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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Schönheit hatte ihm noch keine schlaflose Nacht verursacht, aber was
jetzt auf ihn zukam, däuchte ihn so häßlich, daß er ein langgedehntes:
Erbarme dich unser, o Herr! nach deiner Barmherzigkeit Größe! nicht
zu unterdrücken vermochte.

In den Sattel gebückt saßen die fremden Gäste, aus Thierfellen
das Gewand, hager dürr und klein die Gestalt, viereckig der Schädel,
das Haar steif struppig herabhängend; gelb glänzte das unfertige
Gesicht als wär' es mit Talg gesalbt; -- der Vordersten Einer hatte
durch freiwilligen Einschnitt seinen aufgeworfenen Mund um ein
Erkleckliches nach den Ohren hin verlängert; verdächtig schauten sie
aus den kleinen tiefliegenden Augen in die Welt hinaus.

Ebenso gut könnt' man statt eines Hunnen einen Lehmklumpen
halb viereckig in den Händen formen, Etwas wie eine Nase d'ran
aufstülpen und das Kinn einschlagen, dachte Heribald: da standen sie
vor ihm. Er verstand ihre zischende Sprache nicht und lächelte ruhig
als ging' ihn die ganze Bande nichts an. Sie starrten eine Zeit
lang verwundert auf den närrischen Gesellen, wie die Männer kritischen
Handwerks auf einen neuen Poeten, von dem ihnen noch nicht klar,
in welchem Schubfach vorräthiger Urtheile sie ihn unterbringen sollen.
Itzt erschaute Einer die kahlgeschorene Stelle auf Heribald's Haupt
und deutete mit dem krummen Säbel d'rauf hin, sie erhoben ein
grinsendes Gelächter, Einer griff nach Bogen und Pfeil und legte auf
den Mönch an, da ging Heribald's Geduld aus, ein Anflug germa-
nischen Stolzes gegenüber solchem Gesindel kam über ihn: bei der
Tonsur des heiligen Benedict, rief er aufspringend, die Krone meines
Hauptes soll kein Heidenhund lästern! er fiel dem Vordersten in die
Zügel, riß ihm den krummen Säbel von der Seite, kampfbereit
wollte er sich aufpflanzen ... aber schneller denn der Blitz hatte ihm
der Hunnen Einer eine starke Schlinge über's Haupt geworfen und
riß ihn nieder; sie stürzten über ihn her, knebelten seine Hände auf
den Rücken: schon waren todtbringende Waffen geschwungen --
da hub sich ein fernes Gesumm und Getöse wie von einer mächtig
heranrückenden Schaar, das zog die Reiter von dem Blödsinnigen ab,
sie warfen ihn als wie einen Sack gebunden zu seinem Eichstamm
und jagten im Galopp zum Seeufer zurück.

Schönheit hatte ihm noch keine ſchlafloſe Nacht verurſacht, aber was
jetzt auf ihn zukam, däuchte ihn ſo häßlich, daß er ein langgedehntes:
Erbarme dich unſer, o Herr! nach deiner Barmherzigkeit Größe! nicht
zu unterdrücken vermochte.

In den Sattel gebückt ſaßen die fremden Gäſte, aus Thierfellen
das Gewand, hager dürr und klein die Geſtalt, viereckig der Schädel,
das Haar ſteif ſtruppig herabhängend; gelb glänzte das unfertige
Geſicht als wär' es mit Talg geſalbt; — der Vorderſten Einer hatte
durch freiwilligen Einſchnitt ſeinen aufgeworfenen Mund um ein
Erkleckliches nach den Ohren hin verlängert; verdächtig ſchauten ſie
aus den kleinen tiefliegenden Augen in die Welt hinaus.

Ebenſo gut könnt' man ſtatt eines Hunnen einen Lehmklumpen
halb viereckig in den Händen formen, Etwas wie eine Naſe d'ran
aufſtülpen und das Kinn einſchlagen, dachte Heribald: da ſtanden ſie
vor ihm. Er verſtand ihre ziſchende Sprache nicht und lächelte ruhig
als ging' ihn die ganze Bande nichts an. Sie ſtarrten eine Zeit
lang verwundert auf den närriſchen Geſellen, wie die Männer kritiſchen
Handwerks auf einen neuen Poeten, von dem ihnen noch nicht klar,
in welchem Schubfach vorräthiger Urtheile ſie ihn unterbringen ſollen.
Itzt erſchaute Einer die kahlgeſchorene Stelle auf Heribald's Haupt
und deutete mit dem krummen Säbel d'rauf hin, ſie erhoben ein
grinſendes Gelächter, Einer griff nach Bogen und Pfeil und legte auf
den Mönch an, da ging Heribald's Geduld aus, ein Anflug germa-
niſchen Stolzes gegenüber ſolchem Geſindel kam über ihn: bei der
Tonſur des heiligen Benedict, rief er aufſpringend, die Krone meines
Hauptes ſoll kein Heidenhund läſtern! er fiel dem Vorderſten in die
Zügel, riß ihm den krummen Säbel von der Seite, kampfbereit
wollte er ſich aufpflanzen ... aber ſchneller denn der Blitz hatte ihm
der Hunnen Einer eine ſtarke Schlinge über's Haupt geworfen und
riß ihn nieder; ſie ſtürzten über ihn her, knebelten ſeine Hände auf
den Rücken: ſchon waren todtbringende Waffen geſchwungen —
da hub ſich ein fernes Geſumm und Getöſe wie von einer mächtig
heranrückenden Schaar, das zog die Reiter von dem Blödſinnigen ab,
ſie warfen ihn als wie einen Sack gebunden zu ſeinem Eichſtamm
und jagten im Galopp zum Seeufer zurück.

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[166/0188] Schönheit hatte ihm noch keine ſchlafloſe Nacht verurſacht, aber was jetzt auf ihn zukam, däuchte ihn ſo häßlich, daß er ein langgedehntes: Erbarme dich unſer, o Herr! nach deiner Barmherzigkeit Größe! nicht zu unterdrücken vermochte. In den Sattel gebückt ſaßen die fremden Gäſte, aus Thierfellen das Gewand, hager dürr und klein die Geſtalt, viereckig der Schädel, das Haar ſteif ſtruppig herabhängend; gelb glänzte das unfertige Geſicht als wär' es mit Talg geſalbt; — der Vorderſten Einer hatte durch freiwilligen Einſchnitt ſeinen aufgeworfenen Mund um ein Erkleckliches nach den Ohren hin verlängert; verdächtig ſchauten ſie aus den kleinen tiefliegenden Augen in die Welt hinaus. Ebenſo gut könnt' man ſtatt eines Hunnen einen Lehmklumpen halb viereckig in den Händen formen, Etwas wie eine Naſe d'ran aufſtülpen und das Kinn einſchlagen, dachte Heribald: da ſtanden ſie vor ihm. Er verſtand ihre ziſchende Sprache nicht und lächelte ruhig als ging' ihn die ganze Bande nichts an. Sie ſtarrten eine Zeit lang verwundert auf den närriſchen Geſellen, wie die Männer kritiſchen Handwerks auf einen neuen Poeten, von dem ihnen noch nicht klar, in welchem Schubfach vorräthiger Urtheile ſie ihn unterbringen ſollen. Itzt erſchaute Einer die kahlgeſchorene Stelle auf Heribald's Haupt und deutete mit dem krummen Säbel d'rauf hin, ſie erhoben ein grinſendes Gelächter, Einer griff nach Bogen und Pfeil und legte auf den Mönch an, da ging Heribald's Geduld aus, ein Anflug germa- niſchen Stolzes gegenüber ſolchem Geſindel kam über ihn: bei der Tonſur des heiligen Benedict, rief er aufſpringend, die Krone meines Hauptes ſoll kein Heidenhund läſtern! er fiel dem Vorderſten in die Zügel, riß ihm den krummen Säbel von der Seite, kampfbereit wollte er ſich aufpflanzen ... aber ſchneller denn der Blitz hatte ihm der Hunnen Einer eine ſtarke Schlinge über's Haupt geworfen und riß ihn nieder; ſie ſtürzten über ihn her, knebelten ſeine Hände auf den Rücken: ſchon waren todtbringende Waffen geſchwungen — da hub ſich ein fernes Geſumm und Getöſe wie von einer mächtig heranrückenden Schaar, das zog die Reiter von dem Blödſinnigen ab, ſie warfen ihn als wie einen Sack gebunden zu ſeinem Eichſtamm und jagten im Galopp zum Seeufer zurück.

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/188>, abgerufen am 24.11.2024.