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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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nen war an einen meiner wärmsten Freun-
de, der damals in der Religion etwas lava-
terisirte, verheirathet und ist nebst zwey andern
Schwestern bereits gestorben. Der ärgste Wei-
berfeind hätte um dieser edlen weiblichen We-
sen willen, sich mit ihrem Geschlecht ver-
söhnen müssen, und unvergeßlich bleiben mir
die Tage, die ich mit diesem Vierblättchen,
ihren Männern und ihrem Vater, dem Kam-
merherrn von W --, den wir den Patriar-
chen von O -- nannten, verlebte. Wohl
mir, wegen des guten Andenkens, in dem ich
bey den von ihnen noch lebenden stehe, wohl
uns allen, daß unser Lehr-, Lern,-Ernst-
und Scherzverkehr nicht ohne gute Früchte
für uns und andre geblieben ist.

Wie sehr aber das Alter das Herz gegen
Freudengefühle abstumpft, bemerkte ich nur
zu deutlich, als die Prinzessin von H --, eine
Tochter jenes Freundes, im Jahr 1808. nach
Königsberg kam und im folgenden Jahr
von ihrer Tante besucht wurde. Sehr gern
hätt' ich die Freude, die beyde über mein
Wiedersehn so herzlich äußerten, ihnen ganz
erwiedert, allein es war unmöglich, die Er-
innerungskohlen so aufglühen zu machen,
daß sie das Schmelzen des Gefühls hätten

nen war an einen meiner waͤrmſten Freun-
de, der damals in der Religion etwas lava-
teriſirte, verheirathet und iſt nebſt zwey andern
Schweſtern bereits geſtorben. Der aͤrgſte Wei-
berfeind haͤtte um dieſer edlen weiblichen We-
ſen willen, ſich mit ihrem Geſchlecht ver-
ſoͤhnen muͤſſen, und unvergeßlich bleiben mir
die Tage, die ich mit dieſem Vierblaͤttchen,
ihren Maͤnnern und ihrem Vater, dem Kam-
merherrn von W —, den wir den Patriar-
chen von O — nannten, verlebte. Wohl
mir, wegen des guten Andenkens, in dem ich
bey den von ihnen noch lebenden ſtehe, wohl
uns allen, daß unſer Lehr-, Lern,-Ernſt-
und Scherzverkehr nicht ohne gute Fruͤchte
fuͤr uns und andre geblieben iſt.

Wie ſehr aber das Alter das Herz gegen
Freudengefuͤhle abſtumpft, bemerkte ich nur
zu deutlich, als die Prinzeſſin von H —, eine
Tochter jenes Freundes, im Jahr 1808. nach
Koͤnigsberg kam und im folgenden Jahr
von ihrer Tante beſucht wurde. Sehr gern
haͤtt’ ich die Freude, die beyde uͤber mein
Wiederſehn ſo herzlich aͤußerten, ihnen ganz
erwiedert, allein es war unmoͤglich, die Er-
innerungskohlen ſo aufgluͤhen zu machen,
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[199/0216] nen war an einen meiner waͤrmſten Freun- de, der damals in der Religion etwas lava- teriſirte, verheirathet und iſt nebſt zwey andern Schweſtern bereits geſtorben. Der aͤrgſte Wei- berfeind haͤtte um dieſer edlen weiblichen We- ſen willen, ſich mit ihrem Geſchlecht ver- ſoͤhnen muͤſſen, und unvergeßlich bleiben mir die Tage, die ich mit dieſem Vierblaͤttchen, ihren Maͤnnern und ihrem Vater, dem Kam- merherrn von W —, den wir den Patriar- chen von O — nannten, verlebte. Wohl mir, wegen des guten Andenkens, in dem ich bey den von ihnen noch lebenden ſtehe, wohl uns allen, daß unſer Lehr-, Lern,-Ernſt- und Scherzverkehr nicht ohne gute Fruͤchte fuͤr uns und andre geblieben iſt. Wie ſehr aber das Alter das Herz gegen Freudengefuͤhle abſtumpft, bemerkte ich nur zu deutlich, als die Prinzeſſin von H —, eine Tochter jenes Freundes, im Jahr 1808. nach Koͤnigsberg kam und im folgenden Jahr von ihrer Tante beſucht wurde. Sehr gern haͤtt’ ich die Freude, die beyde uͤber mein Wiederſehn ſo herzlich aͤußerten, ihnen ganz erwiedert, allein es war unmoͤglich, die Er- innerungskohlen ſo aufgluͤhen zu machen, daß ſie das Schmelzen des Gefuͤhls haͤtten

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/216>, abgerufen am 25.11.2024.