sen mußte, wo man außer dem, was auf den Kirchengemählden stand, nichts von der Ge- schichte des Liegnitzer Heinrichs wußte. Mein Aufenthalt traf in die Fastenzeit, allein meine Zunge und mein Magen verloren nichts da- durch, daß ich die lutherische Futterung ver- beten hatte.
Jm Lager bey Glogau bekam ich Rous- seaus damals nicht längst erschienene N. Heloise zu lesen, die mir so außerordentlich wohl gefiel, daß ich wider meine, unlöbliche, Sitte lange Stellen daraus abschrieb. Wäh- rend eines kurzen Aufenthalts in Liegnitz lieh mir der Buchhändler Siegert die zwey ersten Bände der Wielandschen Uebersetzung des Shakespear, die mich so an sich zogen, daß ich eine glänzende Abendgesellschaft ver- ließ und die Nacht mit ihrer Durchlesung zubrachte. Mit ähnlichem Eindruck las ich in viel spätern Jahren Göthes Leiden Werthers, und mit schon grauem Kopf vieles in Meisters Lehrjahren, Herr- mann und Dorothea, Schillers Wallenstein und Don Carlos.
An Freundschaft war in solchem Feld- leben nicht zu denken. Ein Analogon von ihr entspann sich indessen doch zwischen mir
ſen mußte, wo man außer dem, was auf den Kirchengemaͤhlden ſtand, nichts von der Ge- ſchichte des Liegnitzer Heinrichs wußte. Mein Aufenthalt traf in die Faſtenzeit, allein meine Zunge und mein Magen verloren nichts da- durch, daß ich die lutheriſche Futterung ver- beten hatte.
Jm Lager bey Glogau bekam ich Rouſ- ſeaus damals nicht laͤngſt erſchienene N. Heloiſe zu leſen, die mir ſo außerordentlich wohl gefiel, daß ich wider meine, unloͤbliche, Sitte lange Stellen daraus abſchrieb. Waͤh- rend eines kurzen Aufenthalts in Liegnitz lieh mir der Buchhaͤndler Siegert die zwey erſten Baͤnde der Wielandſchen Ueberſetzung des Shakespear, die mich ſo an ſich zogen, daß ich eine glaͤnzende Abendgeſellſchaft ver- ließ und die Nacht mit ihrer Durchleſung zubrachte. Mit aͤhnlichem Eindruck las ich in viel ſpaͤtern Jahren Goͤthes Leiden Werthers, und mit ſchon grauem Kopf vieles in Meiſters Lehrjahren, Herr- mann und Dorothea, Schillers Wallenſtein und Don Carlos.
An Freundſchaft war in ſolchem Feld- leben nicht zu denken. Ein Analogon von ihr entſpann ſich indeſſen doch zwiſchen mir
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ſen mußte, wo man außer dem, was auf den
Kirchengemaͤhlden ſtand, nichts von der Ge-
ſchichte des Liegnitzer Heinrichs wußte. Mein
Aufenthalt traf in die Faſtenzeit, allein meine
Zunge und mein Magen verloren nichts da-
durch, daß ich die lutheriſche Futterung ver-
beten hatte.
Jm Lager bey Glogau bekam ich Rouſ-
ſeaus damals nicht laͤngſt erſchienene N.
Heloiſe zu leſen, die mir ſo außerordentlich
wohl gefiel, daß ich wider meine, unloͤbliche,
Sitte lange Stellen daraus abſchrieb. Waͤh-
rend eines kurzen Aufenthalts in Liegnitz
lieh mir der Buchhaͤndler Siegert die zwey
erſten Baͤnde der Wielandſchen Ueberſetzung
des Shakespear, die mich ſo an ſich zogen,
daß ich eine glaͤnzende Abendgeſellſchaft ver-
ließ und die Nacht mit ihrer Durchleſung
zubrachte. Mit aͤhnlichem Eindruck las ich
in viel ſpaͤtern Jahren Goͤthes Leiden
Werthers, und mit ſchon grauem Kopf
vieles in Meiſters Lehrjahren, Herr-
mann und Dorothea, Schillers
Wallenſtein und Don Carlos.
An Freundſchaft war in ſolchem Feld-
leben nicht zu denken. Ein Analogon von
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/109>, abgerufen am 24.11.2024.
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