zum Beyspiel, dem, was uns am meisten aufge- fallen ist, zuschreiben.
Man muß daher erst untersuchen, ob der Reiz des Gefühls auch wohl recht rathe, ehe man demselben folgt, damit man nicht, in der Meynung eine Vollkommenheit nachzuahmen, et- was Fehlerhaftes, wenigstens Sonderbares kopire.
Am meisten haben in dieser Hinsicht diejeni- gen aufmerksam auf sich zu seyn, welche einen Ansatz von der für die Natur tödtlichen Genie- seuche haben. Kranke dieser Art pflegen durch ihre Sucht, Eigenheiten, oder vielmehr Singu- laritäten solcher Leute nachzuäffen, welche für Genie's oder große Geister gelten, am meisten zu verrathen, daß sie gerade das Gegentheil vom Genie sind.
Genie läßt sich gar nicht kopiren, wenigstens hört die Kopie auf Genie zu seyn -- wer es da- her doch thun will, kann nur gewisse bey demsel- ben sich findende äußere Zufälligkeiten und Son- derbarkeiten nachpinseln -- die mit dem wahren Genie verbunden nicht widrig auffallend sind, weil sie, wenn sie es auch an sich wären, von den übrigen Vorzügen geschminkt werden; ohne das Genie aber eine lächerliche Karrikatur machen.
Siebente
zum Beyſpiel, dem, was uns am meiſten aufge- fallen iſt, zuſchreiben.
Man muß daher erſt unterſuchen, ob der Reiz des Gefuͤhls auch wohl recht rathe, ehe man demſelben folgt, damit man nicht, in der Meynung eine Vollkommenheit nachzuahmen, et- was Fehlerhaftes, wenigſtens Sonderbares kopire.
Am meiſten haben in dieſer Hinſicht diejeni- gen aufmerkſam auf ſich zu ſeyn, welche einen Anſatz von der fuͤr die Natur toͤdtlichen Genie- ſeuche haben. Kranke dieſer Art pflegen durch ihre Sucht, Eigenheiten, oder vielmehr Singu- laritaͤten ſolcher Leute nachzuaͤffen, welche fuͤr Genie's oder große Geiſter gelten, am meiſten zu verrathen, daß ſie gerade das Gegentheil vom Genie ſind.
Genie laͤßt ſich gar nicht kopiren, wenigſtens hoͤrt die Kopie auf Genie zu ſeyn — wer es da- her doch thun will, kann nur gewiſſe bey demſel- ben ſich findende aͤußere Zufaͤlligkeiten und Son- derbarkeiten nachpinſeln — die mit dem wahren Genie verbunden nicht widrig auffallend ſind, weil ſie, wenn ſie es auch an ſich waͤren, von den uͤbrigen Vorzuͤgen geſchminkt werden; ohne das Genie aber eine laͤcherliche Karrikatur machen.
Siebente
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zum Beyſpiel, dem, was uns am meiſten aufge-
fallen iſt, zuſchreiben.
Man muß daher erſt unterſuchen, ob der
Reiz des Gefuͤhls auch wohl recht rathe, ehe
man demſelben folgt, damit man nicht, in der
Meynung eine Vollkommenheit nachzuahmen, et-
was Fehlerhaftes, wenigſtens Sonderbares kopire.
Am meiſten haben in dieſer Hinſicht diejeni-
gen aufmerkſam auf ſich zu ſeyn, welche einen
Anſatz von der fuͤr die Natur toͤdtlichen Genie-
ſeuche haben. Kranke dieſer Art pflegen durch
ihre Sucht, Eigenheiten, oder vielmehr Singu-
laritaͤten ſolcher Leute nachzuaͤffen, welche fuͤr
Genie's oder große Geiſter gelten, am meiſten zu
verrathen, daß ſie gerade das Gegentheil vom
Genie ſind.
Genie laͤßt ſich gar nicht kopiren, wenigſtens
hoͤrt die Kopie auf Genie zu ſeyn — wer es da-
her doch thun will, kann nur gewiſſe bey demſel-
ben ſich findende aͤußere Zufaͤlligkeiten und Son-
derbarkeiten nachpinſeln — die mit dem wahren
Genie verbunden nicht widrig auffallend ſind,
weil ſie, wenn ſie es auch an ſich waͤren, von den
uͤbrigen Vorzuͤgen geſchminkt werden; ohne das
Genie aber eine laͤcherliche Karrikatur machen.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/79>, abgerufen am 24.11.2024.
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