Kämmerer, der ist ein sicher Wetterzeichen. Wenn seine Herrin ihren stolzen Mund zur Heiterkeit zuspitzt, so lacht er mit dem ganzen Ge- sicht, und wenn Wolken über ihre Stirn ziehen, so geht bei ihm ein volles Donnerwetter los ..
.. und schlägt ein, ergänzte Rudimann. Schwere Tritte klirrten durch den Gang.
Es ist keine Zeit mehr zu verlieren, sprach der Abt. Macht Euch schnell auf den Weg, Kellermeister, reitet hinüber und drückt der Her- zogin unser Bedauern aus; nehmt ein paar Silberlinge aus der Klostertruhe mit als Schmerzensgeld für den Zerschlagenen, und saget, daß man für seine Genesung beten wolle. Vorwärts, Ihr seid ja sein Pathe und ein kluger Mann.
Es wird schwer halten, sprach Rudimann. Sie wird recht gif- tig sein.
Bringt ihr ein Geschenk mit, sprach der Abt. Kinder und Frauen lassen sich gern die Augen blenden.
Was für eines? wollte Rudimann fragen, da ward die Thür auf- gerissen. Herr Spazzo trat ein. Sein Gesicht lag in den richtigen Falten.
Beim Leben meiner Herzogin!! rief er, hat der Abt dieses Ratten- nestes heute Blei in seine Ohren gegossen, oder ist ihm Gichtbruch in die Füße gefahren? Was kommet Ihr nicht, Euern Besuch zu empfangen?
Wir sind überrascht, sprach der Abt, laßt Euch willkommen heißen. Er hob den rechten Zeigefinger, ihm den Segen zu ertheilen.
Brauch' keinen Willkomm! gab ihm Herr Spazzo zurück. Der Teufel ist heute Schutzpatron des Tages. Wir sind gekränkt! schwer gekränkt! Wir heischen Buße: zweihundert Pfund Silbers zum min- desten. Heraus damit!! Mord und Weltbrand! den landesherrlichen Rechten soll durch klösterliche Anmaßung kein Eintrag geschehen! Wir sind Gesandter.
Er klirrte mit den Sporen auf dem Fußboden.
Verzeihet, sprach der Abt, wir haben am grauen Jagdrock die Tracht des Gesandten nicht zu erkennen vermocht.
Beim kameelhärenen Kleid des Täufers Johannes brauste Herr Spazzo auf, und wenn ich im Hemd angeritten käme, so wär' die
17*
Kämmerer, der iſt ein ſicher Wetterzeichen. Wenn ſeine Herrin ihren ſtolzen Mund zur Heiterkeit zuſpitzt, ſo lacht er mit dem ganzen Ge- ſicht, und wenn Wolken über ihre Stirn ziehen, ſo geht bei ihm ein volles Donnerwetter los ..
.. und ſchlägt ein, ergänzte Rudimann. Schwere Tritte klirrten durch den Gang.
Es iſt keine Zeit mehr zu verlieren, ſprach der Abt. Macht Euch ſchnell auf den Weg, Kellermeiſter, reitet hinüber und drückt der Her- zogin unſer Bedauern aus; nehmt ein paar Silberlinge aus der Kloſtertruhe mit als Schmerzensgeld für den Zerſchlagenen, und ſaget, daß man für ſeine Geneſung beten wolle. Vorwärts, Ihr ſeid ja ſein Pathe und ein kluger Mann.
Es wird ſchwer halten, ſprach Rudimann. Sie wird recht gif- tig ſein.
Bringt ihr ein Geſchenk mit, ſprach der Abt. Kinder und Frauen laſſen ſich gern die Augen blenden.
Was für eines? wollte Rudimann fragen, da ward die Thür auf- geriſſen. Herr Spazzo trat ein. Sein Geſicht lag in den richtigen Falten.
Beim Leben meiner Herzogin!! rief er, hat der Abt dieſes Ratten- neſtes heute Blei in ſeine Ohren gegoſſen, oder iſt ihm Gichtbruch in die Füße gefahren? Was kommet Ihr nicht, Euern Beſuch zu empfangen?
Wir ſind überraſcht, ſprach der Abt, laßt Euch willkommen heißen. Er hob den rechten Zeigefinger, ihm den Segen zu ertheilen.
Brauch' keinen Willkomm! gab ihm Herr Spazzo zurück. Der Teufel iſt heute Schutzpatron des Tages. Wir ſind gekränkt! ſchwer gekränkt! Wir heiſchen Buße: zweihundert Pfund Silbers zum min- deſten. Heraus damit!! Mord und Weltbrand! den landesherrlichen Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! Wir ſind Geſandter.
Er klirrte mit den Sporen auf dem Fußboden.
Verzeihet, ſprach der Abt, wir haben am grauen Jagdrock die Tracht des Geſandten nicht zu erkennen vermocht.
Beim kameelhärenen Kleid des Täufers Johannes brauste Herr Spazzo auf, und wenn ich im Hemd angeritten käme, ſo wär' die
17*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0281"n="259"/>
Kämmerer, der iſt ein ſicher Wetterzeichen. Wenn ſeine Herrin ihren<lb/>ſtolzen Mund zur Heiterkeit zuſpitzt, ſo lacht er mit dem ganzen Ge-<lb/>ſicht, und wenn Wolken über ihre Stirn ziehen, ſo geht bei ihm ein<lb/>
volles Donnerwetter los ..</p><lb/><p>.. und ſchlägt ein, ergänzte Rudimann. Schwere Tritte klirrten<lb/>
durch den Gang.</p><lb/><p>Es iſt keine Zeit mehr zu verlieren, ſprach der Abt. Macht Euch<lb/>ſchnell auf den Weg, Kellermeiſter, reitet hinüber und drückt der Her-<lb/>
zogin unſer Bedauern aus; nehmt ein paar Silberlinge aus der<lb/>
Kloſtertruhe mit als Schmerzensgeld für den Zerſchlagenen, und ſaget,<lb/>
daß man für ſeine Geneſung beten wolle. Vorwärts, Ihr ſeid ja<lb/>ſein Pathe und ein kluger Mann.</p><lb/><p>Es wird ſchwer halten, ſprach Rudimann. Sie wird recht gif-<lb/>
tig ſein.</p><lb/><p>Bringt ihr ein Geſchenk mit, ſprach der Abt. Kinder und Frauen<lb/>
laſſen ſich gern die Augen blenden.</p><lb/><p>Was für eines? wollte Rudimann fragen, da ward die Thür auf-<lb/>
geriſſen. Herr Spazzo trat ein. Sein Geſicht lag in den richtigen<lb/>
Falten.</p><lb/><p>Beim Leben meiner Herzogin!! rief er, hat der Abt dieſes Ratten-<lb/>
neſtes heute Blei in ſeine Ohren gegoſſen, oder iſt ihm Gichtbruch in<lb/>
die Füße gefahren? Was kommet Ihr nicht, Euern Beſuch zu<lb/>
empfangen?</p><lb/><p>Wir ſind überraſcht, ſprach der Abt, laßt Euch willkommen heißen.<lb/>
Er hob den rechten Zeigefinger, ihm den Segen zu ertheilen.</p><lb/><p>Brauch' keinen Willkomm! gab ihm Herr Spazzo zurück. Der<lb/>
Teufel iſt heute Schutzpatron des Tages. Wir ſind gekränkt! ſchwer<lb/>
gekränkt! Wir heiſchen Buße: zweihundert Pfund Silbers zum min-<lb/>
deſten. Heraus damit!! Mord und Weltbrand! den landesherrlichen<lb/>
Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! Wir<lb/>ſind Geſandter.</p><lb/><p>Er klirrte mit den Sporen auf dem Fußboden.</p><lb/><p>Verzeihet, ſprach der Abt, wir haben am grauen Jagdrock die<lb/>
Tracht des Geſandten nicht zu erkennen vermocht.</p><lb/><p>Beim kameelhärenen Kleid des Täufers Johannes brauste Herr<lb/>
Spazzo auf, und wenn ich im Hemd angeritten käme, ſo wär' die<lb/><fwplace="bottom"type="sig">17*</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[259/0281]
Kämmerer, der iſt ein ſicher Wetterzeichen. Wenn ſeine Herrin ihren
ſtolzen Mund zur Heiterkeit zuſpitzt, ſo lacht er mit dem ganzen Ge-
ſicht, und wenn Wolken über ihre Stirn ziehen, ſo geht bei ihm ein
volles Donnerwetter los ..
.. und ſchlägt ein, ergänzte Rudimann. Schwere Tritte klirrten
durch den Gang.
Es iſt keine Zeit mehr zu verlieren, ſprach der Abt. Macht Euch
ſchnell auf den Weg, Kellermeiſter, reitet hinüber und drückt der Her-
zogin unſer Bedauern aus; nehmt ein paar Silberlinge aus der
Kloſtertruhe mit als Schmerzensgeld für den Zerſchlagenen, und ſaget,
daß man für ſeine Geneſung beten wolle. Vorwärts, Ihr ſeid ja
ſein Pathe und ein kluger Mann.
Es wird ſchwer halten, ſprach Rudimann. Sie wird recht gif-
tig ſein.
Bringt ihr ein Geſchenk mit, ſprach der Abt. Kinder und Frauen
laſſen ſich gern die Augen blenden.
Was für eines? wollte Rudimann fragen, da ward die Thür auf-
geriſſen. Herr Spazzo trat ein. Sein Geſicht lag in den richtigen
Falten.
Beim Leben meiner Herzogin!! rief er, hat der Abt dieſes Ratten-
neſtes heute Blei in ſeine Ohren gegoſſen, oder iſt ihm Gichtbruch in
die Füße gefahren? Was kommet Ihr nicht, Euern Beſuch zu
empfangen?
Wir ſind überraſcht, ſprach der Abt, laßt Euch willkommen heißen.
Er hob den rechten Zeigefinger, ihm den Segen zu ertheilen.
Brauch' keinen Willkomm! gab ihm Herr Spazzo zurück. Der
Teufel iſt heute Schutzpatron des Tages. Wir ſind gekränkt! ſchwer
gekränkt! Wir heiſchen Buße: zweihundert Pfund Silbers zum min-
deſten. Heraus damit!! Mord und Weltbrand! den landesherrlichen
Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! Wir
ſind Geſandter.
Er klirrte mit den Sporen auf dem Fußboden.
Verzeihet, ſprach der Abt, wir haben am grauen Jagdrock die
Tracht des Geſandten nicht zu erkennen vermocht.
Beim kameelhärenen Kleid des Täufers Johannes brauste Herr
Spazzo auf, und wenn ich im Hemd angeritten käme, ſo wär' die
17*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/281>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.