Ein Gastgeschenk ist's, sprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige Gall dem heiligen Pirmin sendet!100) und er erhub seinen Stab von Neuem.
Dacht' ich's doch, schalt der Kellermeister, sanct gallische Holz- äpfel! Man kennt Euch an den Früchten: Boden hart, Glaube roh, Leute grob!101) Wartet des Gegengeschenks.
Er sah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Besen stand in der Ecke, mit dem waffnete er sich und gedachte auf den Störer seines Friedens einzudringen ...
Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch! und eine zweite Stimme frug mit fremder Betonung: Was ist hier für ein Holofernes aus dem Boden gewachsen?
Es war der Abt Wazmann, der mit seinem Freund Simon Bardo, dem ehemaligen Protospathar102) des griechischen Kaisers von der Einsegnung der Weinlese zurückkehrte. Das Geräusch des Streits unterbrach eine gelehrte Auseinandersetzung des Griechen über die Belagerung der Stadt Hai durch Josua und die strategischen Fehler des Königs von Hai, da er mit seinem Heer auszog wider die Wüste. Der alte Griechenfeldherr, der die Heimath verlassen, um im byzanti- nischen Ruhestand nicht an Mattigkeit der Seele zu ersterben, lag in seinen Musestunden im deutschen Kloster eifrig dem Studium der Tactik ob; sie hießen ihn scherzweise den Hauptmann von Capernaum, wiewohl er das Ordenskleid genommen.
Gebt dem Streite Raum, sprach Simon Bardo, der mit Be- dauern den Zweikampf unterbrochen sah, zum Abte: ich hab' heut' im Traume ein Sprühen von Feuerfunken erschaut, das deutet Schläge ...
Der Abt aber, in dessen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein Gräuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung vortragen.
Da hub Rudimann an zu erzählen was geschehen und verschwieg Nichts.
Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptstück sechs und vier- zig: von dem was bei der Arbeit, beim Gärtnern oder Fischfang, in Küche oder Keller gesündigt wird -- allemannisches Gesetz: von dem was mit Mägden geschieht ... der Gegner spreche!
Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeschaut und in gerechtem Zorn dreingefahren.
D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 5
Ein Gaſtgeſchenk iſt's, ſprach Ekkehard ingrimmig, das der heilige Gall dem heiligen Pirmin ſendet!100) und er erhub ſeinen Stab von Neuem.
Dacht' ich's doch, ſchalt der Kellermeiſter, ſanct galliſche Holz- äpfel! Man kennt Euch an den Früchten: Boden hart, Glaube roh, Leute grob!101) Wartet des Gegengeſchenks.
Er ſah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Beſen ſtand in der Ecke, mit dem waffnete er ſich und gedachte auf den Störer ſeines Friedens einzudringen ...
Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch! und eine zweite Stimme frug mit fremder Betonung: Was iſt hier für ein Holofernes aus dem Boden gewachſen?
Es war der Abt Wazmann, der mit ſeinem Freund Simon Bardo, dem ehemaligen Protoſpathar102) des griechiſchen Kaiſers von der Einſegnung der Weinleſe zurückkehrte. Das Geräuſch des Streits unterbrach eine gelehrte Auseinanderſetzung des Griechen über die Belagerung der Stadt Hai durch Joſua und die ſtrategiſchen Fehler des Königs von Hai, da er mit ſeinem Heer auszog wider die Wüſte. Der alte Griechenfeldherr, der die Heimath verlaſſen, um im byzanti- niſchen Ruheſtand nicht an Mattigkeit der Seele zu erſterben, lag in ſeinen Muſeſtunden im deutſchen Kloſter eifrig dem Studium der Tactik ob; ſie hießen ihn ſcherzweiſe den Hauptmann von Capernaum, wiewohl er das Ordenskleid genommen.
Gebt dem Streite Raum, ſprach Simon Bardo, der mit Be- dauern den Zweikampf unterbrochen ſah, zum Abte: ich hab' heut' im Traume ein Sprühen von Feuerfunken erſchaut, das deutet Schläge ...
Der Abt aber, in deſſen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein Gräuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung vortragen.
Da hub Rudimann an zu erzählen was geſchehen und verſchwieg Nichts.
Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptſtück ſechs und vier- zig: von dem was bei der Arbeit, beim Gärtnern oder Fiſchfang, in Küche oder Keller geſündigt wird — allemanniſches Geſetz: von dem was mit Mägden geſchieht ... der Gegner ſpreche!
Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeſchaut und in gerechtem Zorn dreingefahren.
D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 5
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Dacht' ich's doch, ſchalt der Kellermeiſter, ſanct galliſche Holz-
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Leute grob!
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Wartet des Gegengeſchenks.
Er ſah nach etwas Greifbarem um, ein namhafter Beſen ſtand
in der Ecke, mit dem waffnete er ſich und gedachte auf den Störer
ſeines Friedens einzudringen ...
Da rief's gebietend von der Pforte her: Halt! Friede mit Euch!
und eine zweite Stimme frug mit fremder Betonung: Was iſt hier
für ein Holofernes aus dem Boden gewachſen?
Es war der Abt Wazmann, der mit ſeinem Freund Simon
Bardo, dem ehemaligen Protoſpathar
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der Einſegnung der Weinleſe zurückkehrte. Das Geräuſch des Streits
unterbrach eine gelehrte Auseinanderſetzung des Griechen über die
Belagerung der Stadt Hai durch Joſua und die ſtrategiſchen Fehler
des Königs von Hai, da er mit ſeinem Heer auszog wider die Wüſte.
Der alte Griechenfeldherr, der die Heimath verlaſſen, um im byzanti-
niſchen Ruheſtand nicht an Mattigkeit der Seele zu erſterben, lag in
ſeinen Muſeſtunden im deutſchen Kloſter eifrig dem Studium der
Tactik ob; ſie hießen ihn ſcherzweiſe den Hauptmann von Capernaum,
wiewohl er das Ordenskleid genommen.
Gebt dem Streite Raum, ſprach Simon Bardo, der mit Be-
dauern den Zweikampf unterbrochen ſah, zum Abte: ich hab' heut' im
Traume ein Sprühen von Feuerfunken erſchaut, das deutet Schläge ...
Der Abt aber, in deſſen Augen die Eigenmacht Jüngerer ein
Gräuel war, gebot Ruhe und ließ den Streitfall zur Schlichtung
vortragen.
Da hub Rudimann an zu erzählen was geſchehen und verſchwieg Nichts.
Leichtes Vergehen, murmelte der Abt; Hauptſtück ſechs und vier-
zig: von dem was bei der Arbeit, beim Gärtnern oder Fiſchfang, in
Küche oder Keller geſündigt wird — allemanniſches Geſetz: von dem
was mit Mägden geſchieht ... der Gegner ſpreche!
Da trug auch Ekkehard vor, wie er die Sache angeſchaut und in
gerechtem Zorn dreingefahren.
D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 5
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/87>, abgerufen am 24.07.2024.
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