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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Das Zutrauen des damaligen Pfarrers
zu mir ließ mir bey der Ausbildung mei-
nes Dorfschulmeisters und Einrichtung des
Unterrichts, dem ich con amore häufig bey-
wohnte, ziemlich freye Hand, und ich gestehe
aufrichtig, daß das Verlassen der von mir
gestifteten Schule mir beym Wegzuge fast
am meisten kostete, so wie ich von den vie-
len schönen Aussichten am ungernsten die
verlor, aus dem Fenster meiner Schlafkam-
mer auf den von mir angelegten und schick-
lich verzierten Dorfkirchhof.

Die Besorgniß des Verfalls unsrer An-
lagen hat etwas Niederschlagendes, und
wenn man ihn sich ereignen sieht, so kostet
es einem Ueberwindung, die nicht zu hassen,
die keinen Sinn für die Beförderung des
Schönen und Guten haben. Jch bin leider
ein expertus Rupertus, dem man über die-
sen Punkt glauben, und dessen Klagen man
in einer von seinen 1804. gedruckten Epi-
steln in Reimen lesen kann.

Da ich alle Weihnachten und Ostern
Hippeln besuchte, so erneuerte sich auch
bey ihm meine ehemalige Bekanntschaft mit
Kant, der, wie nun die ganze Welt lesen
kann, Scherz und Ernst in der Gesellschaft

Das Zutrauen des damaligen Pfarrers
zu mir ließ mir bey der Ausbildung mei-
nes Dorfſchulmeiſters und Einrichtung des
Unterrichts, dem ich con amore haͤufig bey-
wohnte, ziemlich freye Hand, und ich geſtehe
aufrichtig, daß das Verlaſſen der von mir
geſtifteten Schule mir beym Wegzuge faſt
am meiſten koſtete, ſo wie ich von den vie-
len ſchoͤnen Ausſichten am ungernſten die
verlor, aus dem Fenſter meiner Schlafkam-
mer auf den von mir angelegten und ſchick-
lich verzierten Dorfkirchhof.

Die Beſorgniß des Verfalls unſrer An-
lagen hat etwas Niederſchlagendes, und
wenn man ihn ſich ereignen ſieht, ſo koſtet
es einem Ueberwindung, die nicht zu haſſen,
die keinen Sinn fuͤr die Befoͤrderung des
Schoͤnen und Guten haben. Jch bin leider
ein expertus Rupertus, dem man uͤber die-
ſen Punkt glauben, und deſſen Klagen man
in einer von ſeinen 1804. gedruckten Epi-
ſteln in Reimen leſen kann.

Da ich alle Weihnachten und Oſtern
Hippeln beſuchte, ſo erneuerte ſich auch
bey ihm meine ehemalige Bekanntſchaft mit
Kant, der, wie nun die ganze Welt leſen
kann, Scherz und Ernſt in der Geſellſchaft

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[205/0222] Das Zutrauen des damaligen Pfarrers zu mir ließ mir bey der Ausbildung mei- nes Dorfſchulmeiſters und Einrichtung des Unterrichts, dem ich con amore haͤufig bey- wohnte, ziemlich freye Hand, und ich geſtehe aufrichtig, daß das Verlaſſen der von mir geſtifteten Schule mir beym Wegzuge faſt am meiſten koſtete, ſo wie ich von den vie- len ſchoͤnen Ausſichten am ungernſten die verlor, aus dem Fenſter meiner Schlafkam- mer auf den von mir angelegten und ſchick- lich verzierten Dorfkirchhof. Die Beſorgniß des Verfalls unſrer An- lagen hat etwas Niederſchlagendes, und wenn man ihn ſich ereignen ſieht, ſo koſtet es einem Ueberwindung, die nicht zu haſſen, die keinen Sinn fuͤr die Befoͤrderung des Schoͤnen und Guten haben. Jch bin leider ein expertus Rupertus, dem man uͤber die- ſen Punkt glauben, und deſſen Klagen man in einer von ſeinen 1804. gedruckten Epi- ſteln in Reimen leſen kann. Da ich alle Weihnachten und Oſtern Hippeln beſuchte, ſo erneuerte ſich auch bey ihm meine ehemalige Bekanntſchaft mit Kant, der, wie nun die ganze Welt leſen kann, Scherz und Ernſt in der Geſellſchaft

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/222>, abgerufen am 24.11.2024.