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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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wenig gekrümmt haben, wenigstens sagte es
das Publikum, und sein Nachlaß scheint es
bestätiget zu haben. Der dort angetroffene
Mitgast war der Kriegsrath Deutsch --
mit dessen Seele die meinige auf einem ein-
zigen Spaziergange in Potsdam, wo er da-
mals wohnte und im Schulfache arbeitete,
so vertraut wurde, als ob wir jahrelang
auf Einer Schulbank gesessen hätten. Auch
setzten wir, als er nach dem Tode seiner
Gattin, die viel gesunden Verstand und
Weltkenntniß mit unübertrefflicher Offenheit
verband, sich von seinem Landgute getrennt
und in Königsberg niedergelassen hatte, diese
Freundschaft fleißig fort, bis er während des
französischen Krieges abermals auf das Land
zu seinem Sohne in eine Verborgenheit zog,
die ich an einem Manne von seinen Eigen-
schaften nicht gut heißen kann, so sehr ihm
die Ruhe wohlthun mag; denn das bekannte
bene vixit, qui bene latuit kann wohl in
manchen Fällen wahr seyn, enthält aber
keine Entbindung (Dispensation) vom öffent-
lichen Handeln unter Menschen, so lange
man Kräfte und Gelegenheit dazu besitzt.

Schon im ersten Jahr meines Privat-
lebens war mein Schwiegervater gestorben,

N 2

wenig gekruͤmmt haben, wenigſtens ſagte es
das Publikum, und ſein Nachlaß ſcheint es
beſtaͤtiget zu haben. Der dort angetroffene
Mitgaſt war der Kriegsrath Deutſch
mit deſſen Seele die meinige auf einem ein-
zigen Spaziergange in Potsdam, wo er da-
mals wohnte und im Schulfache arbeitete,
ſo vertraut wurde, als ob wir jahrelang
auf Einer Schulbank geſeſſen haͤtten. Auch
ſetzten wir, als er nach dem Tode ſeiner
Gattin, die viel geſunden Verſtand und
Weltkenntniß mit unuͤbertrefflicher Offenheit
verband, ſich von ſeinem Landgute getrennt
und in Koͤnigsberg niedergelaſſen hatte, dieſe
Freundſchaft fleißig fort, bis er waͤhrend des
franzoͤſiſchen Krieges abermals auf das Land
zu ſeinem Sohne in eine Verborgenheit zog,
die ich an einem Manne von ſeinen Eigen-
ſchaften nicht gut heißen kann, ſo ſehr ihm
die Ruhe wohlthun mag; denn das bekannte
bene vixit, qui bene latuit kann wohl in
manchen Faͤllen wahr ſeyn, enthaͤlt aber
keine Entbindung (Diſpenſation) vom oͤffent-
lichen Handeln unter Menſchen, ſo lange
man Kraͤfte und Gelegenheit dazu beſitzt.

Schon im erſten Jahr meines Privat-
lebens war mein Schwiegervater geſtorben,

N 2
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[195/0212] wenig gekruͤmmt haben, wenigſtens ſagte es das Publikum, und ſein Nachlaß ſcheint es beſtaͤtiget zu haben. Der dort angetroffene Mitgaſt war der Kriegsrath Deutſch — mit deſſen Seele die meinige auf einem ein- zigen Spaziergange in Potsdam, wo er da- mals wohnte und im Schulfache arbeitete, ſo vertraut wurde, als ob wir jahrelang auf Einer Schulbank geſeſſen haͤtten. Auch ſetzten wir, als er nach dem Tode ſeiner Gattin, die viel geſunden Verſtand und Weltkenntniß mit unuͤbertrefflicher Offenheit verband, ſich von ſeinem Landgute getrennt und in Koͤnigsberg niedergelaſſen hatte, dieſe Freundſchaft fleißig fort, bis er waͤhrend des franzoͤſiſchen Krieges abermals auf das Land zu ſeinem Sohne in eine Verborgenheit zog, die ich an einem Manne von ſeinen Eigen- ſchaften nicht gut heißen kann, ſo ſehr ihm die Ruhe wohlthun mag; denn das bekannte bene vixit, qui bene latuit kann wohl in manchen Faͤllen wahr ſeyn, enthaͤlt aber keine Entbindung (Diſpenſation) vom oͤffent- lichen Handeln unter Menſchen, ſo lange man Kraͤfte und Gelegenheit dazu beſitzt. Schon im erſten Jahr meines Privat- lebens war mein Schwiegervater geſtorben, N 2

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/212>, abgerufen am 22.11.2024.