oder Absicht die Seelen gefangen zu nehmen, oder gar sie römischkirchlich zu machen. -- Jch habe manche angenehme Stunde mit ihm verlebt.
Während dieses Aufenthalts in Königs- berg rieth mir ein des Berlinschen Terrains kundiger Freund, mich an den damals sehr viel geltenden Minister Hagen auf eine gute Art zu wenden, und da ich in diesem Stück dem Horaz gleich (Libr. IV. Od. 8. ad Censorinum) nichts als Verse, obgleich nicht diesem muneri pretium dicere konnte, so macht ich ein Gedicht auf ihn, welches aber schön abgedruckt und gebunden ankam, als er alle seine Titel und Orden abzulegen im Begriff stand, und das mir einige Jahre später einen unangenehmen Spuck machte; denn als mich nach H -- Tode oberwähnter Buchhändler Kanter um ein Gedicht auf den Cammerpräsidenten v. D -- zur Einrückung in seine gelehrte Zeitung am Neujahr 1772 bat, gab ich ihm, nach kleinen Abänderun- gen, das ohne Wirkung gebliebene Gedicht, das wir in Berlin längst vernichtet glaubten. Allein 14 Tage nach dem hiesigen Abdruck, der sehr wohl aufgenommen war, erschien auf der ersten Seite der Berliner Zeitung
oder Abſicht die Seelen gefangen zu nehmen, oder gar ſie roͤmiſchkirchlich zu machen. — Jch habe manche angenehme Stunde mit ihm verlebt.
Waͤhrend dieſes Aufenthalts in Koͤnigs- berg rieth mir ein des Berlinſchen Terrains kundiger Freund, mich an den damals ſehr viel geltenden Miniſter Hagen auf eine gute Art zu wenden, und da ich in dieſem Stuͤck dem Horaz gleich (Libr. IV. Od. 8. ad Cenſorinum) nichts als Verſe, obgleich nicht dieſem muneri pretium dicere konnte, ſo macht ich ein Gedicht auf ihn, welches aber ſchoͤn abgedruckt und gebunden ankam, als er alle ſeine Titel und Orden abzulegen im Begriff ſtand, und das mir einige Jahre ſpaͤter einen unangenehmen Spuck machte; denn als mich nach H — Tode oberwaͤhnter Buchhaͤndler Kanter um ein Gedicht auf den Cammerpraͤſidenten v. D — zur Einruͤckung in ſeine gelehrte Zeitung am Neujahr 1772 bat, gab ich ihm, nach kleinen Abaͤnderun- gen, das ohne Wirkung gebliebene Gedicht, das wir in Berlin laͤngſt vernichtet glaubten. Allein 14 Tage nach dem hieſigen Abdruck, der ſehr wohl aufgenommen war, erſchien auf der erſten Seite der Berliner Zeitung
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0163"n="146"/>
oder Abſicht die Seelen gefangen zu nehmen,<lb/>
oder gar ſie roͤmiſchkirchlich zu machen. —<lb/>
Jch habe manche angenehme Stunde mit<lb/>
ihm verlebt.</p><lb/><p>Waͤhrend dieſes Aufenthalts in Koͤnigs-<lb/>
berg rieth mir ein des Berlinſchen Terrains<lb/>
kundiger Freund, mich an den damals ſehr<lb/>
viel geltenden Miniſter <hirendition="#g">Hagen</hi> auf eine<lb/>
gute Art zu wenden, und da ich in dieſem<lb/>
Stuͤck dem Horaz gleich (<hirendition="#aq">Libr. IV. Od. 8.<lb/>
ad Cenſorinum</hi>) nichts als Verſe, obgleich<lb/>
nicht dieſem <hirendition="#aq">muneri pretium dicere</hi> konnte,<lb/>ſo macht ich ein Gedicht auf ihn, welches<lb/>
aber ſchoͤn abgedruckt und gebunden ankam,<lb/>
als er alle ſeine Titel und Orden abzulegen<lb/>
im Begriff ſtand, und das mir einige Jahre<lb/>ſpaͤter einen unangenehmen Spuck machte;<lb/>
denn als mich nach H — Tode oberwaͤhnter<lb/>
Buchhaͤndler Kanter um ein Gedicht auf den<lb/>
Cammerpraͤſidenten v. D — zur Einruͤckung<lb/>
in ſeine gelehrte Zeitung am Neujahr 1772<lb/>
bat, gab ich ihm, nach kleinen Abaͤnderun-<lb/>
gen, das ohne Wirkung gebliebene Gedicht,<lb/>
das wir in Berlin laͤngſt vernichtet glaubten.<lb/>
Allein 14 Tage nach dem hieſigen Abdruck,<lb/>
der ſehr wohl aufgenommen war, erſchien<lb/>
auf der erſten Seite der Berliner Zeitung<lb/></p></div></body></text></TEI>
[146/0163]
oder Abſicht die Seelen gefangen zu nehmen,
oder gar ſie roͤmiſchkirchlich zu machen. —
Jch habe manche angenehme Stunde mit
ihm verlebt.
Waͤhrend dieſes Aufenthalts in Koͤnigs-
berg rieth mir ein des Berlinſchen Terrains
kundiger Freund, mich an den damals ſehr
viel geltenden Miniſter Hagen auf eine
gute Art zu wenden, und da ich in dieſem
Stuͤck dem Horaz gleich (Libr. IV. Od. 8.
ad Cenſorinum) nichts als Verſe, obgleich
nicht dieſem muneri pretium dicere konnte,
ſo macht ich ein Gedicht auf ihn, welches
aber ſchoͤn abgedruckt und gebunden ankam,
als er alle ſeine Titel und Orden abzulegen
im Begriff ſtand, und das mir einige Jahre
ſpaͤter einen unangenehmen Spuck machte;
denn als mich nach H — Tode oberwaͤhnter
Buchhaͤndler Kanter um ein Gedicht auf den
Cammerpraͤſidenten v. D — zur Einruͤckung
in ſeine gelehrte Zeitung am Neujahr 1772
bat, gab ich ihm, nach kleinen Abaͤnderun-
gen, das ohne Wirkung gebliebene Gedicht,
das wir in Berlin laͤngſt vernichtet glaubten.
Allein 14 Tage nach dem hieſigen Abdruck,
der ſehr wohl aufgenommen war, erſchien
auf der erſten Seite der Berliner Zeitung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/163>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.