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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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nicht geben, wodurch der anfänglich gedul-
dige Leser unwillig gemacht wird. Herder
hätte manche Abhandlung gar nicht schrei-
ben sollen, weil er theils über ihren Gegen-
stand keinen wahren Aufschluß geben konn-
te,
theils nicht geben wollte. Solch
Hinhalten von Seiten des Schriftstellers
find ich ungerecht und undankbar; der
Schaum des Champagners und die Stern-
chen des Burgunders sind eine schöne Sache,
aber der Durstige will trinken.

Diese meine individuelle Aeußerung über
Herder hat mich indessen nicht gehindert,
die Ergießungen über Herders sämmt-
liche Werke
im 4ten und 5ten Heft der
Heidelbergschen Jahrbücher von 1812. schön
und hinreißend geschrieben, vieles in ihnen
wahr zu finden, und sie mit Vergnügen zu
lesen, wenn gleich mein alter Kopf manch-
mal dabey so schwindelte, wie beym Lesen
von Baggesens Ersteigung des Strasburger
Münsters. Wird mir aber Herr C. J. W -- u
das Geständniß verzeihen, daß ich solche ly-
rische Kritiken und Darstellungen nicht ge-
eignet finde, viel zum richtigen Urtheil über
einen Schriftsteller beytragen zu können,
indem sie die Erwartungen dessen, der seine

nicht geben, wodurch der anfaͤnglich gedul-
dige Leſer unwillig gemacht wird. Herder
haͤtte manche Abhandlung gar nicht ſchrei-
ben ſollen, weil er theils uͤber ihren Gegen-
ſtand keinen wahren Aufſchluß geben konn-
te,
theils nicht geben wollte. Solch
Hinhalten von Seiten des Schriftſtellers
find ich ungerecht und undankbar; der
Schaum des Champagners und die Stern-
chen des Burgunders ſind eine ſchoͤne Sache,
aber der Durſtige will trinken.

Dieſe meine individuelle Aeußerung uͤber
Herder hat mich indeſſen nicht gehindert,
die Ergießungen uͤber Herders ſaͤmmt-
liche Werke
im 4ten und 5ten Heft der
Heidelbergſchen Jahrbuͤcher von 1812. ſchoͤn
und hinreißend geſchrieben, vieles in ihnen
wahr zu finden, und ſie mit Vergnuͤgen zu
leſen, wenn gleich mein alter Kopf manch-
mal dabey ſo ſchwindelte, wie beym Leſen
von Baggeſens Erſteigung des Strasburger
Muͤnſters. Wird mir aber Herr C. J. W — u
das Geſtaͤndniß verzeihen, daß ich ſolche ly-
riſche Kritiken und Darſtellungen nicht ge-
eignet finde, viel zum richtigen Urtheil uͤber
einen Schriftſteller beytragen zu koͤnnen,
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[137/0154] nicht geben, wodurch der anfaͤnglich gedul- dige Leſer unwillig gemacht wird. Herder haͤtte manche Abhandlung gar nicht ſchrei- ben ſollen, weil er theils uͤber ihren Gegen- ſtand keinen wahren Aufſchluß geben konn- te, theils nicht geben wollte. Solch Hinhalten von Seiten des Schriftſtellers find ich ungerecht und undankbar; der Schaum des Champagners und die Stern- chen des Burgunders ſind eine ſchoͤne Sache, aber der Durſtige will trinken. Dieſe meine individuelle Aeußerung uͤber Herder hat mich indeſſen nicht gehindert, die Ergießungen uͤber Herders ſaͤmmt- liche Werke im 4ten und 5ten Heft der Heidelbergſchen Jahrbuͤcher von 1812. ſchoͤn und hinreißend geſchrieben, vieles in ihnen wahr zu finden, und ſie mit Vergnuͤgen zu leſen, wenn gleich mein alter Kopf manch- mal dabey ſo ſchwindelte, wie beym Leſen von Baggeſens Erſteigung des Strasburger Muͤnſters. Wird mir aber Herr C. J. W — u das Geſtaͤndniß verzeihen, daß ich ſolche ly- riſche Kritiken und Darſtellungen nicht ge- eignet finde, viel zum richtigen Urtheil uͤber einen Schriftſteller beytragen zu koͤnnen, indem ſie die Erwartungen deſſen, der ſeine

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/154>, abgerufen am 24.11.2024.