der sie wahrnimmt, bleiben könnten; und zeigen den, an welchem sie wahrgenommen werden, in einer zu wunderbaren, Allen Achtung einflö- ßenden Größe, als daß sie nicht zur Sympathie und Nachahmung reizen sollten. Nur solche Seelen, deren Verstand nichts Großes fassen kann, deren Phantasie ohne Feuer und deren Herz für edle Gefühle todt ist, fühlen nie das heilige Feuer des Enthusiasmus*).
Enthusiasmus, so fern er zu Aufopferungen, zum Widerstande, oder zum Ueberwinden einer Gefahr weckt, ist Muth.
Es läßt dieser Affekt keine genaue Berechnung des Verhältnisses der Kraft des Gegenstandes zu der eignen Kraft zu; der Muthige fühlt nur sich, und unbekümmert, wie viel ihm sein Gegner ent- gegenstellen kann, tritt er zum Angriff hervor.
Alles, was Zutrauen auf sich selbst giebt, und das Kraftgefühl rege macht, macht Muth. Den Preußen macht schon sein Name muthig: denn nach den unsterblichen Thaten des einzigen Frie- drichs, die er an der Spitze seiner Heere und
durch
*) Wenn ein Nichts, oder ein Gegenstand, den die Vernunft nicht legitimirt, sich der Phantasie und dem Herzen als groß und erhaben vorspiegelt, und den Eyfer und die Thatkraft des Menschen für sich gewinnt, so entsteht Schwärmerey, s. die Unter- haltung über die Schwärmerey im ersten Theil.
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der ſie wahrnimmt, bleiben koͤnnten; und zeigen den, an welchem ſie wahrgenommen werden, in einer zu wunderbaren, Allen Achtung einfloͤ- ßenden Groͤße, als daß ſie nicht zur Sympathie und Nachahmung reizen ſollten. Nur ſolche Seelen, deren Verſtand nichts Großes faſſen kann, deren Phantaſie ohne Feuer und deren Herz fuͤr edle Gefuͤhle todt iſt, fuͤhlen nie das heilige Feuer des Enthuſiasmus*).
Enthuſiasmus, ſo fern er zu Aufopferungen, zum Widerſtande, oder zum Ueberwinden einer Gefahr weckt, iſt Muth.
Es laͤßt dieſer Affekt keine genaue Berechnung des Verhaͤltniſſes der Kraft des Gegenſtandes zu der eignen Kraft zu; der Muthige fuͤhlt nur ſich, und unbekuͤmmert, wie viel ihm ſein Gegner ent- gegenſtellen kann, tritt er zum Angriff hervor.
Alles, was Zutrauen auf ſich ſelbſt giebt, und das Kraftgefuͤhl rege macht, macht Muth. Den Preußen macht ſchon ſein Name muthig: denn nach den unſterblichen Thaten des einzigen Frie- drichs, die er an der Spitze ſeiner Heere und
durch
*) Wenn ein Nichts, oder ein Gegenſtand, den die Vernunft nicht legitimirt, ſich der Phantaſie und dem Herzen als groß und erhaben vorſpiegelt, und den Eyfer und die Thatkraft des Menſchen fuͤr ſich gewinnt, ſo entſteht Schwaͤrmerey, ſ. die Unter- haltung uͤber die Schwaͤrmerey im erſten Theil.
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der ſie wahrnimmt, bleiben koͤnnten; und zeigen
den, an welchem ſie wahrgenommen werden, in
einer zu wunderbaren, Allen Achtung einfloͤ-
ßenden Groͤße, als daß ſie nicht zur Sympathie
und Nachahmung reizen ſollten. Nur ſolche
Seelen, deren Verſtand nichts Großes faſſen
kann, deren Phantaſie ohne Feuer und deren Herz
fuͤr edle Gefuͤhle todt iſt, fuͤhlen nie das heilige
Feuer des Enthuſiasmus *).
Enthuſiasmus, ſo fern er zu Aufopferungen,
zum Widerſtande, oder zum Ueberwinden einer
Gefahr weckt, iſt Muth.
Es laͤßt dieſer Affekt keine genaue Berechnung
des Verhaͤltniſſes der Kraft des Gegenſtandes zu
der eignen Kraft zu; der Muthige fuͤhlt nur ſich,
und unbekuͤmmert, wie viel ihm ſein Gegner ent-
gegenſtellen kann, tritt er zum Angriff hervor.
Alles, was Zutrauen auf ſich ſelbſt giebt, und
das Kraftgefuͤhl rege macht, macht Muth. Den
Preußen macht ſchon ſein Name muthig: denn
nach den unſterblichen Thaten des einzigen Frie-
drichs, die er an der Spitze ſeiner Heere und
durch
*) Wenn ein Nichts, oder ein Gegenſtand, den die
Vernunft nicht legitimirt, ſich der Phantaſie und
dem Herzen als groß und erhaben vorſpiegelt, und
den Eyfer und die Thatkraft des Menſchen fuͤr ſich
gewinnt, ſo entſteht Schwaͤrmerey, ſ. die Unter-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/297>, abgerufen am 16.02.2025.
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