Die Griechen ahmten den Egyptiern, den Griechen die Römer, diesen die Spanier, Fran- zosen u. s. w. nach -- und daß die Deutschen der Franzosen Nachahmer sind, davon sind ja wohl gute und böse Beyspiele und Beweise genug.
Es ist dieses Nachahmen Andrer so natürlich und oft so unwillkührlich, daß einzelne Menschen oft, ohne daß sie es bemerken, Andre kopiren, ihre Manieren, Gewohnheiten, Eigenheiten an- nehmen.
Auch ist es nicht schwer die Gründe dieses Triebes, etwas Fremdes nachzubilden, ausfindig zu machen.
Der erste Grund liegt in einem gewissen sym- pathetischen Gefühle, welches, wenn nicht etwas anders uns stärker zurückhält, uns reizt, das nachzuahmen, was wir wahrnehmen -- und uns in ein Mißbehagen versetzt, wenn wir es nicht thun. So ist es einem z. B. äußerst zuwider, wenn, während daß er eine Arbeit verrichtet, wel- che ihn zum Stilleseyn nöthigt, Andre um ihn her lärmen und unruhig sind. Er fühlt einen Reiz
es
Nachthun heißt endlich eine Handlung nach dem Muster eines andern einrichten. So thut es z. B. keiner Blanchard so leicht nach, daß er, wie dieser, in dem Luftschiff in die Höhe steigt. -- Was Friedrich that, sagt man, das thut ihm so leicht niemand nach.
Die Griechen ahmten den Egyptiern, den Griechen die Roͤmer, dieſen die Spanier, Fran- zoſen u. ſ. w. nach — und daß die Deutſchen der Franzoſen Nachahmer ſind, davon ſind ja wohl gute und boͤſe Beyſpiele und Beweiſe genug.
Es iſt dieſes Nachahmen Andrer ſo natuͤrlich und oft ſo unwillkuͤhrlich, daß einzelne Menſchen oft, ohne daß ſie es bemerken, Andre kopiren, ihre Manieren, Gewohnheiten, Eigenheiten an- nehmen.
Auch iſt es nicht ſchwer die Gruͤnde dieſes Triebes, etwas Fremdes nachzubilden, ausfindig zu machen.
Der erſte Grund liegt in einem gewiſſen ſym- pathetiſchen Gefuͤhle, welches, wenn nicht etwas anders uns ſtaͤrker zuruͤckhaͤlt, uns reizt, das nachzuahmen, was wir wahrnehmen — und uns in ein Mißbehagen verſetzt, wenn wir es nicht thun. So iſt es einem z. B. aͤußerſt zuwider, wenn, waͤhrend daß er eine Arbeit verrichtet, wel- che ihn zum Stilleſeyn noͤthigt, Andre um ihn her laͤrmen und unruhig ſind. Er fuͤhlt einen Reiz
es
Nachthun heißt endlich eine Handlung nach dem Muſter eines andern einrichten. So thut es z. B. keiner Blanchard ſo leicht nach, daß er, wie dieſer, in dem Luftſchiff in die Hoͤhe ſteigt. — Was Friedrich that, ſagt man, das thut ihm ſo leicht niemand nach.
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Die Griechen ahmten den Egyptiern, den
Griechen die Roͤmer, dieſen die Spanier, Fran-
zoſen u. ſ. w. nach — und daß die Deutſchen der
Franzoſen Nachahmer ſind, davon ſind ja wohl
gute und boͤſe Beyſpiele und Beweiſe genug.
Es iſt dieſes Nachahmen Andrer ſo natuͤrlich
und oft ſo unwillkuͤhrlich, daß einzelne Menſchen
oft, ohne daß ſie es bemerken, Andre kopiren,
ihre Manieren, Gewohnheiten, Eigenheiten an-
nehmen.
Auch iſt es nicht ſchwer die Gruͤnde dieſes
Triebes, etwas Fremdes nachzubilden, ausfindig
zu machen.
Der erſte Grund liegt in einem gewiſſen ſym-
pathetiſchen Gefuͤhle, welches, wenn nicht etwas
anders uns ſtaͤrker zuruͤckhaͤlt, uns reizt, das
nachzuahmen, was wir wahrnehmen — und uns
in ein Mißbehagen verſetzt, wenn wir es nicht
thun. So iſt es einem z. B. aͤußerſt zuwider,
wenn, waͤhrend daß er eine Arbeit verrichtet, wel-
che ihn zum Stilleſeyn noͤthigt, Andre um ihn her
laͤrmen und unruhig ſind. Er fuͤhlt einen Reiz
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*) Nachthun heißt endlich eine Handlung nach
dem Muſter eines andern einrichten. So thut es
z. B. keiner Blanchard ſo leicht nach, daß er, wie
dieſer, in dem Luftſchiff in die Hoͤhe ſteigt. — Was
Friedrich that, ſagt man, das thut ihm ſo leicht
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/63>, abgerufen am 16.02.2025.
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