dunkle Punkte waren mit schwarzer Seide drein gestickt, einige mit Perlen ausgeziert, sie war eines Bischofs werth.
Laßt sehen, wie Ihr Euch ausnehmt, sprach Praxedis. Trotz der kirchlichen Bestimmung setzte sie ihm das Barett auf und warf ihm die Stola um. Ekkehard schlug die Augen nieder. Meisterhaft! rief sie, Ihr dürft Euch bedanken.
Er aber legte scheu die geweihten Gaben wieder ab, aus seinem weiten Gewand zog er die Pergamentrolle und reichte sie schüchtern der Herzogin dar. Frau Hadwig hielt sie unentfaltet. Erst den Korb öffnen! das Beste -- sprach sie freundlich auf das Pergament deutend, soll zuletzt kommen.
Da schnitten sie den Korb auf; in Heu begraben und durch des Winters Kälte wohl erhalten lag ein mächtiger Auerhahn drin, Ekke- hard hob ihn in die Höhe, mit ausgebreiteten Flügeln reichte er über eines Mannes Länge. Ein Brieflein war bei dem stattlichen Stück Federwild.
Vorlesen! sprach die Herzogin neugierig.
Ekkehard öffnete das unkenntliche Sigill und las: "Dem ehrwürdigen Bruder Ekkehard auf dem hohen Twiel durch Burkart den Klosterschüler Romeias der Wächter am Thor.
"Wenn es zwei wären, so wäre Einer für Euch. Da es aber auf Zwei nicht geglückt hat, so ist der Eine nicht für Euch und Eurer kommt nach. Gesendet wird er an Euch wegen Unwissenheit des Namens. Sie war aber mit der Frau Herzogin damals im Kloster und trug ein Gewand von Farbe eines Grünspechts, den Zopf um die Stirn geflochten.
"Derselben den Vogel. Wegen fortwährender Gedenkung dessen der ihn geschossen, an stattgefundene Begleitung zu den Klausnerinnen. Er muß aber stark eingebeizt und mürb gebraten werden, weil sonst zähe; bei Zuzug von Gästen soll sie das weiße Fleisch am Rückgrat selber verzehren, da dies das beste, und das braune von harzigem Geschmack.
"Dazu Glück und Segen. Euch, ehrwürdiger Bruder, auch. Wenn auf Euerer Burg ein Wächter, Thurmwart oder Forstwart zu wenig, so empfehlet der Herzogin den Romeias, dem wegen Verspottung durch den Schaffner und Verklagung durch den Drachen Wiborad Verän-
dunkle Punkte waren mit ſchwarzer Seide drein geſtickt, einige mit Perlen ausgeziert, ſie war eines Biſchofs werth.
Laßt ſehen, wie Ihr Euch ausnehmt, ſprach Praxedis. Trotz der kirchlichen Beſtimmung ſetzte ſie ihm das Barett auf und warf ihm die Stola um. Ekkehard ſchlug die Augen nieder. Meiſterhaft! rief ſie, Ihr dürft Euch bedanken.
Er aber legte ſcheu die geweihten Gaben wieder ab, aus ſeinem weiten Gewand zog er die Pergamentrolle und reichte ſie ſchüchtern der Herzogin dar. Frau Hadwig hielt ſie unentfaltet. Erſt den Korb öffnen! das Beſte — ſprach ſie freundlich auf das Pergament deutend, ſoll zuletzt kommen.
Da ſchnitten ſie den Korb auf; in Heu begraben und durch des Winters Kälte wohl erhalten lag ein mächtiger Auerhahn drin, Ekke- hard hob ihn in die Höhe, mit ausgebreiteten Flügeln reichte er über eines Mannes Länge. Ein Brieflein war bei dem ſtattlichen Stück Federwild.
Vorleſen! ſprach die Herzogin neugierig.
Ekkehard öffnete das unkenntliche Sigill und las: „Dem ehrwürdigen Bruder Ekkehard auf dem hohen Twiel durch Burkart den Kloſterſchüler Romeias der Wächter am Thor.
„Wenn es zwei wären, ſo wäre Einer für Euch. Da es aber auf Zwei nicht geglückt hat, ſo iſt der Eine nicht für Euch und Eurer kommt nach. Geſendet wird er an Euch wegen Unwiſſenheit des Namens. Sie war aber mit der Frau Herzogin damals im Kloſter und trug ein Gewand von Farbe eines Grünſpechts, den Zopf um die Stirn geflochten.
„Derſelben den Vogel. Wegen fortwährender Gedenkung deſſen der ihn geſchoſſen, an ſtattgefundene Begleitung zu den Klausnerinnen. Er muß aber ſtark eingebeizt und mürb gebraten werden, weil ſonſt zähe; bei Zuzug von Gäſten ſoll ſie das weiße Fleiſch am Rückgrat ſelber verzehren, da dies das beſte, und das braune von harzigem Geſchmack.
„Dazu Glück und Segen. Euch, ehrwürdiger Bruder, auch. Wenn auf Euerer Burg ein Wächter, Thurmwart oder Forſtwart zu wenig, ſo empfehlet der Herzogin den Romeias, dem wegen Verſpottung durch den Schaffner und Verklagung durch den Drachen Wiborad Verän-
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dunkle Punkte waren mit ſchwarzer Seide drein geſtickt, einige mit
Perlen ausgeziert, ſie war eines Biſchofs werth.
Laßt ſehen, wie Ihr Euch ausnehmt, ſprach Praxedis. Trotz der
kirchlichen Beſtimmung ſetzte ſie ihm das Barett auf und warf ihm
die Stola um. Ekkehard ſchlug die Augen nieder. Meiſterhaft! rief
ſie, Ihr dürft Euch bedanken.
Er aber legte ſcheu die geweihten Gaben wieder ab, aus ſeinem
weiten Gewand zog er die Pergamentrolle und reichte ſie ſchüchtern
der Herzogin dar. Frau Hadwig hielt ſie unentfaltet. Erſt den Korb
öffnen! das Beſte — ſprach ſie freundlich auf das Pergament deutend,
ſoll zuletzt kommen.
Da ſchnitten ſie den Korb auf; in Heu begraben und durch des
Winters Kälte wohl erhalten lag ein mächtiger Auerhahn drin, Ekke-
hard hob ihn in die Höhe, mit ausgebreiteten Flügeln reichte er über
eines Mannes Länge. Ein Brieflein war bei dem ſtattlichen Stück
Federwild.
Vorleſen! ſprach die Herzogin neugierig.
Ekkehard öffnete das unkenntliche Sigill und las:
„Dem ehrwürdigen Bruder Ekkehard auf dem hohen Twiel durch
Burkart den Kloſterſchüler Romeias der Wächter am Thor.
„Wenn es zwei wären, ſo wäre Einer für Euch. Da es aber auf
Zwei nicht geglückt hat, ſo iſt der Eine nicht für Euch und Eurer
kommt nach. Geſendet wird er an Euch wegen Unwiſſenheit des
Namens. Sie war aber mit der Frau Herzogin damals im Kloſter
und trug ein Gewand von Farbe eines Grünſpechts, den Zopf um
die Stirn geflochten.
„Derſelben den Vogel. Wegen fortwährender Gedenkung deſſen der
ihn geſchoſſen, an ſtattgefundene Begleitung zu den Klausnerinnen.
Er muß aber ſtark eingebeizt und mürb gebraten werden, weil ſonſt
zähe; bei Zuzug von Gäſten ſoll ſie das weiße Fleiſch am Rückgrat
ſelber verzehren, da dies das beſte, und das braune von harzigem
Geſchmack.
„Dazu Glück und Segen. Euch, ehrwürdiger Bruder, auch. Wenn
auf Euerer Burg ein Wächter, Thurmwart oder Forſtwart zu wenig,
ſo empfehlet der Herzogin den Romeias, dem wegen Verſpottung durch
den Schaffner und Verklagung durch den Drachen Wiborad Verän-
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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