sehr unvollkommen hält, wenn es nur die Auf- merksamkeit an sich zieht.
Wie Mancher hat schon für den Spott über die Fehler Andrer damit büßen müssen, daß diese Fehler in ihn selbst übergingen. -- Wie Man- cher ist z. B. über dem verspottenden Nachstam- meln Andrer selbst zum Stammler geworden! Wie dies möglich sey, ist aus dem zuerst ange- führten Grunde des Nachahmungstriebes leicht zu begreifen.
Bey Einigen endlich wird der Trieb zur Nach- ahmung durch den Wunsch erregt, sich Anderen angenehm zu machen.
Der Mensch sieht es gern, wenn Andre mit ihm harmoniren, und ihre Handlungen, Gesin- nungen und Meynungen den seinigen ähnlich ma- chen, weil dies ein Beweis ist, daß er Autorität hat, und also seiner Eigenliebe dadurch geschmei- chelt wird. Wenn daher jemandem um die Zu- neigung oder Gnade eines Menschen zu thun ist, so wird er dadurch bewegt werden, die Mittel zu gebrauchen, welche ihm das Verlangte verschaffen können, und daher auch zur Nachahmung gereizt werden.
Dies war der Grund des Nachahmungstrie- bes bey den Hofleuten des Großen Alexanders, welche die Nachbildung des Königs so weit trie- ben, daß sie sogar ihren Kopf, den Alexander
etwas
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ſehr unvollkommen haͤlt, wenn es nur die Auf- merkſamkeit an ſich zieht.
Wie Mancher hat ſchon fuͤr den Spott uͤber die Fehler Andrer damit buͤßen muͤſſen, daß dieſe Fehler in ihn ſelbſt uͤbergingen. — Wie Man- cher iſt z. B. uͤber dem verſpottenden Nachſtam- meln Andrer ſelbſt zum Stammler geworden! Wie dies moͤglich ſey, iſt aus dem zuerſt ange- fuͤhrten Grunde des Nachahmungstriebes leicht zu begreifen.
Bey Einigen endlich wird der Trieb zur Nach- ahmung durch den Wunſch erregt, ſich Anderen angenehm zu machen.
Der Menſch ſieht es gern, wenn Andre mit ihm harmoniren, und ihre Handlungen, Geſin- nungen und Meynungen den ſeinigen aͤhnlich ma- chen, weil dies ein Beweis iſt, daß er Autoritaͤt hat, und alſo ſeiner Eigenliebe dadurch geſchmei- chelt wird. Wenn daher jemandem um die Zu- neigung oder Gnade eines Menſchen zu thun iſt, ſo wird er dadurch bewegt werden, die Mittel zu gebrauchen, welche ihm das Verlangte verſchaffen koͤnnen, und daher auch zur Nachahmung gereizt werden.
Dies war der Grund des Nachahmungstrie- bes bey den Hofleuten des Großen Alexanders, welche die Nachbildung des Koͤnigs ſo weit trie- ben, daß ſie ſogar ihren Kopf, den Alexander
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[355/0071]
ſehr unvollkommen haͤlt, wenn es nur die Auf-
merkſamkeit an ſich zieht.
Wie Mancher hat ſchon fuͤr den Spott uͤber
die Fehler Andrer damit buͤßen muͤſſen, daß dieſe
Fehler in ihn ſelbſt uͤbergingen. — Wie Man-
cher iſt z. B. uͤber dem verſpottenden Nachſtam-
meln Andrer ſelbſt zum Stammler geworden!
Wie dies moͤglich ſey, iſt aus dem zuerſt ange-
fuͤhrten Grunde des Nachahmungstriebes leicht
zu begreifen.
Bey Einigen endlich wird der Trieb zur Nach-
ahmung durch den Wunſch erregt, ſich Anderen
angenehm zu machen.
Der Menſch ſieht es gern, wenn Andre mit
ihm harmoniren, und ihre Handlungen, Geſin-
nungen und Meynungen den ſeinigen aͤhnlich ma-
chen, weil dies ein Beweis iſt, daß er Autoritaͤt
hat, und alſo ſeiner Eigenliebe dadurch geſchmei-
chelt wird. Wenn daher jemandem um die Zu-
neigung oder Gnade eines Menſchen zu thun iſt,
ſo wird er dadurch bewegt werden, die Mittel zu
gebrauchen, welche ihm das Verlangte verſchaffen
koͤnnen, und daher auch zur Nachahmung gereizt
werden.
Dies war der Grund des Nachahmungstrie-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/71>, abgerufen am 23.11.2024.
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