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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's so nicht mehr fortgehen! Die
Burschen führen Schild und Waffen wie Edelleute, richten statt
ziemender Bauernjagd Hunde auf Wildschweine und Bären und blasen
auf ihren Waidhörnern, als wären sie die Könige der Welt. Wo
Einer den Kopf am höchsten trägt, ist's ein Maier, man mag drauf
wetten!218)

Wo ist der Frevel geschehen? fragte die Herzogin.

Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen
steht, bis an den hunnischen Grabhügel geschleppt, sagte Ekkehard.

Also mitten auf unserem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig,
das ist zu viel! Herr Spazzo, Ihr werdet reiten!

Wir werden reiten! sprach der Kämmerer grimmig.

Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried-
bruchbuße und volle Genugthuung verlangen. Unsern landesherrlichen
Rechten soll durch klösterliche Anmaßung kein Eintrag geschehen!

.. durch klösterliche Anmaßung kein Eintrag geschehen! wiederholte
Herr Spazzo noch grimmer denn zuvor.

Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er strich
seinen Bart. Wir werden reiten, Herr Abt! sprach er und ging
hinauf, sich zu rüsten.

Aber sein grünsammtnes Unterwamms und seinen goldverbrämten
Kämmerermantel ließ er geruhig im Kasten hangen; er suchte ein
abgetragen grau Jagdgewand aus und legte die großen Beinschienen
an, mit denen er in die Schlacht geritten, und die größten Sporen
dran und probirte etlichemal einen festen Tritt. Auf den Eisenhut
aber steckte er der wallendsten Federn drei und that sein Schlacht-
schwert um.

So kam er in Burghof herunter.

Schaut mich einmal an, holdselige Jungfrau Praxedis, sprach er
zu dieser, was mach' ich heut' für ein Gesicht? Er hatte den Eisen-
hut auf's linke Ohr gerückt und sein Haupt hochfahrend über die
rechte Schulter gedreht.

Sehr ein unverschämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort.

Dann ist's recht! sprach Herr Spazzo und schwang sich auf den
Gaul. Er ritt aus dem Burgthor, daß die Funken stoben, mit dem
erfreulichen Gefühl, daß heute Unverschämtheit Pflicht sei.

Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's ſo nicht mehr fortgehen! Die
Burſchen führen Schild und Waffen wie Edelleute, richten ſtatt
ziemender Bauernjagd Hunde auf Wildſchweine und Bären und blaſen
auf ihren Waidhörnern, als wären ſie die Könige der Welt. Wo
Einer den Kopf am höchſten trägt, iſt's ein Maier, man mag drauf
wetten!218)

Wo iſt der Frevel geſchehen? fragte die Herzogin.

Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen
ſteht, bis an den hunniſchen Grabhügel geſchleppt, ſagte Ekkehard.

Alſo mitten auf unſerem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig,
das iſt zu viel! Herr Spazzo, Ihr werdet reiten!

Wir werden reiten! ſprach der Kämmerer grimmig.

Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried-
bruchbuße und volle Genugthuung verlangen. Unſern landesherrlichen
Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen!

.. durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! wiederholte
Herr Spazzo noch grimmer denn zuvor.

Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er ſtrich
ſeinen Bart. Wir werden reiten, Herr Abt! ſprach er und ging
hinauf, ſich zu rüſten.

Aber ſein grünſammtnes Unterwamms und ſeinen goldverbrämten
Kämmerermantel ließ er geruhig im Kaſten hangen; er ſuchte ein
abgetragen grau Jagdgewand aus und legte die großen Beinſchienen
an, mit denen er in die Schlacht geritten, und die größten Sporen
dran und probirte etlichemal einen feſten Tritt. Auf den Eiſenhut
aber ſteckte er der wallendſten Federn drei und that ſein Schlacht-
ſchwert um.

So kam er in Burghof herunter.

Schaut mich einmal an, holdſelige Jungfrau Praxedis, ſprach er
zu dieſer, was mach' ich heut' für ein Geſicht? Er hatte den Eiſen-
hut auf's linke Ohr gerückt und ſein Haupt hochfahrend über die
rechte Schulter gedreht.

Sehr ein unverſchämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort.

Dann iſt's recht! ſprach Herr Spazzo und ſchwang ſich auf den
Gaul. Er ritt aus dem Burgthor, daß die Funken ſtoben, mit dem
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[256/0278] Kopf fliegen! Mit den Maiern kann's ſo nicht mehr fortgehen! Die Burſchen führen Schild und Waffen wie Edelleute, richten ſtatt ziemender Bauernjagd Hunde auf Wildſchweine und Bären und blaſen auf ihren Waidhörnern, als wären ſie die Könige der Welt. Wo Einer den Kopf am höchſten trägt, iſt's ein Maier, man mag drauf wetten! ²¹⁸⁾ Wo iſt der Frevel geſchehen? fragte die Herzogin. Sie haben ihn von der Feldmark, wo der Halbmond ausgehauen ſteht, bis an den hunniſchen Grabhügel geſchleppt, ſagte Ekkehard. Alſo mitten auf unſerem Grund und Boden, zürnte Frau Hadwig, das iſt zu viel! Herr Spazzo, Ihr werdet reiten! Wir werden reiten! ſprach der Kämmerer grimmig. Und vom Abt auf der Reichenau noch heute Wehrgeld und Fried- bruchbuße und volle Genugthuung verlangen. Unſern landesherrlichen Rechten ſoll durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! .. durch klöſterliche Anmaßung kein Eintrag geſchehen! wiederholte Herr Spazzo noch grimmer denn zuvor. Selten war ihm ein annehmlicherer Auftrag geworden. Er ſtrich ſeinen Bart. Wir werden reiten, Herr Abt! ſprach er und ging hinauf, ſich zu rüſten. Aber ſein grünſammtnes Unterwamms und ſeinen goldverbrämten Kämmerermantel ließ er geruhig im Kaſten hangen; er ſuchte ein abgetragen grau Jagdgewand aus und legte die großen Beinſchienen an, mit denen er in die Schlacht geritten, und die größten Sporen dran und probirte etlichemal einen feſten Tritt. Auf den Eiſenhut aber ſteckte er der wallendſten Federn drei und that ſein Schlacht- ſchwert um. So kam er in Burghof herunter. Schaut mich einmal an, holdſelige Jungfrau Praxedis, ſprach er zu dieſer, was mach' ich heut' für ein Geſicht? Er hatte den Eiſen- hut auf's linke Ohr gerückt und ſein Haupt hochfahrend über die rechte Schulter gedreht. Sehr ein unverſchämtes, Herr Kämmerer, war der Griechin Antwort. Dann iſt's recht! ſprach Herr Spazzo und ſchwang ſich auf den Gaul. Er ritt aus dem Burgthor, daß die Funken ſtoben, mit dem erfreulichen Gefühl, daß heute Unverſchämtheit Pflicht ſei.

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/278>, abgerufen am 28.11.2024.