Praxedis diente ihrer Herrin noch etliche Jahre getreu, aber mälig und mälig stieg eine unbezwingliche Sehnsucht nach ihrer sonnigen farbenprächtigen Heimath in ihr auf, und sie behauptete, die schwä- bische Luft nimmer ertragen zu können. Reich beschenkt ward sie von der Herzogin verabschiedet; Herr Spazzo der Kämmerer gab ihr ein ritterlich ehrsam Geleite bis gen Venetia. Eine griechische Galeere trug die immer noch anmuthige Jungfrau von der Stadt des heiligen Marcus gen Byzanzium. Die Erzählungen, die sie dort machte vom Bodensee und den wilden treuen Barbarenseelen284) an seinen Ufern, wurden von sämmtlichen Kammerfrauen am griechischen Kaiserhof mit bedenklichem Kopfschütteln aufgenommen, als spräche sie von einem verzauberten Meer und einem Lande der Fabel.
Moengal der Alte sorgte noch eine geraume Zeit für das See- lenheil seiner Pfarrkinder. Als die Hunnen wieder mit räuberischem Einfall drohten, beschäftigte er sich lange mit einem Plan zu ihrem Empfang. Er schlug vor, auf dem Blachfeld etliche hundert tiefe Fallgruben zu graben, sie mit Baumzweigen und Farrenkraut zu überdecken und hinter ihnen in Schlachtordnung den ansprengenden Feind zu erwarten, auf daß Roß und Reiter in jähem Sturze zu Schanden würden. Die schlimmen Gäste ließen sich aber nicht wieder im Hegau blicken und ersparten dem Leutpriester das Vergnügen, ihnen mit wuchtigen Keulenschlägen die Schädel zu zertrümmern. Ein sanfter Tod ereilte den alten Waidmann, als er gerade von einer wohlgelungenen Falkenjagd auszuruhen gedachte.
Auf seinem Grab im Schatten der grauen Pfarrkirche wuchs eine Stechpalme, die ward so knorrig und groß, wie man früher keine gesehen, daß die Leute sagten, es müsse ein Ableger von ihres Pfarr- herrn braver Keule Cambutta sein.
Audifax der Ziegenhirt lernte die Goldschmiedkunst und zog hin- über nach Konstanz an des Bischofs Sitz und schuf viel schöne Ar- beiten. Er führte die Gefährtin seines Abentheuers als angetrautes Ehgemahl heim, die Herzogin war der Taufpathe ihres ersten Söhnleins.
Burkard der Klosterschüler ward ein gefeierter Abt des sanct gallischen Gotteshauses285) und verfertigte bei feierlichen Anlässen noch manches Dutzend gelehrter lateinischer Verse, mit denen jedoch, Dank der zerstörenden Unbill der Zeit, die Nachwelt verschont geblieben ist.
Praxedis diente ihrer Herrin noch etliche Jahre getreu, aber mälig und mälig ſtieg eine unbezwingliche Sehnſucht nach ihrer ſonnigen farbenprächtigen Heimath in ihr auf, und ſie behauptete, die ſchwä- biſche Luft nimmer ertragen zu können. Reich beſchenkt ward ſie von der Herzogin verabſchiedet; Herr Spazzo der Kämmerer gab ihr ein ritterlich ehrſam Geleite bis gen Venetia. Eine griechiſche Galeere trug die immer noch anmuthige Jungfrau von der Stadt des heiligen Marcus gen Byzanzium. Die Erzählungen, die ſie dort machte vom Bodenſee und den wilden treuen Barbarenſeelen284) an ſeinen Ufern, wurden von ſämmtlichen Kammerfrauen am griechiſchen Kaiſerhof mit bedenklichem Kopfſchütteln aufgenommen, als ſpräche ſie von einem verzauberten Meer und einem Lande der Fabel.
Moengal der Alte ſorgte noch eine geraume Zeit für das See- lenheil ſeiner Pfarrkinder. Als die Hunnen wieder mit räuberiſchem Einfall drohten, beſchäftigte er ſich lange mit einem Plan zu ihrem Empfang. Er ſchlug vor, auf dem Blachfeld etliche hundert tiefe Fallgruben zu graben, ſie mit Baumzweigen und Farrenkraut zu überdecken und hinter ihnen in Schlachtordnung den anſprengenden Feind zu erwarten, auf daß Roß und Reiter in jähem Sturze zu Schanden würden. Die ſchlimmen Gäſte ließen ſich aber nicht wieder im Hegau blicken und erſparten dem Leutprieſter das Vergnügen, ihnen mit wuchtigen Keulenſchlägen die Schädel zu zertrümmern. Ein ſanfter Tod ereilte den alten Waidmann, als er gerade von einer wohlgelungenen Falkenjagd auszuruhen gedachte.
Auf ſeinem Grab im Schatten der grauen Pfarrkirche wuchs eine Stechpalme, die ward ſo knorrig und groß, wie man früher keine geſehen, daß die Leute ſagten, es müſſe ein Ableger von ihres Pfarr- herrn braver Keule Cambutta ſein.
Audifax der Ziegenhirt lernte die Goldſchmiedkunſt und zog hin- über nach Konſtanz an des Biſchofs Sitz und ſchuf viel ſchöne Ar- beiten. Er führte die Gefährtin ſeines Abentheuers als angetrautes Ehgemahl heim, die Herzogin war der Taufpathe ihres erſten Söhnleins.
Burkard der Kloſterſchüler ward ein gefeierter Abt des ſanct galliſchen Gotteshauſes285) und verfertigte bei feierlichen Anläſſen noch manches Dutzend gelehrter lateiniſcher Verſe, mit denen jedoch, Dank der zerſtörenden Unbill der Zeit, die Nachwelt verſchont geblieben iſt.
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Praxedis diente ihrer Herrin noch etliche Jahre getreu, aber mälig
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farbenprächtigen Heimath in ihr auf, und ſie behauptete, die ſchwä-
biſche Luft nimmer ertragen zu können. Reich beſchenkt ward ſie von
der Herzogin verabſchiedet; Herr Spazzo der Kämmerer gab ihr ein
ritterlich ehrſam Geleite bis gen Venetia. Eine griechiſche Galeere
trug die immer noch anmuthige Jungfrau von der Stadt des heiligen
Marcus gen Byzanzium. Die Erzählungen, die ſie dort machte vom
Bodenſee und den wilden treuen Barbarenſeelen
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an ſeinen Ufern,
wurden von ſämmtlichen Kammerfrauen am griechiſchen Kaiſerhof mit
bedenklichem Kopfſchütteln aufgenommen, als ſpräche ſie von einem
verzauberten Meer und einem Lande der Fabel.
Moengal der Alte ſorgte noch eine geraume Zeit für das See-
lenheil ſeiner Pfarrkinder. Als die Hunnen wieder mit räuberiſchem
Einfall drohten, beſchäftigte er ſich lange mit einem Plan zu ihrem
Empfang. Er ſchlug vor, auf dem Blachfeld etliche hundert tiefe
Fallgruben zu graben, ſie mit Baumzweigen und Farrenkraut zu
überdecken und hinter ihnen in Schlachtordnung den anſprengenden
Feind zu erwarten, auf daß Roß und Reiter in jähem Sturze zu
Schanden würden. Die ſchlimmen Gäſte ließen ſich aber nicht wieder
im Hegau blicken und erſparten dem Leutprieſter das Vergnügen,
ihnen mit wuchtigen Keulenſchlägen die Schädel zu zertrümmern.
Ein ſanfter Tod ereilte den alten Waidmann, als er gerade von
einer wohlgelungenen Falkenjagd auszuruhen gedachte.
Auf ſeinem Grab im Schatten der grauen Pfarrkirche wuchs eine
Stechpalme, die ward ſo knorrig und groß, wie man früher keine
geſehen, daß die Leute ſagten, es müſſe ein Ableger von ihres Pfarr-
herrn braver Keule Cambutta ſein.
Audifax der Ziegenhirt lernte die Goldſchmiedkunſt und zog hin-
über nach Konſtanz an des Biſchofs Sitz und ſchuf viel ſchöne Ar-
beiten. Er führte die Gefährtin ſeines Abentheuers als angetrautes
Ehgemahl heim, die Herzogin war der Taufpathe ihres erſten Söhnleins.
Burkard der Kloſterſchüler ward ein gefeierter Abt des ſanct
galliſchen Gotteshauſes
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noch manches Dutzend gelehrter lateiniſcher Verſe, mit denen jedoch, Dank
der zerſtörenden Unbill der Zeit, die Nachwelt verſchont geblieben iſt.
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/431>, abgerufen am 22.11.2024.
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