vom damals in Riga sich aufhaltenden Her- der gut gefundnen Roman wär es beynah unter uns zur Fehde gekommen, hätte nicht der kältervernünftige Buchhändler Hartknoch, unser gemeinschaftlicher Freund, meinen ziem- lich spöttischen Brief so human ausgelegt und commentirt, daß statt eines Streits, ein freundschaftlicher Briefwechsel unter uns entstand, der aber nur bis zu Herders Ab- reise von Riga währte.
Auch lernte ich in dieser Zeit Hippeln kennen, und obwohl von unsern wechselsei- tigen Verhältnissen im Schlichtegrollschen Nekrolog *) viel die Rede gewesen, so find ich doch einen kleinen Nachtrag nicht über-
*) Die Hauptveranlassung zum Schreiben der Hip- pelschen Biographie gab der Heidelbergsche Predi- ger Abegg, der zum Besuch seines wackern hiesigen Bruders hergekommen war. Ein höchstgebildeter lieb- werther Mann. Jhm hatte sein Freund Schichtegroll aufgetragen, Materialien zum Leben des Verfas- sers der Lebensläufe etc. zu sammlen, und diese wurden ihm denn auch vorzüglich durch den Oberconsistorialrath Borowsky und mich geschafft. Bey dieser Gelegenheit kam ich in einiges Ver- kehr mit Herrn Schlichtegroll, und in einen bis jetzt (1815.) fortgesetzten Briefwechsel mit dem Badenschen Kirchenrath und Pfarrer Abegg.
vom damals in Riga ſich aufhaltenden Her- der gut gefundnen Roman waͤr es beynah unter uns zur Fehde gekommen, haͤtte nicht der kaͤltervernuͤnftige Buchhaͤndler Hartknoch, unſer gemeinſchaftlicher Freund, meinen ziem- lich ſpoͤttiſchen Brief ſo human ausgelegt und commentirt, daß ſtatt eines Streits, ein freundſchaftlicher Briefwechſel unter uns entſtand, der aber nur bis zu Herders Ab- reiſe von Riga waͤhrte.
Auch lernte ich in dieſer Zeit Hippeln kennen, und obwohl von unſern wechſelſei- tigen Verhaͤltniſſen im Schlichtegrollſchen Nekrolog *) viel die Rede geweſen, ſo find ich doch einen kleinen Nachtrag nicht uͤber-
*) Die Hauptveranlaſſung zum Schreiben der Hip- pelſchen Biographie gab der Heidelbergſche Predi- ger Abegg, der zum Beſuch ſeines wackern hieſigen Bruders hergekommen war. Ein hoͤchſtgebildeter lieb- werther Mann. Jhm hatte ſein Freund Schichtegroll aufgetragen, Materialien zum Leben des Verfaſ- ſers der Lebenslaͤufe ꝛc. zu ſammlen, und dieſe wurden ihm denn auch vorzuͤglich durch den Oberconſiſtorialrath Borowsky und mich geſchafft. Bey dieſer Gelegenheit kam ich in einiges Ver- kehr mit Herrn Schlichtegroll, und in einen bis jetzt (1815.) fortgeſetzten Briefwechſel mit dem Badenſchen Kirchenrath und Pfarrer Abegg.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0142"n="125"/>
vom damals in Riga ſich aufhaltenden <hirendition="#g">Her-<lb/>
der</hi> gut gefundnen Roman waͤr es beynah<lb/>
unter uns zur Fehde gekommen, haͤtte nicht<lb/>
der kaͤltervernuͤnftige Buchhaͤndler Hartknoch,<lb/>
unſer gemeinſchaftlicher Freund, meinen ziem-<lb/>
lich ſpoͤttiſchen Brief ſo human ausgelegt<lb/>
und commentirt, daß ſtatt eines Streits,<lb/>
ein freundſchaftlicher Briefwechſel unter uns<lb/>
entſtand, der aber nur bis zu Herders Ab-<lb/>
reiſe von Riga waͤhrte.</p><lb/><p>Auch lernte ich in dieſer Zeit <hirendition="#g">Hippeln</hi><lb/>
kennen, und obwohl von unſern wechſelſei-<lb/>
tigen Verhaͤltniſſen im Schlichtegrollſchen<lb/>
Nekrolog <noteplace="foot"n="*)">Die Hauptveranlaſſung zum Schreiben der Hip-<lb/>
pelſchen Biographie gab der Heidelbergſche Predi-<lb/>
ger Abegg, der zum Beſuch ſeines wackern hieſigen<lb/>
Bruders hergekommen war. Ein hoͤchſtgebildeter lieb-<lb/>
werther Mann. Jhm hatte ſein Freund Schichtegroll<lb/>
aufgetragen, Materialien zum Leben des Verfaſ-<lb/>ſers der Lebenslaͤufe ꝛc. zu ſammlen, und dieſe<lb/>
wurden ihm denn auch vorzuͤglich durch den<lb/>
Oberconſiſtorialrath Borowsky und mich geſchafft.<lb/>
Bey dieſer Gelegenheit kam ich in einiges Ver-<lb/>
kehr mit Herrn Schlichtegroll, und in einen bis<lb/>
jetzt (1815.) fortgeſetzten Briefwechſel mit dem<lb/>
Badenſchen Kirchenrath und Pfarrer Abegg.</note> viel die Rede geweſen, ſo find<lb/>
ich doch einen kleinen Nachtrag nicht uͤber-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[125/0142]
vom damals in Riga ſich aufhaltenden Her-
der gut gefundnen Roman waͤr es beynah
unter uns zur Fehde gekommen, haͤtte nicht
der kaͤltervernuͤnftige Buchhaͤndler Hartknoch,
unſer gemeinſchaftlicher Freund, meinen ziem-
lich ſpoͤttiſchen Brief ſo human ausgelegt
und commentirt, daß ſtatt eines Streits,
ein freundſchaftlicher Briefwechſel unter uns
entſtand, der aber nur bis zu Herders Ab-
reiſe von Riga waͤhrte.
Auch lernte ich in dieſer Zeit Hippeln
kennen, und obwohl von unſern wechſelſei-
tigen Verhaͤltniſſen im Schlichtegrollſchen
Nekrolog *) viel die Rede geweſen, ſo find
ich doch einen kleinen Nachtrag nicht uͤber-
*) Die Hauptveranlaſſung zum Schreiben der Hip-
pelſchen Biographie gab der Heidelbergſche Predi-
ger Abegg, der zum Beſuch ſeines wackern hieſigen
Bruders hergekommen war. Ein hoͤchſtgebildeter lieb-
werther Mann. Jhm hatte ſein Freund Schichtegroll
aufgetragen, Materialien zum Leben des Verfaſ-
ſers der Lebenslaͤufe ꝛc. zu ſammlen, und dieſe
wurden ihm denn auch vorzuͤglich durch den
Oberconſiſtorialrath Borowsky und mich geſchafft.
Bey dieſer Gelegenheit kam ich in einiges Ver-
kehr mit Herrn Schlichtegroll, und in einen bis
jetzt (1815.) fortgeſetzten Briefwechſel mit dem
Badenſchen Kirchenrath und Pfarrer Abegg.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/142>, abgerufen am 01.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.