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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Es war ein stark Wasser, gebrannt aus Kirschen und Steinobst;
der selige Burgcaplan Vincentius hatte manch solches Essenzlein bereitet.
Da verklärte sich des Hunnen Antlitz, die stumpfe Nase sog den Duft
ein, er leerte den Becher, als ob er's für einen Friedenstrunk ansehe,
die Arme über die Brust gekreuzt warf er sich vor Praxedis nieder
und küßte ihren Schuh.

Sie gab ihm ein Zeichen, daß die Huldigung der Herzogin gebühre,
da wollte er auch dort seinen Dank wiederholen, Frau Hadwig aber
wich zurück und winkte dem Kämmerer, daß er seinen Mann abführe.

Ihr habt närrische Einfälle, sprach sie zu Herrn Spazzo, wie er
zurückkehrte, -- doch war's artig, daß Ihr in währendem Streite
meiner gedachtet.

Ekkehard saß währenddem stumm am Fenster und schaute ins Land
hinaus. Herrn Spazzo's Art verdroß ihn. Auch Praxedis hatte ihm
weh gethan. Uns zu demüthigen, dachte er, hat der Herr die Kinder
der Wüste herübergesandt, -- eine Mahnung zu lernen und in sich
zu gehen und auf den Trümmern des Vergänglichen dem sich zuzu-
wenden, was mit dem Hauch des Ewigen gefeit ist; -- noch liegt die
Erde frisch auf dem Grab der Gefallenen, und schon treibt das Völk-
lein wieder seine Spässe, als wär' alles nur Schaum und Traum
gewesen ...

Praxedis war zu ihm herangetreten. Warum habt Ihr uns nicht
auch ein Angedenken aus der Schlacht mitgebracht, Professor? sprach
sie leicht. Es soll eine sonderbare hunnische Amazone drin herum-
getobt haben, so Ihr die gefangen, hätten wir jetzt ein Pärlein.

Ekkehard hat an Höheres zu denken, als an hunnische Frauen,
sprach die Herzogin in bitterm Ton, und er weiß zu schweigen, wie
Einer, der ein Gelübde gethan. Was brauchen wir zu erfahren, wie
es ihm in der Schlacht erging?

Die schneidige Rede kränkte den Ernsten. -- Scherz zu unrechter
Zeit wirkt wie Essig auf Honigseim. Er ging schweigend hinaus,
holte Herrn Burkard's Schwert, entblößte es seiner Scheide und
warf's unwillig auf den Tisch vor Frau Hadwig. Frischrothe Flecken
glänzten feucht auf der braven Klinge und junge Scharten waren in
Rand gehauen. Ob der Schulmeister müßig ging, sprach er, mag

Es war ein ſtark Waſſer, gebrannt aus Kirſchen und Steinobſt;
der ſelige Burgcaplan Vincentius hatte manch ſolches Eſſenzlein bereitet.
Da verklärte ſich des Hunnen Antlitz, die ſtumpfe Naſe ſog den Duft
ein, er leerte den Becher, als ob er's für einen Friedenstrunk anſehe,
die Arme über die Bruſt gekreuzt warf er ſich vor Praxedis nieder
und küßte ihren Schuh.

Sie gab ihm ein Zeichen, daß die Huldigung der Herzogin gebühre,
da wollte er auch dort ſeinen Dank wiederholen, Frau Hadwig aber
wich zurück und winkte dem Kämmerer, daß er ſeinen Mann abführe.

Ihr habt närriſche Einfälle, ſprach ſie zu Herrn Spazzo, wie er
zurückkehrte, — doch war's artig, daß Ihr in währendem Streite
meiner gedachtet.

Ekkehard ſaß währenddem ſtumm am Fenſter und ſchaute ins Land
hinaus. Herrn Spazzo's Art verdroß ihn. Auch Praxedis hatte ihm
weh gethan. Uns zu demüthigen, dachte er, hat der Herr die Kinder
der Wüſte herübergeſandt, — eine Mahnung zu lernen und in ſich
zu gehen und auf den Trümmern des Vergänglichen dem ſich zuzu-
wenden, was mit dem Hauch des Ewigen gefeit iſt; — noch liegt die
Erde friſch auf dem Grab der Gefallenen, und ſchon treibt das Völk-
lein wieder ſeine Späſſe, als wär' alles nur Schaum und Traum
geweſen ...

Praxedis war zu ihm herangetreten. Warum habt Ihr uns nicht
auch ein Angedenken aus der Schlacht mitgebracht, Profeſſor? ſprach
ſie leicht. Es ſoll eine ſonderbare hunniſche Amazone drin herum-
getobt haben, ſo Ihr die gefangen, hätten wir jetzt ein Pärlein.

Ekkehard hat an Höheres zu denken, als an hunniſche Frauen,
ſprach die Herzogin in bitterm Ton, und er weiß zu ſchweigen, wie
Einer, der ein Gelübde gethan. Was brauchen wir zu erfahren, wie
es ihm in der Schlacht erging?

Die ſchneidige Rede kränkte den Ernſten. — Scherz zu unrechter
Zeit wirkt wie Eſſig auf Honigſeim. Er ging ſchweigend hinaus,
holte Herrn Burkard's Schwert, entblößte es ſeiner Scheide und
warf's unwillig auf den Tiſch vor Frau Hadwig. Friſchrothe Flecken
glänzten feucht auf der braven Klinge und junge Scharten waren in
Rand gehauen. Ob der Schulmeiſter müßig ging, ſprach er, mag

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[200/0222] Es war ein ſtark Waſſer, gebrannt aus Kirſchen und Steinobſt; der ſelige Burgcaplan Vincentius hatte manch ſolches Eſſenzlein bereitet. Da verklärte ſich des Hunnen Antlitz, die ſtumpfe Naſe ſog den Duft ein, er leerte den Becher, als ob er's für einen Friedenstrunk anſehe, die Arme über die Bruſt gekreuzt warf er ſich vor Praxedis nieder und küßte ihren Schuh. Sie gab ihm ein Zeichen, daß die Huldigung der Herzogin gebühre, da wollte er auch dort ſeinen Dank wiederholen, Frau Hadwig aber wich zurück und winkte dem Kämmerer, daß er ſeinen Mann abführe. Ihr habt närriſche Einfälle, ſprach ſie zu Herrn Spazzo, wie er zurückkehrte, — doch war's artig, daß Ihr in währendem Streite meiner gedachtet. Ekkehard ſaß währenddem ſtumm am Fenſter und ſchaute ins Land hinaus. Herrn Spazzo's Art verdroß ihn. Auch Praxedis hatte ihm weh gethan. Uns zu demüthigen, dachte er, hat der Herr die Kinder der Wüſte herübergeſandt, — eine Mahnung zu lernen und in ſich zu gehen und auf den Trümmern des Vergänglichen dem ſich zuzu- wenden, was mit dem Hauch des Ewigen gefeit iſt; — noch liegt die Erde friſch auf dem Grab der Gefallenen, und ſchon treibt das Völk- lein wieder ſeine Späſſe, als wär' alles nur Schaum und Traum geweſen ... Praxedis war zu ihm herangetreten. Warum habt Ihr uns nicht auch ein Angedenken aus der Schlacht mitgebracht, Profeſſor? ſprach ſie leicht. Es ſoll eine ſonderbare hunniſche Amazone drin herum- getobt haben, ſo Ihr die gefangen, hätten wir jetzt ein Pärlein. Ekkehard hat an Höheres zu denken, als an hunniſche Frauen, ſprach die Herzogin in bitterm Ton, und er weiß zu ſchweigen, wie Einer, der ein Gelübde gethan. Was brauchen wir zu erfahren, wie es ihm in der Schlacht erging? Die ſchneidige Rede kränkte den Ernſten. — Scherz zu unrechter Zeit wirkt wie Eſſig auf Honigſeim. Er ging ſchweigend hinaus, holte Herrn Burkard's Schwert, entblößte es ſeiner Scheide und warf's unwillig auf den Tiſch vor Frau Hadwig. Friſchrothe Flecken glänzten feucht auf der braven Klinge und junge Scharten waren in Rand gehauen. Ob der Schulmeiſter müßig ging, ſprach er, mag

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/222>, abgerufen am 04.12.2024.