weiter nichts geschehen ist; woran sie sehr unrecht thaten, weil ein Landescollegium sich schlechterdings nicht muß von seinem Lan- desherrn beschimpfen lassen, der eignen Ehre des Fürsten selbst wegen.
Mich verdroß indessen dieser Vorfall so sehr, daß ich dem Könige diese offenbare Sünde wider die Herrscherkunst nie habe vergessen können. Der Grund der Ueber- eilung des Königs lag vermuthlich in dem Whim, durchaus nichts in Soldatensachen zu thun, was von Civilisten vorgeschlagen wurde. Mir sind Fälle bekannt, wo er die billigsten und dem Militair äußerst vortheil- haften, ja von letzterm selbst gemachten Anträge mit Bitterkeit und Unwillen von sich wieß, weil sie von einer Civilbehörde veranlaßt worden. Die Fürsten glauben nicht, wie sehr sie durch Beleidigung der Privatehre, besonders ihren Dicasterien, schaden. Durch solche Uebereilungen reißen sie dem Dienstadler die zum hohen und ausdaurenden Geschäftsfluge nothwendigen Federn aus, die manchem gar nicht wieder nachwachsen. Für schlecht gehalten werden, hat schon manchen schlecht gemacht, der von Natur nicht schlecht war.
weiter nichts geſchehen iſt; woran ſie ſehr unrecht thaten, weil ein Landescollegium ſich ſchlechterdings nicht muß von ſeinem Lan- desherrn beſchimpfen laſſen, der eignen Ehre des Fuͤrſten ſelbſt wegen.
Mich verdroß indeſſen dieſer Vorfall ſo ſehr, daß ich dem Koͤnige dieſe offenbare Suͤnde wider die Herrſcherkunſt nie habe vergeſſen koͤnnen. Der Grund der Ueber- eilung des Koͤnigs lag vermuthlich in dem Whim, durchaus nichts in Soldatenſachen zu thun, was von Civiliſten vorgeſchlagen wurde. Mir ſind Faͤlle bekannt, wo er die billigſten und dem Militair aͤußerſt vortheil- haften, ja von letzterm ſelbſt gemachten Antraͤge mit Bitterkeit und Unwillen von ſich wieß, weil ſie von einer Civilbehoͤrde veranlaßt worden. Die Fuͤrſten glauben nicht, wie ſehr ſie durch Beleidigung der Privatehre, beſonders ihren Dicaſterien, ſchaden. Durch ſolche Uebereilungen reißen ſie dem Dienſtadler die zum hohen und ausdaurenden Geſchaͤftsfluge nothwendigen Federn aus, die manchem gar nicht wieder nachwachſen. Fuͤr ſchlecht gehalten werden, hat ſchon manchen ſchlecht gemacht, der von Natur nicht ſchlecht war.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0175"n="158"/>
weiter nichts geſchehen iſt; woran ſie ſehr<lb/>
unrecht thaten, weil ein Landescollegium ſich<lb/>ſchlechterdings nicht muß von ſeinem Lan-<lb/>
desherrn beſchimpfen laſſen, der eignen Ehre<lb/>
des Fuͤrſten ſelbſt wegen.</p><lb/><p>Mich verdroß indeſſen dieſer Vorfall ſo<lb/>ſehr, daß ich dem Koͤnige dieſe offenbare<lb/>
Suͤnde wider die Herrſcherkunſt nie habe<lb/>
vergeſſen koͤnnen. Der Grund der Ueber-<lb/>
eilung des Koͤnigs lag vermuthlich in dem<lb/><hirendition="#g">Whim,</hi> durchaus nichts in Soldatenſachen<lb/>
zu thun, was von Civiliſten vorgeſchlagen<lb/>
wurde. Mir ſind Faͤlle bekannt, wo er die<lb/>
billigſten und dem Militair aͤußerſt vortheil-<lb/>
haften, ja von letzterm ſelbſt gemachten<lb/>
Antraͤge mit Bitterkeit und Unwillen von<lb/>ſich wieß, weil ſie von einer Civilbehoͤrde<lb/>
veranlaßt worden. Die Fuͤrſten glauben<lb/>
nicht, wie ſehr ſie durch Beleidigung der<lb/>
Privatehre, beſonders ihren Dicaſterien,<lb/>ſchaden. Durch ſolche Uebereilungen reißen<lb/>ſie dem Dienſtadler die zum hohen und<lb/>
ausdaurenden Geſchaͤftsfluge nothwendigen<lb/>
Federn aus, die manchem gar nicht wieder<lb/>
nachwachſen. Fuͤr ſchlecht gehalten werden,<lb/>
hat ſchon manchen ſchlecht gemacht, der von<lb/>
Natur nicht ſchlecht war.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[158/0175]
weiter nichts geſchehen iſt; woran ſie ſehr
unrecht thaten, weil ein Landescollegium ſich
ſchlechterdings nicht muß von ſeinem Lan-
desherrn beſchimpfen laſſen, der eignen Ehre
des Fuͤrſten ſelbſt wegen.
Mich verdroß indeſſen dieſer Vorfall ſo
ſehr, daß ich dem Koͤnige dieſe offenbare
Suͤnde wider die Herrſcherkunſt nie habe
vergeſſen koͤnnen. Der Grund der Ueber-
eilung des Koͤnigs lag vermuthlich in dem
Whim, durchaus nichts in Soldatenſachen
zu thun, was von Civiliſten vorgeſchlagen
wurde. Mir ſind Faͤlle bekannt, wo er die
billigſten und dem Militair aͤußerſt vortheil-
haften, ja von letzterm ſelbſt gemachten
Antraͤge mit Bitterkeit und Unwillen von
ſich wieß, weil ſie von einer Civilbehoͤrde
veranlaßt worden. Die Fuͤrſten glauben
nicht, wie ſehr ſie durch Beleidigung der
Privatehre, beſonders ihren Dicaſterien,
ſchaden. Durch ſolche Uebereilungen reißen
ſie dem Dienſtadler die zum hohen und
ausdaurenden Geſchaͤftsfluge nothwendigen
Federn aus, die manchem gar nicht wieder
nachwachſen. Fuͤr ſchlecht gehalten werden,
hat ſchon manchen ſchlecht gemacht, der von
Natur nicht ſchlecht war.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/175>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.