Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Unbeschadet der landesherrlichen Rechte! sprach er grimm, wie er Es war die fünfte Abendstunde, da schallte ein Glöcklein durch's Ich werd' Euch lieber erwarten, entgegnete Herr Spazzo und Wieder war eine Stunde abgelaufen, da besann er sich, weßhalb Wie habt Ihr Euch unterhalten? fragte er. Gut! sprach Herr Spazzo. Der Krug war leer. Ich weiß nicht ... begann der Abt. Doch! sprach Herr Spazzo und nickte mit dem Haupt. Da kam Inzwischen kehrte Rudimann von seinem Ausritt heim, die Abend- Wie Herr Spazzo wieder mit dem Abte anstieß, glänzte der Roth- Der Abt verstand ihn nicht. Was habt Ihr gesagt? fragte er. Gewiß nicht! sagte der Abt. Da fühlte der Kämmerer einen fliegenden Stich in der Stirn220) den kannte er wohl und pflegte ihn den "Wecker" zu heißen. Der Unbeſchadet der landesherrlichen Rechte! ſprach er grimm, wie er Es war die fünfte Abendſtunde, da ſchallte ein Glöcklein durch's Ich werd' Euch lieber erwarten, entgegnete Herr Spazzo und Wieder war eine Stunde abgelaufen, da beſann er ſich, weßhalb Wie habt Ihr Euch unterhalten? fragte er. Gut! ſprach Herr Spazzo. Der Krug war leer. Ich weiß nicht ... begann der Abt. Doch! ſprach Herr Spazzo und nickte mit dem Haupt. Da kam Inzwiſchen kehrte Rudimann von ſeinem Ausritt heim, die Abend- Wie Herr Spazzo wieder mit dem Abte anſtieß, glänzte der Roth- Der Abt verſtand ihn nicht. Was habt Ihr geſagt? fragte er. Gewiß nicht! ſagte der Abt. Da fühlte der Kämmerer einen fliegenden Stich in der Stirn220) den kannte er wohl und pflegte ihn den „Wecker“ zu heißen. Der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0284" n="262"/> <p>Unbeſchadet der landesherrlichen Rechte! ſprach er grimm, wie er<lb/> mit dem Abt anſtieß. Unbeſchadet! antwortete der mit einem Sei-<lb/> tenblick.</p><lb/> <p>Es war die fünfte Abendſtunde, da ſchallte ein Glöcklein durch's<lb/> Kloſter. Verzeihet, ſprach der Abt, wir müſſen zur Vesper, wollet<lb/> Ihr mit?</p><lb/> <p>Ich werd' Euch lieber erwarten, entgegnete Herr Spazzo und<lb/> ſchaute in den dunkeln Hals des Steinkrugs. Es wogte drin noch<lb/> ſattſamer Bedarf für eine Stunde. Da ließ er die Mönche ihren<lb/> Vesperſang halten und trank einſam weiter.</p><lb/> <p>Wieder war eine Stunde abgelaufen, da beſann er ſich, weßhalb<lb/> er eigentlich in's Kloſter herüber geritten. Es fiel ihm nimmer deut-<lb/> lich ein. Jetzt kam der Abt zu ihm zurück.</p><lb/> <p>Wie habt Ihr Euch unterhalten? fragte er.</p><lb/> <p>Gut! ſprach Herr Spazzo. Der Krug war leer.</p><lb/> <p>Ich weiß nicht ... begann der Abt.</p><lb/> <p>Doch! ſprach Herr Spazzo und nickte mit dem Haupt. Da kam<lb/> der dritte Krug.</p><lb/> <p>Inzwiſchen kehrte Rudimann von ſeinem Ausritt heim, die Abend-<lb/> ſonne neigte ſich zum Untergehen, der Himmel färbte ſich glühend,<lb/> purpurne Streiflichter fielen durch's ſchmale Fenſter auf die Zechenden.</p><lb/> <p>Wie Herr Spazzo wieder mit dem Abte anſtieß, glänzte der Roth-<lb/> wein wie feurig Gold im Pocal und er ſah einen Schein der Ver-<lb/> klärung um des Abts Haupt flimmern. Er beſann ſich. Beim Le-<lb/> ben Hadwig's,<note xml:id="ed219" next="#edt219" place="end" n="219)"/> ſprach er feierlich, wer ſeid Ihr?</p><lb/> <p>Der Abt verſtand ihn nicht. Was habt Ihr geſagt? fragte er.<lb/> Da kannte Herr Spazzo die Stimme wieder. Ja ſo! rief er und<lb/> ſchlug mit der Fauſt auf den Tiſch, den landesherrlichen Rechten ſoll<lb/> durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen!</p><lb/> <p>Gewiß nicht! ſagte der Abt.</p><lb/> <p>Da fühlte der Kämmerer einen fliegenden Stich in der Stirn<note xml:id="ed220" next="#edt220" place="end" n="220)"/><lb/> den kannte er wohl und pflegte ihn den „Wecker“ zu heißen. Der<lb/> Wecker kam nur, wenn er beim Weine ſaß; wenn er durch's Haupt<lb/> brauste, ſo war's ein Signal, daß in Friſt einer halben Stunde die<lb/> Zunge gelähmt ſei und das Wort verſage. Kam der Wecker zum<lb/> zweitenmal, ſo drohte die Lähmung den Füßen. Da erhob er ſich.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [262/0284]
Unbeſchadet der landesherrlichen Rechte! ſprach er grimm, wie er
mit dem Abt anſtieß. Unbeſchadet! antwortete der mit einem Sei-
tenblick.
Es war die fünfte Abendſtunde, da ſchallte ein Glöcklein durch's
Kloſter. Verzeihet, ſprach der Abt, wir müſſen zur Vesper, wollet
Ihr mit?
Ich werd' Euch lieber erwarten, entgegnete Herr Spazzo und
ſchaute in den dunkeln Hals des Steinkrugs. Es wogte drin noch
ſattſamer Bedarf für eine Stunde. Da ließ er die Mönche ihren
Vesperſang halten und trank einſam weiter.
Wieder war eine Stunde abgelaufen, da beſann er ſich, weßhalb
er eigentlich in's Kloſter herüber geritten. Es fiel ihm nimmer deut-
lich ein. Jetzt kam der Abt zu ihm zurück.
Wie habt Ihr Euch unterhalten? fragte er.
Gut! ſprach Herr Spazzo. Der Krug war leer.
Ich weiß nicht ... begann der Abt.
Doch! ſprach Herr Spazzo und nickte mit dem Haupt. Da kam
der dritte Krug.
Inzwiſchen kehrte Rudimann von ſeinem Ausritt heim, die Abend-
ſonne neigte ſich zum Untergehen, der Himmel färbte ſich glühend,
purpurne Streiflichter fielen durch's ſchmale Fenſter auf die Zechenden.
Wie Herr Spazzo wieder mit dem Abte anſtieß, glänzte der Roth-
wein wie feurig Gold im Pocal und er ſah einen Schein der Ver-
klärung um des Abts Haupt flimmern. Er beſann ſich. Beim Le-
ben Hadwig's,
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ſprach er feierlich, wer ſeid Ihr?
Der Abt verſtand ihn nicht. Was habt Ihr geſagt? fragte er.
Da kannte Herr Spazzo die Stimme wieder. Ja ſo! rief er und
ſchlug mit der Fauſt auf den Tiſch, den landesherrlichen Rechten ſoll
durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen!
Gewiß nicht! ſagte der Abt.
Da fühlte der Kämmerer einen fliegenden Stich in der Stirn
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den kannte er wohl und pflegte ihn den „Wecker“ zu heißen. Der
Wecker kam nur, wenn er beim Weine ſaß; wenn er durch's Haupt
brauste, ſo war's ein Signal, daß in Friſt einer halben Stunde die
Zunge gelähmt ſei und das Wort verſage. Kam der Wecker zum
zweitenmal, ſo drohte die Lähmung den Füßen. Da erhob er ſich.
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