sponnen sie mit starkem Flechtwerk von Weidengezweig, dann ward ein gegerbtes Fell darüber genagelt: der Schild war fertig. Am lustigen Feuer saßen Andere und goßen Blei in die Formen zu spitzem Wurfgeschoß für die Schleuder, -- eschene Knittel und Keulen wurden in den Flammen gehärtet:163) wenn der an eines Heiden Schädel anklopft, sprach Rudimann und schwang den Prügel, so wird ihm aufgethan!
Wer früher schon im Heerbann gedient, sammelte sich um Simon Bardo den griechischen Feldhauptmann. Zu Euch nach Deutschland muß Einer gehen, wenn er seine greisen Tage in Ruhe verleben will, hatte er scherzend zur Herzogin gesagt. Der Waffenlärm aber stärkte sein Gemüth wie alter Rheinwein und richtete ihn auf; mit scharfer Sorge ließ er die Unerfahrenen sich in den Waffen üben, des Burg- hofs Pflaster wiederhallte vom schweren Schritt der Mönche, die in geschlossenen Reihen des Speerangriffs unterwiesen wurden. Wände könnt' man mit euch einrennen, sprach der Alte beifallnickend, wenn ihr einmal warm geworden seid.
Wer von den Jüngern eines sichern Auges und beweglicher Knochen sich erfreute, ward den Pfeilschützen zugetheilt. Fleißig übten sie sich. Heller Jubel klang einmal von des Hofes anderem Ende zu den Speerträgern herüber: das lose Volk hatte einen Strohmann ange- fertigt, eine Krone von Eulenfedern im Haupt, eine sechsfältige Peitsche in der Hand, einen rothen Lappen in Herzform auf der Brust, war er ihre Zielscheibe.
Der Hunnen König Etzel, riefen die Schützen, wer trifft ihn in's Herz?
Spottet nur, sprach Frau Hadwig, die vom Balcon herab zuschaute; hat ihn auch in schlimmer Brautnacht der Schlag danieder gestreckt, so geht sein Geist fort und fort mächtig durch die Welt; die nach uns kommen, werden noch an ihm zu beschwören haben.
Wenn sie nur auch so scharf auf ihn schießen, wie die da unten! sagte Praxedis, -- und Hallohruf klang vom Hofe herauf, der Stroh- mann wankte und fiel, ein Pfeil hatte das Herz getroffen.
Ekkehard kam in den Saal herauf. Er war wacker mit marschirt, sein Antlitz glühte, der ungewohnte Helm hatte einen rothen Streif auf der Stirn zurückgelassen. In der Erregung des Tages vergaß er
ſponnen ſie mit ſtarkem Flechtwerk von Weidengezweig, dann ward ein gegerbtes Fell darüber genagelt: der Schild war fertig. Am luſtigen Feuer ſaßen Andere und goßen Blei in die Formen zu ſpitzem Wurfgeſchoß für die Schleuder, — eſchene Knittel und Keulen wurden in den Flammen gehärtet:163) wenn der an eines Heiden Schädel anklopft, ſprach Rudimann und ſchwang den Prügel, ſo wird ihm aufgethan!
Wer früher ſchon im Heerbann gedient, ſammelte ſich um Simon Bardo den griechiſchen Feldhauptmann. Zu Euch nach Deutſchland muß Einer gehen, wenn er ſeine greiſen Tage in Ruhe verleben will, hatte er ſcherzend zur Herzogin geſagt. Der Waffenlärm aber ſtärkte ſein Gemüth wie alter Rheinwein und richtete ihn auf; mit ſcharfer Sorge ließ er die Unerfahrenen ſich in den Waffen üben, des Burg- hofs Pflaſter wiederhallte vom ſchweren Schritt der Mönche, die in geſchloſſenen Reihen des Speerangriffs unterwieſen wurden. Wände könnt' man mit euch einrennen, ſprach der Alte beifallnickend, wenn ihr einmal warm geworden ſeid.
Wer von den Jüngern eines ſichern Auges und beweglicher Knochen ſich erfreute, ward den Pfeilſchützen zugetheilt. Fleißig übten ſie ſich. Heller Jubel klang einmal von des Hofes anderem Ende zu den Speerträgern herüber: das loſe Volk hatte einen Strohmann ange- fertigt, eine Krone von Eulenfedern im Haupt, eine ſechsfältige Peitſche in der Hand, einen rothen Lappen in Herzform auf der Bruſt, war er ihre Zielſcheibe.
Der Hunnen König Etzel, riefen die Schützen, wer trifft ihn in's Herz?
Spottet nur, ſprach Frau Hadwig, die vom Balcon herab zuſchaute; hat ihn auch in ſchlimmer Brautnacht der Schlag danieder geſtreckt, ſo geht ſein Geiſt fort und fort mächtig durch die Welt; die nach uns kommen, werden noch an ihm zu beſchwören haben.
Wenn ſie nur auch ſo ſcharf auf ihn ſchießen, wie die da unten! ſagte Praxedis, — und Hallohruf klang vom Hofe herauf, der Stroh- mann wankte und fiel, ein Pfeil hatte das Herz getroffen.
Ekkehard kam in den Saal herauf. Er war wacker mit marſchirt, ſein Antlitz glühte, der ungewohnte Helm hatte einen rothen Streif auf der Stirn zurückgelaſſen. In der Erregung des Tages vergaß er
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ſponnen ſie mit ſtarkem Flechtwerk von Weidengezweig, dann ward
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Wurfgeſchoß für die Schleuder, — eſchene Knittel und Keulen wurden
in den Flammen gehärtet:
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wenn der an eines Heiden Schädel
anklopft, ſprach Rudimann und ſchwang den Prügel, ſo wird ihm
aufgethan!
Wer früher ſchon im Heerbann gedient, ſammelte ſich um Simon
Bardo den griechiſchen Feldhauptmann. Zu Euch nach Deutſchland
muß Einer gehen, wenn er ſeine greiſen Tage in Ruhe verleben will,
hatte er ſcherzend zur Herzogin geſagt. Der Waffenlärm aber ſtärkte
ſein Gemüth wie alter Rheinwein und richtete ihn auf; mit ſcharfer
Sorge ließ er die Unerfahrenen ſich in den Waffen üben, des Burg-
hofs Pflaſter wiederhallte vom ſchweren Schritt der Mönche, die in
geſchloſſenen Reihen des Speerangriffs unterwieſen wurden. Wände
könnt' man mit euch einrennen, ſprach der Alte beifallnickend, wenn
ihr einmal warm geworden ſeid.
Wer von den Jüngern eines ſichern Auges und beweglicher Knochen
ſich erfreute, ward den Pfeilſchützen zugetheilt. Fleißig übten ſie ſich.
Heller Jubel klang einmal von des Hofes anderem Ende zu den
Speerträgern herüber: das loſe Volk hatte einen Strohmann ange-
fertigt, eine Krone von Eulenfedern im Haupt, eine ſechsfältige Peitſche
in der Hand, einen rothen Lappen in Herzform auf der Bruſt, war
er ihre Zielſcheibe.
Der Hunnen König Etzel, riefen die Schützen, wer trifft ihn in's
Herz?
Spottet nur, ſprach Frau Hadwig, die vom Balcon herab zuſchaute;
hat ihn auch in ſchlimmer Brautnacht der Schlag danieder geſtreckt,
ſo geht ſein Geiſt fort und fort mächtig durch die Welt; die nach
uns kommen, werden noch an ihm zu beſchwören haben.
Wenn ſie nur auch ſo ſcharf auf ihn ſchießen, wie die da unten!
ſagte Praxedis, — und Hallohruf klang vom Hofe herauf, der Stroh-
mann wankte und fiel, ein Pfeil hatte das Herz getroffen.
Ekkehard kam in den Saal herauf. Er war wacker mit marſchirt,
ſein Antlitz glühte, der ungewohnte Helm hatte einen rothen Streif
auf der Stirn zurückgelaſſen. In der Erregung des Tages vergaß er
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/175>, abgerufen am 24.11.2024.
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