Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Faaburg komme nun nicht mehr hierher, und sie müßten zu ihm auf die Insel Fünen, nach Odensee! -- Liegt nicht auf der Mittagseite der Insel ein Ort Faaborg? frug sie die Mutter und hielt denselben für das Eigenthum ihrer Schwiegereltern und freute sich endlich dahin, nicht, weil ihr Frau Sigbritte zugleich entdeckt, ihr Schwiegervater sei auch gestorben und ihre Schwiegermutter werde nun in ein Kloster gehen -- sondern weil sie nun ehrlich werden sollte; denn wie gern hätte sie den Großeltern den kleinen Enkel gebracht! Aber auf des Großvaters Grabe sollte er doch sitzen, die Händchen falten und ein Vaterunser beten! Die Einschiffung war bald besorgt. Denn Frau Sigbritte schien eine Zauberin, so schnell ward ihr Alles erfüllt, was sie nur wünschte. Auch hatte sie Alles längst dazu in Bereitschaft. Der Nordwind war gut, aber scharf, denn es war zu Ende des Monats Februar 1513. Es konnte nicht fehlen, daß die freimüthigen Schiffer sich unterwegs auf der offenen See in Volkes Weise aufrichtig über die Reichsveränderung äußerten, und als sie ganz nahe vor Odensee waren, sprach der Eine: Da in dem Dome liegt nun der König . . . . Parade und ist todt! Wir müssen dem Herzoge Vieles zu Gute halten! Kronprinzenstand, ein schwerer Stand; alle Lust ohne eine Last, die der König hat! Das giebt sich aber! Der Ernst kommt mit der Sorge, aber die Kraft nur aus der Leidenschaft. Du willst sagen: die Leidenschaft aus der Kraft! Faaburg komme nun nicht mehr hierher, und sie müßten zu ihm auf die Insel Fünen, nach Odensee! — Liegt nicht auf der Mittagseite der Insel ein Ort Faaborg? frug sie die Mutter und hielt denselben für das Eigenthum ihrer Schwiegereltern und freute sich endlich dahin, nicht, weil ihr Frau Sigbritte zugleich entdeckt, ihr Schwiegervater sei auch gestorben und ihre Schwiegermutter werde nun in ein Kloster gehen — sondern weil sie nun ehrlich werden sollte; denn wie gern hätte sie den Großeltern den kleinen Enkel gebracht! Aber auf des Großvaters Grabe sollte er doch sitzen, die Händchen falten und ein Vaterunser beten! Die Einschiffung war bald besorgt. Denn Frau Sigbritte schien eine Zauberin, so schnell ward ihr Alles erfüllt, was sie nur wünschte. Auch hatte sie Alles längst dazu in Bereitschaft. Der Nordwind war gut, aber scharf, denn es war zu Ende des Monats Februar 1513. Es konnte nicht fehlen, daß die freimüthigen Schiffer sich unterwegs auf der offenen See in Volkes Weise aufrichtig über die Reichsveränderung äußerten, und als sie ganz nahe vor Odensee waren, sprach der Eine: Da in dem Dome liegt nun der König . . . . Parade und ist todt! Wir müssen dem Herzoge Vieles zu Gute halten! Kronprinzenstand, ein schwerer Stand; alle Lust ohne eine Last, die der König hat! Das giebt sich aber! Der Ernst kommt mit der Sorge, aber die Kraft nur aus der Leidenschaft. Du willst sagen: die Leidenschaft aus der Kraft! <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0050"/> Faaburg komme nun nicht mehr hierher, und sie müßten zu ihm auf die Insel Fünen, nach Odensee! —</p><lb/> <p>Liegt nicht auf der Mittagseite der Insel ein Ort Faaborg? frug sie die Mutter und hielt denselben für das Eigenthum ihrer Schwiegereltern und freute sich endlich dahin, nicht, weil ihr Frau Sigbritte zugleich entdeckt, ihr Schwiegervater sei auch gestorben und ihre Schwiegermutter werde nun in ein Kloster gehen — sondern weil sie nun ehrlich werden sollte; denn wie gern hätte sie den Großeltern den kleinen Enkel gebracht! Aber auf des Großvaters Grabe sollte er doch sitzen, die Händchen falten und ein Vaterunser beten!</p><lb/> <p>Die Einschiffung war bald besorgt. Denn Frau Sigbritte schien eine Zauberin, so schnell ward ihr Alles erfüllt, was sie nur wünschte. Auch hatte sie Alles längst dazu in Bereitschaft. Der Nordwind war gut, aber scharf, denn es war zu Ende des Monats Februar 1513. Es konnte nicht fehlen, daß die freimüthigen Schiffer sich unterwegs auf der offenen See in Volkes Weise aufrichtig über die Reichsveränderung äußerten, und als sie ganz nahe vor Odensee waren, sprach der Eine: Da in dem Dome liegt nun der König . . . . Parade und ist todt! Wir müssen dem Herzoge Vieles zu Gute halten! Kronprinzenstand, ein schwerer Stand; alle Lust ohne eine Last, die der König hat! Das giebt sich aber! Der Ernst kommt mit der Sorge, aber die Kraft nur aus der Leidenschaft.</p><lb/> <p>Du willst sagen: die Leidenschaft aus der Kraft!<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
Faaburg komme nun nicht mehr hierher, und sie müßten zu ihm auf die Insel Fünen, nach Odensee! —
Liegt nicht auf der Mittagseite der Insel ein Ort Faaborg? frug sie die Mutter und hielt denselben für das Eigenthum ihrer Schwiegereltern und freute sich endlich dahin, nicht, weil ihr Frau Sigbritte zugleich entdeckt, ihr Schwiegervater sei auch gestorben und ihre Schwiegermutter werde nun in ein Kloster gehen — sondern weil sie nun ehrlich werden sollte; denn wie gern hätte sie den Großeltern den kleinen Enkel gebracht! Aber auf des Großvaters Grabe sollte er doch sitzen, die Händchen falten und ein Vaterunser beten!
Die Einschiffung war bald besorgt. Denn Frau Sigbritte schien eine Zauberin, so schnell ward ihr Alles erfüllt, was sie nur wünschte. Auch hatte sie Alles längst dazu in Bereitschaft. Der Nordwind war gut, aber scharf, denn es war zu Ende des Monats Februar 1513. Es konnte nicht fehlen, daß die freimüthigen Schiffer sich unterwegs auf der offenen See in Volkes Weise aufrichtig über die Reichsveränderung äußerten, und als sie ganz nahe vor Odensee waren, sprach der Eine: Da in dem Dome liegt nun der König . . . . Parade und ist todt! Wir müssen dem Herzoge Vieles zu Gute halten! Kronprinzenstand, ein schwerer Stand; alle Lust ohne eine Last, die der König hat! Das giebt sich aber! Der Ernst kommt mit der Sorge, aber die Kraft nur aus der Leidenschaft.
Du willst sagen: die Leidenschaft aus der Kraft!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T10:50:59Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T10:50:59Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |