieder mit dem Natur-
hammer dem Kunstnagel auf den Kopf zu
treffen, so fangen die Menschen bald an,
einen für klug und gar für gelehrt zu hal-
ten; schlimm ist es indessen, daß das Vor-

guter Credit nicht auch auf den guten Mei-
nungen meiner Freunde und Bekanntſchaf-
ten von der Unbefangenheit meiner Urtheile
und einer, vom Umgange mir angeſchliffnen
Beſcheidenheit und Heiterkeit, mit der ich
ſie ausſprach, vielleicht auch von einer mir
angebornen Diskretion, deren Grenzen doch
kein Fremder ſicher wiſſen konnte?

Bey Entſcheidung der Praͤjudicialfrage
uͤber Lob und Tadel verdient auch wohl der
Umſtand nicht uͤberſehen zu werden, daß alle
Dinge, alſo auch die Wiſſenſchaften, zwey
Seiten haben, eine blos natuͤrliche und eine
kuͤnſtliche, und daß der, welcher Takt und
Ueberlegung genug hat, im Geſpraͤch blos
bey der erſten ſtehen zu bleiben, ohne ſich
in foͤrmliche, das Unwiſſenheitsſpiel leicht
verrathende Discuſſionen einzulaſſen, leicht
die Vermuthung erweckt, auch die Kunſt-
ſeite zu kennen. Sind aber erſt ein Paar
Rathſchlaͤge von gutem Erfolg geweſen, oder
hat es gegluͤckt, in wiſſenſchaftlichen Unter-
haltungen hin und wieder mit dem Natur-
hammer dem Kunſtnagel auf den Kopf zu
treffen, ſo fangen die Menſchen bald an,
einen fuͤr klug und gar fuͤr gelehrt zu hal-
ten; ſchlimm iſt es indeſſen, daß das Vor-

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[290/0307] guter Credit nicht auch auf den guten Mei- nungen meiner Freunde und Bekanntſchaf- ten von der Unbefangenheit meiner Urtheile und einer, vom Umgange mir angeſchliffnen Beſcheidenheit und Heiterkeit, mit der ich ſie ausſprach, vielleicht auch von einer mir angebornen Diskretion, deren Grenzen doch kein Fremder ſicher wiſſen konnte? Bey Entſcheidung der Praͤjudicialfrage uͤber Lob und Tadel verdient auch wohl der Umſtand nicht uͤberſehen zu werden, daß alle Dinge, alſo auch die Wiſſenſchaften, zwey Seiten haben, eine blos natuͤrliche und eine kuͤnſtliche, und daß der, welcher Takt und Ueberlegung genug hat, im Geſpraͤch blos bey der erſten ſtehen zu bleiben, ohne ſich in foͤrmliche, das Unwiſſenheitsſpiel leicht verrathende Discuſſionen einzulaſſen, leicht die Vermuthung erweckt, auch die Kunſt- ſeite zu kennen. Sind aber erſt ein Paar Rathſchlaͤge von gutem Erfolg geweſen, oder hat es gegluͤckt, in wiſſenſchaftlichen Unter- haltungen hin und wieder mit dem Natur- hammer dem Kunſtnagel auf den Kopf zu treffen, ſo fangen die Menſchen bald an, einen fuͤr klug und gar fuͤr gelehrt zu hal- ten; ſchlimm iſt es indeſſen, daß das Vor-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/307>, abgerufen am 22.11.2024.