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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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einem Theil ihres in der Eil zusammenge-
packten beweglichen Vermögens in mein
Haus, wo wir mit Fügung in die wahrlich
böse Zeit einmüthig bey einander lebten.
Auch in meine neue Wohnung zog die Ge-
neralin mit, bis sie wenige Tage vor dem
Einmarsch der Franzosen der Königlichen
Familie, mit Zurücklassung ihres größern Ge-
päckes, nach Memel nachzufolgen sich für
genöthiget hielt.

Ein Besuch, den die Prinzessin Solms,
eine Schwester der Königin, eines Tages der
Generalin machte, und bey dem ich zu er-
scheinen berufen wurde, schaffte mir die
Bekanntschaft der erstern. Damit man mich
nun bey meinem hohen Alter nicht etwa ei-
ner erheuchelten Entfernung vom schönen
Geschlechte zeihe, so will ich etwas bey die-
ser Prinzessin verweilen.

Nach der ersten Erscheinung bey einer
ihrer Theegesellschaften ließ ich mich vom
Theedacapo dispensiren, behielt mir auch das
Neinsagen bey Mittagseinladungen vor, war
aber zum Vorlesen deutscher Schriftsteller,
von denen Jhro Königliche Hoheit noch
manche unbekannt waren, jederzeit bereit.
Da ich weder Oberhofmeister noch Beicht-

einem Theil ihres in der Eil zuſammenge-
packten beweglichen Vermoͤgens in mein
Haus, wo wir mit Fuͤgung in die wahrlich
boͤſe Zeit einmuͤthig bey einander lebten.
Auch in meine neue Wohnung zog die Ge-
neralin mit, bis ſie wenige Tage vor dem
Einmarſch der Franzoſen der Koͤniglichen
Familie, mit Zuruͤcklaſſung ihres groͤßern Ge-
paͤckes, nach Memel nachzufolgen ſich fuͤr
genoͤthiget hielt.

Ein Beſuch, den die Prinzeſſin Solms,
eine Schweſter der Koͤnigin, eines Tages der
Generalin machte, und bey dem ich zu er-
ſcheinen berufen wurde, ſchaffte mir die
Bekanntſchaft der erſtern. Damit man mich
nun bey meinem hohen Alter nicht etwa ei-
ner erheuchelten Entfernung vom ſchoͤnen
Geſchlechte zeihe, ſo will ich etwas bey die-
ſer Prinzeſſin verweilen.

Nach der erſten Erſcheinung bey einer
ihrer Theegeſellſchaften ließ ich mich vom
Theedacapo dispenſiren, behielt mir auch das
Neinſagen bey Mittagseinladungen vor, war
aber zum Vorleſen deutſcher Schriftſteller,
von denen Jhro Koͤnigliche Hoheit noch
manche unbekannt waren, jederzeit bereit.
Da ich weder Oberhofmeiſter noch Beicht-

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[262/0279] einem Theil ihres in der Eil zuſammenge- packten beweglichen Vermoͤgens in mein Haus, wo wir mit Fuͤgung in die wahrlich boͤſe Zeit einmuͤthig bey einander lebten. Auch in meine neue Wohnung zog die Ge- neralin mit, bis ſie wenige Tage vor dem Einmarſch der Franzoſen der Koͤniglichen Familie, mit Zuruͤcklaſſung ihres groͤßern Ge- paͤckes, nach Memel nachzufolgen ſich fuͤr genoͤthiget hielt. Ein Beſuch, den die Prinzeſſin Solms, eine Schweſter der Koͤnigin, eines Tages der Generalin machte, und bey dem ich zu er- ſcheinen berufen wurde, ſchaffte mir die Bekanntſchaft der erſtern. Damit man mich nun bey meinem hohen Alter nicht etwa ei- ner erheuchelten Entfernung vom ſchoͤnen Geſchlechte zeihe, ſo will ich etwas bey die- ſer Prinzeſſin verweilen. Nach der erſten Erſcheinung bey einer ihrer Theegeſellſchaften ließ ich mich vom Theedacapo dispenſiren, behielt mir auch das Neinſagen bey Mittagseinladungen vor, war aber zum Vorleſen deutſcher Schriftſteller, von denen Jhro Koͤnigliche Hoheit noch manche unbekannt waren, jederzeit bereit. Da ich weder Oberhofmeiſter noch Beicht-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/279>, abgerufen am 27.11.2024.