men. Seinem Zureden, ihn nach Weimar zu begleiten, widerstand ich aus Abneigung gegen die Wallfahrten zu den Heiligen des Apollo, mithin habe ich Göthe, Wie- land, Schiller, selbst meinen Lands- mann Herder nicht von Angesicht zu An- gesicht gesehen, *) aber nach Dresden be- gleitete ich ihn, wo wir einige Tage mit Doktor Biester in Einem Gasthofe wohn- ten. Jn dieser Stadt, die mir an und für sich eben nicht gefiel, besucht ich ein paar Mal die Brühlsche Terrasse, die Bildergal- lerie und die katholische Kirche, in der es mir bey dem Altarblatte von Mengs ein- fiel, daß die Mahler den gen Himmel fahren- den Christus nicht anders als schon in der höhern Region vorstellen sollten, weil in dem Absprung, oder geistlichvornehmer zu reden, in der Losreißung von der Erde je- derzeit etwas Tanzartiges liegt, das die Ge-
*) Nachdem ich das gelesen und erwogen, was Göthe im 2ten Bande aus seinem Leben über die erste Bekanntschaft mit Herder in Stras- burg sagt, thut mir diese Unterlassung eben nicht leid, doch bedaure ich es nach Lesung des 3ten Bandes keinen Besuch bey dem deutschliterarischen Heros Göthe gewagt zu haben.
men. Seinem Zureden, ihn nach Weimar zu begleiten, widerſtand ich aus Abneigung gegen die Wallfahrten zu den Heiligen des Apollo, mithin habe ich Goͤthe, Wie- land, Schiller, ſelbſt meinen Lands- mann Herder nicht von Angeſicht zu An- geſicht geſehen, *) aber nach Dresden be- gleitete ich ihn, wo wir einige Tage mit Doktor Bieſter in Einem Gaſthofe wohn- ten. Jn dieſer Stadt, die mir an und fuͤr ſich eben nicht gefiel, beſucht ich ein paar Mal die Bruͤhlſche Terraſſe, die Bildergal- lerie und die katholiſche Kirche, in der es mir bey dem Altarblatte von Mengs ein- fiel, daß die Mahler den gen Himmel fahren- den Chriſtus nicht anders als ſchon in der hoͤhern Region vorſtellen ſollten, weil in dem Abſprung, oder geiſtlichvornehmer zu reden, in der Losreißung von der Erde je- derzeit etwas Tanzartiges liegt, das die Ge-
*) Nachdem ich das geleſen und erwogen, was Goͤthe im 2ten Bande aus ſeinem Leben uͤber die erſte Bekanntſchaft mit Herder in Stras- burg ſagt, thut mir dieſe Unterlaſſung eben nicht leid, doch bedaure ich es nach Leſung des 3ten Bandes keinen Beſuch bey dem deutſchliterariſchen Heros Goͤthe gewagt zu haben.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0247"n="230"/>
men. Seinem Zureden, ihn nach Weimar<lb/>
zu begleiten, widerſtand ich aus Abneigung<lb/>
gegen die Wallfahrten zu den Heiligen des<lb/>
Apollo, mithin habe ich <hirendition="#g">Goͤthe, Wie-<lb/>
land, Schiller,</hi>ſelbſt meinen Lands-<lb/>
mann <hirendition="#g">Herder</hi> nicht von Angeſicht zu An-<lb/>
geſicht geſehen, <noteplace="foot"n="*)">Nachdem ich das geleſen und erwogen, was<lb/>
Goͤthe im 2ten Bande <hirendition="#g">aus ſeinem Leben</hi><lb/>
uͤber die erſte Bekanntſchaft mit Herder in Stras-<lb/>
burg ſagt, thut mir dieſe Unterlaſſung eben nicht<lb/>
leid, doch bedaure ich es nach Leſung des 3ten<lb/>
Bandes keinen Beſuch bey dem deutſchliterariſchen<lb/>
Heros <hirendition="#g">Goͤthe</hi> gewagt zu haben.</note> aber nach Dresden be-<lb/>
gleitete ich ihn, wo wir einige Tage mit<lb/>
Doktor <hirendition="#g">Bieſter</hi> in Einem Gaſthofe wohn-<lb/>
ten. Jn dieſer Stadt, die mir an und fuͤr<lb/>ſich eben nicht gefiel, beſucht ich ein paar<lb/>
Mal die Bruͤhlſche Terraſſe, die Bildergal-<lb/>
lerie und die katholiſche Kirche, in der es<lb/>
mir bey dem Altarblatte von Mengs ein-<lb/>
fiel, daß die Mahler den gen Himmel fahren-<lb/>
den Chriſtus nicht anders als ſchon in der<lb/>
hoͤhern Region vorſtellen ſollten, weil in<lb/>
dem Abſprung, oder geiſtlichvornehmer zu<lb/>
reden, in der Losreißung von der Erde je-<lb/>
derzeit etwas Tanzartiges liegt, das die Ge-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[230/0247]
men. Seinem Zureden, ihn nach Weimar
zu begleiten, widerſtand ich aus Abneigung
gegen die Wallfahrten zu den Heiligen des
Apollo, mithin habe ich Goͤthe, Wie-
land, Schiller, ſelbſt meinen Lands-
mann Herder nicht von Angeſicht zu An-
geſicht geſehen, *) aber nach Dresden be-
gleitete ich ihn, wo wir einige Tage mit
Doktor Bieſter in Einem Gaſthofe wohn-
ten. Jn dieſer Stadt, die mir an und fuͤr
ſich eben nicht gefiel, beſucht ich ein paar
Mal die Bruͤhlſche Terraſſe, die Bildergal-
lerie und die katholiſche Kirche, in der es
mir bey dem Altarblatte von Mengs ein-
fiel, daß die Mahler den gen Himmel fahren-
den Chriſtus nicht anders als ſchon in der
hoͤhern Region vorſtellen ſollten, weil in
dem Abſprung, oder geiſtlichvornehmer zu
reden, in der Losreißung von der Erde je-
derzeit etwas Tanzartiges liegt, das die Ge-
*) Nachdem ich das geleſen und erwogen, was
Goͤthe im 2ten Bande aus ſeinem Leben
uͤber die erſte Bekanntſchaft mit Herder in Stras-
burg ſagt, thut mir dieſe Unterlaſſung eben nicht
leid, doch bedaure ich es nach Leſung des 3ten
Bandes keinen Beſuch bey dem deutſchliterariſchen
Heros Goͤthe gewagt zu haben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/247>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.