Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts Jnteressirendes besaß. Der prinzli-
che Kammerrath Wöllner, in der Folge
Staatsminister, kam meinem Herzen und
Verstande noch weniger als erstrer nahe, so
daß die Erinnerung dessen, was mir von
beyden vor Augen und zu Ohren gekommen,
eine Mitursache wurde, späterhin auf alles
Verzicht zu thun, was man mich im Mau-
rerorden noch zn finden hoffen ließ. Viele
bedauerten mich dieser Lossagung wegen, ei-
nige verwunderten sich; ich blieb aber bey
der Ueberzeugung von der Richtigkeit mei-
nes: sat prata bibere, ob ich gleich noch
jetzt glaube und in einem in den Studien
(Berlin, 1808.) abgedruckten Aufsatz erklärt
habe: es könnten durch die Logen treffliche
Dinge zum moralischen Besserwerden ausge-
richtet werden; Schmalz und Niebuhr,
zwey beynah in allem verschiedne Menschen,
mögen sagen, was sie Anno 1815. zu pam-
phletisiren beliebt haben.

Nicolai nahm mich einige Male mit
in den Sonntagsklub, der für mich
aber weniger Reiz hatte, als die gewöhnli-
chen Mitglieder gewiß mit allem Recht darin
fanden. Zu allen wahren Umgangs, und be-
sonders häuslichen und den dahin mit ein-

N

nichts Jntereſſirendes beſaß. Der prinzli-
che Kammerrath Woͤllner, in der Folge
Staatsminiſter, kam meinem Herzen und
Verſtande noch weniger als erſtrer nahe, ſo
daß die Erinnerung deſſen, was mir von
beyden vor Augen und zu Ohren gekommen,
eine Miturſache wurde, ſpaͤterhin auf alles
Verzicht zu thun, was man mich im Mau-
rerorden noch zn finden hoffen ließ. Viele
bedauerten mich dieſer Losſagung wegen, ei-
nige verwunderten ſich; ich blieb aber bey
der Ueberzeugung von der Richtigkeit mei-
nes: ſat prata bibere, ob ich gleich noch
jetzt glaube und in einem in den Studien
(Berlin, 1808.) abgedruckten Aufſatz erklaͤrt
habe: es koͤnnten durch die Logen treffliche
Dinge zum moraliſchen Beſſerwerden ausge-
richtet werden; Schmalz und Niebuhr,
zwey beynah in allem verſchiedne Menſchen,
moͤgen ſagen, was ſie Anno 1815. zu pam-
phletiſiren beliebt haben.

Nicolai nahm mich einige Male mit
in den Sonntagsklub, der fuͤr mich
aber weniger Reiz hatte, als die gewoͤhnli-
chen Mitglieder gewiß mit allem Recht darin
fanden. Zu allen wahren Umgangs, und be-
ſonders haͤuslichen und den dahin mit ein-

N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0210" n="193"/>
nichts Jntere&#x017F;&#x017F;irendes be&#x017F;aß. Der prinzli-<lb/>
che Kammerrath <hi rendition="#g">Wo&#x0364;llner,</hi> in der Folge<lb/>
Staatsmini&#x017F;ter, kam meinem Herzen und<lb/>
Ver&#x017F;tande noch weniger als er&#x017F;trer nahe, &#x017F;o<lb/>
daß die Erinnerung de&#x017F;&#x017F;en, was mir von<lb/>
beyden vor Augen und zu Ohren gekommen,<lb/>
eine Mitur&#x017F;ache wurde, &#x017F;pa&#x0364;terhin auf alles<lb/>
Verzicht zu thun, was man mich im Mau-<lb/>
rerorden noch zn finden hoffen ließ. Viele<lb/>
bedauerten mich die&#x017F;er Los&#x017F;agung wegen, ei-<lb/>
nige verwunderten &#x017F;ich; ich blieb aber bey<lb/>
der Ueberzeugung von der Richtigkeit mei-<lb/>
nes: <hi rendition="#aq">&#x017F;at prata bibere,</hi> ob ich gleich noch<lb/>
jetzt glaube und in einem in den Studien<lb/>
(Berlin, 1808.) abgedruckten Auf&#x017F;atz erkla&#x0364;rt<lb/>
habe: es ko&#x0364;nnten durch die Logen treffliche<lb/>
Dinge zum morali&#x017F;chen Be&#x017F;&#x017F;erwerden ausge-<lb/>
richtet werden; <hi rendition="#g">Schmalz</hi> und <hi rendition="#g">Niebuhr,</hi><lb/>
zwey beynah in allem ver&#x017F;chiedne Men&#x017F;chen,<lb/>
mo&#x0364;gen &#x017F;agen, was &#x017F;ie Anno 1815. zu pam-<lb/>
phleti&#x017F;iren beliebt haben.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Nicolai</hi> nahm mich einige Male mit<lb/>
in den <hi rendition="#g">Sonntagsklub,</hi> der fu&#x0364;r mich<lb/>
aber weniger Reiz hatte, als die gewo&#x0364;hnli-<lb/>
chen Mitglieder gewiß mit allem Recht darin<lb/>
fanden. Zu allen wahren Umgangs, und be-<lb/>
&#x017F;onders ha&#x0364;uslichen und den dahin mit ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0210] nichts Jntereſſirendes beſaß. Der prinzli- che Kammerrath Woͤllner, in der Folge Staatsminiſter, kam meinem Herzen und Verſtande noch weniger als erſtrer nahe, ſo daß die Erinnerung deſſen, was mir von beyden vor Augen und zu Ohren gekommen, eine Miturſache wurde, ſpaͤterhin auf alles Verzicht zu thun, was man mich im Mau- rerorden noch zn finden hoffen ließ. Viele bedauerten mich dieſer Losſagung wegen, ei- nige verwunderten ſich; ich blieb aber bey der Ueberzeugung von der Richtigkeit mei- nes: ſat prata bibere, ob ich gleich noch jetzt glaube und in einem in den Studien (Berlin, 1808.) abgedruckten Aufſatz erklaͤrt habe: es koͤnnten durch die Logen treffliche Dinge zum moraliſchen Beſſerwerden ausge- richtet werden; Schmalz und Niebuhr, zwey beynah in allem verſchiedne Menſchen, moͤgen ſagen, was ſie Anno 1815. zu pam- phletiſiren beliebt haben. Nicolai nahm mich einige Male mit in den Sonntagsklub, der fuͤr mich aber weniger Reiz hatte, als die gewoͤhnli- chen Mitglieder gewiß mit allem Recht darin fanden. Zu allen wahren Umgangs, und be- ſonders haͤuslichen und den dahin mit ein- N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/210
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/210>, abgerufen am 24.11.2024.