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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Hier endet unsere Geschichte.

Ekkehard zog in die weite Welt, er hat den hohen Twiel nimmer
gesehen. Auch sein Kloster Sanct Gallen nicht. Er hatte sich zwar
überlegt, ob er nicht bußfertig wieder eintreten wolle, wie er von den
Alpen niedersteigend den bekannten Mauern nahe gekommen war.
Aber es fiel ihm ein Sprichwort seines alten Alpmeisters ein: wenn
Einer lang Senn war, wird er nimmer gern Handbub, und er ging
vorbei. Man hat später am Hofe der sächsischen Kaiser Viel von
einem Ekkehard gehört, der ein stolzer trotziger in sich gekehrter Mann
gewesen, bei frommem Gemüth von tiefer Verachtung der Welt be-
seelt, aber lebensfrisch und gewandt, in jeglicher Kunst erfahren. Er war
des Kaisers Kanzler, erzog dessen jugendlichen Sohn, sein Rath galt
viel in des Reichs Geschäften. In Kurzem, schreibt ein Geschichtschreiber
von ihm, erschien er ihnen als ein so Hervorragender, daß es durch
Aller Mund ging, sein warte noch die höchste Würde der Kirche.

Die Kaiserin Adelheid wandte ihm ihre volle Hochachtung zu.283) Er war auch einer der Hauptursächer, daß der übermüthige Dänen-
könig Knut mit Heeresmacht überzogen ward.

Es ist unbekannt, ob dies derselbe Ekkehard war, von dem unsere
Geschichte erzählte.

Andere haben auch behauptet, es seien Mehrere des Namens Ekke-
hard im Kloster Sanct Gallen gewesen, und der den Waltari dich-
tete, sei nicht der nämliche, der die Herzogin Hadwig des Lateins
unterwies. Aber wer der Geschichte, die wir jetzt glücklich zu Ende
geführt, aufmerksam folgte, weiß das besser. --

Von den weiteren Schicksalen der Uebrigen, die unsere Erzählung
in buntem Wechsel der Gestalten vor des Lesers Auge gestellt hat,
ist wenig zu berichten.

Die Herzogin Hadwig vermählte sich nicht wieder und erreichte in
frommem Wittwenstand ein hohes Alter. Sie stiftete später ein be-
scheidenes Kloster auf dem hohen Twiel und vergabte ihm ihre Güter
in allemannischen Landen. Ueber Ekkehard durfte in ihrer Gegen-
wart nie mehr gesprochen werden; aber das Waltarilied ward fleißig
von ihr gelesen und war ihre stete Trösteinsamkeit; nach einer un-
verbürgten Aussage der Mönche von Reichenau soll sie es sogar fast
ganz auswendig gewußt haben.

Hier endet unſere Geſchichte.

Ekkehard zog in die weite Welt, er hat den hohen Twiel nimmer
geſehen. Auch ſein Kloſter Sanct Gallen nicht. Er hatte ſich zwar
überlegt, ob er nicht bußfertig wieder eintreten wolle, wie er von den
Alpen niederſteigend den bekannten Mauern nahe gekommen war.
Aber es fiel ihm ein Sprichwort ſeines alten Alpmeiſters ein: wenn
Einer lang Senn war, wird er nimmer gern Handbub, und er ging
vorbei. Man hat ſpäter am Hofe der ſächſiſchen Kaiſer Viel von
einem Ekkehard gehört, der ein ſtolzer trotziger in ſich gekehrter Mann
geweſen, bei frommem Gemüth von tiefer Verachtung der Welt be-
ſeelt, aber lebensfriſch und gewandt, in jeglicher Kunſt erfahren. Er war
des Kaiſers Kanzler, erzog deſſen jugendlichen Sohn, ſein Rath galt
viel in des Reichs Geſchäften. In Kurzem, ſchreibt ein Geſchichtſchreiber
von ihm, erſchien er ihnen als ein ſo Hervorragender, daß es durch
Aller Mund ging, ſein warte noch die höchſte Würde der Kirche.

Die Kaiſerin Adelheid wandte ihm ihre volle Hochachtung zu.283) Er war auch einer der Haupturſächer, daß der übermüthige Dänen-
könig Knut mit Heeresmacht überzogen ward.

Es iſt unbekannt, ob dies derſelbe Ekkehard war, von dem unſere
Geſchichte erzählte.

Andere haben auch behauptet, es ſeien Mehrere des Namens Ekke-
hard im Kloſter Sanct Gallen geweſen, und der den Waltari dich-
tete, ſei nicht der nämliche, der die Herzogin Hadwig des Lateins
unterwies. Aber wer der Geſchichte, die wir jetzt glücklich zu Ende
geführt, aufmerkſam folgte, weiß das beſſer. —

Von den weiteren Schickſalen der Uebrigen, die unſere Erzählung
in buntem Wechſel der Geſtalten vor des Leſers Auge geſtellt hat,
iſt wenig zu berichten.

Die Herzogin Hadwig vermählte ſich nicht wieder und erreichte in
frommem Wittwenſtand ein hohes Alter. Sie ſtiftete ſpäter ein be-
ſcheidenes Kloſter auf dem hohen Twiel und vergabte ihm ihre Güter
in allemanniſchen Landen. Ueber Ekkehard durfte in ihrer Gegen-
wart nie mehr geſprochen werden; aber das Waltarilied ward fleißig
von ihr geleſen und war ihre ſtete Tröſteinſamkeit; nach einer un-
verbürgten Ausſage der Mönche von Reichenau ſoll ſie es ſogar faſt
ganz auswendig gewußt haben.

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[408/0430] Hier endet unſere Geſchichte. Ekkehard zog in die weite Welt, er hat den hohen Twiel nimmer geſehen. Auch ſein Kloſter Sanct Gallen nicht. Er hatte ſich zwar überlegt, ob er nicht bußfertig wieder eintreten wolle, wie er von den Alpen niederſteigend den bekannten Mauern nahe gekommen war. Aber es fiel ihm ein Sprichwort ſeines alten Alpmeiſters ein: wenn Einer lang Senn war, wird er nimmer gern Handbub, und er ging vorbei. Man hat ſpäter am Hofe der ſächſiſchen Kaiſer Viel von einem Ekkehard gehört, der ein ſtolzer trotziger in ſich gekehrter Mann geweſen, bei frommem Gemüth von tiefer Verachtung der Welt be- ſeelt, aber lebensfriſch und gewandt, in jeglicher Kunſt erfahren. Er war des Kaiſers Kanzler, erzog deſſen jugendlichen Sohn, ſein Rath galt viel in des Reichs Geſchäften. In Kurzem, ſchreibt ein Geſchichtſchreiber von ihm, erſchien er ihnen als ein ſo Hervorragender, daß es durch Aller Mund ging, ſein warte noch die höchſte Würde der Kirche. Die Kaiſerin Adelheid wandte ihm ihre volle Hochachtung zu. ²⁸³⁾ Er war auch einer der Haupturſächer, daß der übermüthige Dänen- könig Knut mit Heeresmacht überzogen ward. Es iſt unbekannt, ob dies derſelbe Ekkehard war, von dem unſere Geſchichte erzählte. Andere haben auch behauptet, es ſeien Mehrere des Namens Ekke- hard im Kloſter Sanct Gallen geweſen, und der den Waltari dich- tete, ſei nicht der nämliche, der die Herzogin Hadwig des Lateins unterwies. Aber wer der Geſchichte, die wir jetzt glücklich zu Ende geführt, aufmerkſam folgte, weiß das beſſer. — Von den weiteren Schickſalen der Uebrigen, die unſere Erzählung in buntem Wechſel der Geſtalten vor des Leſers Auge geſtellt hat, iſt wenig zu berichten. Die Herzogin Hadwig vermählte ſich nicht wieder und erreichte in frommem Wittwenſtand ein hohes Alter. Sie ſtiftete ſpäter ein be- ſcheidenes Kloſter auf dem hohen Twiel und vergabte ihm ihre Güter in allemanniſchen Landen. Ueber Ekkehard durfte in ihrer Gegen- wart nie mehr geſprochen werden; aber das Waltarilied ward fleißig von ihr geleſen und war ihre ſtete Tröſteinſamkeit; nach einer un- verbürgten Ausſage der Mönche von Reichenau ſoll ſie es ſogar faſt ganz auswendig gewußt haben.

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/430>, abgerufen am 25.11.2024.