Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's so nicht mehr fortgehen! Die Wo ist der Frevel geschehen? fragte die Herzogin. Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen Also mitten auf unserem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig, Wir werden reiten! sprach der Kämmerer grimmig. Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried- .. durch klösterliche Anmaßung kein Eintrag geschehen! wiederholte Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er strich Aber sein grünsammtnes Unterwamms und seinen goldverbrämten So kam er in Burghof herunter. Schaut mich einmal an, holdselige Jungfrau Praxedis, sprach er Sehr ein unverschämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort. Dann ist's recht! sprach Herr Spazzo und schwang sich auf den Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's ſo nicht mehr fortgehen! Die Wo iſt der Frevel geſchehen? fragte die Herzogin. Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen Alſo mitten auf unſerem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig, Wir werden reiten! ſprach der Kämmerer grimmig. Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried- .. durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! wiederholte Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er ſtrich Aber ſein grünſammtnes Unterwamms und ſeinen goldverbrämten So kam er in Burghof herunter. Schaut mich einmal an, holdſelige Jungfrau Praxedis, ſprach er Sehr ein unverſchämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort. Dann iſt's recht! ſprach Herr Spazzo und ſchwang ſich auf den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0278" n="256"/> Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's ſo nicht mehr fortgehen! Die<lb/> Burſchen führen Schild und Waffen wie Edelleute, richten ſtatt<lb/> ziemender Bauernjagd Hunde auf Wildſchweine und Bären und blaſen<lb/> auf ihren Waidhörnern, als wären ſie die Könige der Welt. Wo<lb/> Einer den Kopf am höchſten trägt, iſt's ein Maier, man mag drauf<lb/> wetten!<note xml:id="ed218" next="#edt218" place="end" n="218)"/></p><lb/> <p>Wo iſt der Frevel geſchehen? fragte die Herzogin.</p><lb/> <p>Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen<lb/> ſteht, bis an den hunniſchen Grabhügel geſchleppt, ſagte Ekkehard.</p><lb/> <p>Alſo mitten auf unſerem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig,<lb/> das iſt zu viel! Herr Spazzo, Ihr werdet reiten!</p><lb/> <p>Wir werden reiten! ſprach der Kämmerer grimmig.</p><lb/> <p>Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried-<lb/> bruchbuße und volle Genugthuung verlangen. Unſern landesherrlichen<lb/> Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen!</p><lb/> <p>.. durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! wiederholte<lb/> Herr Spazzo noch grimmer denn zuvor.</p><lb/> <p>Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er ſtrich<lb/> ſeinen Bart. Wir werden reiten, Herr Abt! ſprach er und ging<lb/> hinauf, ſich zu rüſten.</p><lb/> <p>Aber ſein grünſammtnes Unterwamms und ſeinen goldverbrämten<lb/> Kämmerermantel ließ er geruhig im Kaſten hangen; er ſuchte ein<lb/> abgetragen grau Jagdgewand aus und legte die großen Beinſchienen<lb/> an, mit denen er in die Schlacht geritten, und die größten Sporen<lb/> dran und probirte etlichemal einen feſten Tritt. Auf den Eiſenhut<lb/> aber ſteckte er der wallendſten Federn drei und that ſein Schlacht-<lb/> ſchwert um.</p><lb/> <p>So kam er in Burghof herunter.</p><lb/> <p>Schaut mich einmal an, holdſelige Jungfrau Praxedis, ſprach er<lb/> zu dieſer, was mach' ich heut' für ein Geſicht? Er hatte den Eiſen-<lb/> hut auf's linke Ohr gerückt und ſein Haupt hochfahrend über die<lb/> rechte Schulter gedreht.</p><lb/> <p>Sehr ein unverſchämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort.</p><lb/> <p>Dann iſt's recht! ſprach Herr Spazzo und ſchwang ſich auf den<lb/> Gaul. Er ritt aus dem Burgthor, daß die Funken ſtoben, mit dem<lb/> erfreulichen Gefühl, daß heute Unverſchämtheit Pflicht ſei.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [256/0278]
Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's ſo nicht mehr fortgehen! Die
Burſchen führen Schild und Waffen wie Edelleute, richten ſtatt
ziemender Bauernjagd Hunde auf Wildſchweine und Bären und blaſen
auf ihren Waidhörnern, als wären ſie die Könige der Welt. Wo
Einer den Kopf am höchſten trägt, iſt's ein Maier, man mag drauf
wetten!
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Wo iſt der Frevel geſchehen? fragte die Herzogin.
Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen
ſteht, bis an den hunniſchen Grabhügel geſchleppt, ſagte Ekkehard.
Alſo mitten auf unſerem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig,
das iſt zu viel! Herr Spazzo, Ihr werdet reiten!
Wir werden reiten! ſprach der Kämmerer grimmig.
Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried-
bruchbuße und volle Genugthuung verlangen. Unſern landesherrlichen
Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen!
.. durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! wiederholte
Herr Spazzo noch grimmer denn zuvor.
Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er ſtrich
ſeinen Bart. Wir werden reiten, Herr Abt! ſprach er und ging
hinauf, ſich zu rüſten.
Aber ſein grünſammtnes Unterwamms und ſeinen goldverbrämten
Kämmerermantel ließ er geruhig im Kaſten hangen; er ſuchte ein
abgetragen grau Jagdgewand aus und legte die großen Beinſchienen
an, mit denen er in die Schlacht geritten, und die größten Sporen
dran und probirte etlichemal einen feſten Tritt. Auf den Eiſenhut
aber ſteckte er der wallendſten Federn drei und that ſein Schlacht-
ſchwert um.
So kam er in Burghof herunter.
Schaut mich einmal an, holdſelige Jungfrau Praxedis, ſprach er
zu dieſer, was mach' ich heut' für ein Geſicht? Er hatte den Eiſen-
hut auf's linke Ohr gerückt und ſein Haupt hochfahrend über die
rechte Schulter gedreht.
Sehr ein unverſchämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort.
Dann iſt's recht! ſprach Herr Spazzo und ſchwang ſich auf den
Gaul. Er ritt aus dem Burgthor, daß die Funken ſtoben, mit dem
erfreulichen Gefühl, daß heute Unverſchämtheit Pflicht ſei.
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