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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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sein Kropf und über Aristoteles Ethik war er tiefsinnig geworden, daß
Heribald oft mitleidig zu ihm gesagt: Pilgeram, du dauerst mich! Jetzt
durchschnitt ihm ein Pfeil des Halses Ueberhang: Fahr' wohl, Freund
meiner Jugend! rief er und sank; doch war's keine schwere Wunde
und wie er wieder erwachte war's leicht am Hals und leicht im Kopf,
und seinen Aristoteles schlug er zeitlebens nimmer auf.

Um das sanctgallische Feldzeichen war ein erlesen Häuflein ge-
schaart. Noch flatterten die schwarzen Wimpel vom Bild des Gekreu-
zigten, aber der Kampf war hart. Mit Wort und That feuerte Ekke-
hard die Genossen an, Widerpart zu halten; es war Ellak selber, der
gegen sie anritt. Leichen erschlagener Männer und Rosse lagen in
wildem Durcheinander; wer überlebte, hatte seine Schuldigkeit gethan,
und wo Alle brav, ragt keine Einzelthat besonderen Ruhm erheischend
aus dem Geschehenen herfür. Herrn Burkard's Schwert hatte in Ekke-
hard's Händen neue Bluttaufe errungen, doch vergeblich war er auf
Ellak den Heerführer eingedrungen, nur wenig Hiebe wechselten sie,
da trennte das Wogen der Schlacht die Streitenden. Schon wankte
das hochgehaltene Kreuz, von unablässigen Geschossen umschwirrt --
da ging durch die Reihen ein Schrei des Staunens: vom Hügel, der
den Thurm von Hohenfridingen trägt, kamen zwei Reiter gesprengt,
fremd an Gestalt und Rüstung. Schwerfällig und mächtigen Umfangs
saß der Eine zu Roß, von veralteter Form war Schild und Harnisch,
doch verblichene Vergüldung zeigte den vornehmen Kriegsmann. Ein
goldner Reif schlang sich um den Helm, vom rothen Busch umwallt.
Der Mantel flog im Wind; den Speer eingelegt ritt er einher, ein
Bild aus alten Zeiten, wie der König Saul in Folkard's Psalmen-
buch, da er ausreitet wider David.188) Sorgsam ihm zur Seite ritt
der Andere, zu Schirm und Deckung bereit, als getreuer Dienstmann.

Der Erzengel Michael! rief's in der christlichen Heerschaar und
sie faßten zu neuer Kraft sich zusammen; die Sonne leuchtete auf des
fremden Reitersmannes Gewaffen wie Verheißung des Siegs -- itzt
waren die zwei im Getümmel, als wollte der Goldgerüstete einen
Gegner suchen. Der blieb ihm nicht aus. Wie ihn des Hunnen-
führers scharfes Auge erschaut, war auch schon sein Roß ihm entgegen
gewandt, des fremden Rittersmanns Speer fuhr an ihm vorüber,
schon hub Ellak das Schwert zu tödlichem Hieb. Doch der Dienstmann

ſein Kropf und über Ariſtoteles Ethik war er tiefſinnig geworden, daß
Heribald oft mitleidig zu ihm geſagt: Pilgeram, du dauerſt mich! Jetzt
durchſchnitt ihm ein Pfeil des Halſes Ueberhang: Fahr' wohl, Freund
meiner Jugend! rief er und ſank; doch war's keine ſchwere Wunde
und wie er wieder erwachte war's leicht am Hals und leicht im Kopf,
und ſeinen Ariſtoteles ſchlug er zeitlebens nimmer auf.

Um das ſanctgalliſche Feldzeichen war ein erleſen Häuflein ge-
ſchaart. Noch flatterten die ſchwarzen Wimpel vom Bild des Gekreu-
zigten, aber der Kampf war hart. Mit Wort und That feuerte Ekke-
hard die Genoſſen an, Widerpart zu halten; es war Ellak ſelber, der
gegen ſie anritt. Leichen erſchlagener Männer und Roſſe lagen in
wildem Durcheinander; wer überlebte, hatte ſeine Schuldigkeit gethan,
und wo Alle brav, ragt keine Einzelthat beſonderen Ruhm erheiſchend
aus dem Geſchehenen herfür. Herrn Burkard's Schwert hatte in Ekke-
hard's Händen neue Bluttaufe errungen, doch vergeblich war er auf
Ellak den Heerführer eingedrungen, nur wenig Hiebe wechſelten ſie,
da trennte das Wogen der Schlacht die Streitenden. Schon wankte
das hochgehaltene Kreuz, von unabläſſigen Geſchoſſen umſchwirrt —
da ging durch die Reihen ein Schrei des Staunens: vom Hügel, der
den Thurm von Hohenfridingen trägt, kamen zwei Reiter geſprengt,
fremd an Geſtalt und Rüſtung. Schwerfällig und mächtigen Umfangs
ſaß der Eine zu Roß, von veralteter Form war Schild und Harniſch,
doch verblichene Vergüldung zeigte den vornehmen Kriegsmann. Ein
goldner Reif ſchlang ſich um den Helm, vom rothen Buſch umwallt.
Der Mantel flog im Wind; den Speer eingelegt ritt er einher, ein
Bild aus alten Zeiten, wie der König Saul in Folkard's Pſalmen-
buch, da er ausreitet wider David.188) Sorgſam ihm zur Seite ritt
der Andere, zu Schirm und Deckung bereit, als getreuer Dienſtmann.

Der Erzengel Michael! rief's in der chriſtlichen Heerſchaar und
ſie faßten zu neuer Kraft ſich zuſammen; die Sonne leuchtete auf des
fremden Reitersmannes Gewaffen wie Verheißung des Siegs — itzt
waren die zwei im Getümmel, als wollte der Goldgerüſtete einen
Gegner ſuchen. Der blieb ihm nicht aus. Wie ihn des Hunnen-
führers ſcharfes Auge erſchaut, war auch ſchon ſein Roß ihm entgegen
gewandt, des fremden Rittersmanns Speer fuhr an ihm vorüber,
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[192/0214] ſein Kropf und über Ariſtoteles Ethik war er tiefſinnig geworden, daß Heribald oft mitleidig zu ihm geſagt: Pilgeram, du dauerſt mich! Jetzt durchſchnitt ihm ein Pfeil des Halſes Ueberhang: Fahr' wohl, Freund meiner Jugend! rief er und ſank; doch war's keine ſchwere Wunde und wie er wieder erwachte war's leicht am Hals und leicht im Kopf, und ſeinen Ariſtoteles ſchlug er zeitlebens nimmer auf. Um das ſanctgalliſche Feldzeichen war ein erleſen Häuflein ge- ſchaart. Noch flatterten die ſchwarzen Wimpel vom Bild des Gekreu- zigten, aber der Kampf war hart. Mit Wort und That feuerte Ekke- hard die Genoſſen an, Widerpart zu halten; es war Ellak ſelber, der gegen ſie anritt. Leichen erſchlagener Männer und Roſſe lagen in wildem Durcheinander; wer überlebte, hatte ſeine Schuldigkeit gethan, und wo Alle brav, ragt keine Einzelthat beſonderen Ruhm erheiſchend aus dem Geſchehenen herfür. Herrn Burkard's Schwert hatte in Ekke- hard's Händen neue Bluttaufe errungen, doch vergeblich war er auf Ellak den Heerführer eingedrungen, nur wenig Hiebe wechſelten ſie, da trennte das Wogen der Schlacht die Streitenden. Schon wankte das hochgehaltene Kreuz, von unabläſſigen Geſchoſſen umſchwirrt — da ging durch die Reihen ein Schrei des Staunens: vom Hügel, der den Thurm von Hohenfridingen trägt, kamen zwei Reiter geſprengt, fremd an Geſtalt und Rüſtung. Schwerfällig und mächtigen Umfangs ſaß der Eine zu Roß, von veralteter Form war Schild und Harniſch, doch verblichene Vergüldung zeigte den vornehmen Kriegsmann. Ein goldner Reif ſchlang ſich um den Helm, vom rothen Buſch umwallt. Der Mantel flog im Wind; den Speer eingelegt ritt er einher, ein Bild aus alten Zeiten, wie der König Saul in Folkard's Pſalmen- buch, da er ausreitet wider David. ¹⁸⁸⁾ Sorgſam ihm zur Seite ritt der Andere, zu Schirm und Deckung bereit, als getreuer Dienſtmann. Der Erzengel Michael! rief's in der chriſtlichen Heerſchaar und ſie faßten zu neuer Kraft ſich zuſammen; die Sonne leuchtete auf des fremden Reitersmannes Gewaffen wie Verheißung des Siegs — itzt waren die zwei im Getümmel, als wollte der Goldgerüſtete einen Gegner ſuchen. Der blieb ihm nicht aus. Wie ihn des Hunnen- führers ſcharfes Auge erſchaut, war auch ſchon ſein Roß ihm entgegen gewandt, des fremden Rittersmanns Speer fuhr an ihm vorüber, ſchon hub Ellak das Schwert zu tödlichem Hieb. Doch der Dienſtmann

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/214>, abgerufen am 04.12.2024.