Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.An der Wahrheit desselben kann niemand Nur nicht das, was die Menschen thun, das *) Quel que soit, sagt Rousseau in dem 4ten Buche seines Emils, le nombre des mechans sur la ter- re, Hh 5
An der Wahrheit deſſelben kann niemand Nur nicht das, was die Menſchen thun, das *) Quel que ſoit, ſagt Rouſſeau in dem 4ten Buche ſeines Emils, le nombre des méchans ſur la ter- re, Hh 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0205" n="489"/> <p>An der Wahrheit deſſelben kann niemand<lb/> zweifeln, der mit unbefangenem Auge den Men-<lb/> ſchen beobachtet, und die Gruͤnde der menſchli-<lb/> chen Neigungen kennt. Wo iſt wohl ein Menſch,<lb/> unter denen, die aus der thieriſchen Rohheit her-<lb/> ausgegangen ſind, der nicht das Gute liebte, und<lb/> das Boͤſe haßte? Wen zwingt nicht ein <hi rendition="#b">So-<lb/> krates</hi> zur Verehrung und Bewunderung, und<lb/> ein <hi rendition="#b">Catilina</hi> zum Unwillen und Abſcheu? Wen<lb/> erfuͤllt nicht die Vollendung einer guten That, mit<lb/> Freude und Ruhe, die Vollbringung einer boͤſen<lb/> mit Unruhe und Mißmuth? —</p><lb/> <p>Nur nicht das, was <hi rendition="#b">die Menſchen</hi> thun,<lb/> verfuͤhrt durch unnatuͤrliche Erziehung, Jrrthum<lb/> des Verſtandes und aͤußere Verhaͤltniſſe, auf die<lb/> Rechnung der <hi rendition="#b">menſchlichen Natur</hi> geſchrieben!<lb/> — Sie kann verlaͤugnet und unterdruͤckt, aber<lb/> nicht verderbt werden; wo <hi rendition="#b">ſie</hi> ſpricht, raͤth ſie<lb/> zum Guten; wo <hi rendition="#b">ſie</hi> handelt, gilt es der Tugend.<lb/> Trennet den vermeinten Vortheil des Boͤſewichts<lb/> von ſeinen boͤſen Handlungen, und er wird ſich<lb/> wahrlich nicht zu denſelben entſchließen! Laßt ihn<lb/> den Frevel eines Dritten ſehen, an den er durch<lb/> kein Jntereſſe gebunden iſt; und er wird ihn ver-<lb/> abſcheuen; ſo wie die edle That des Tugendhaften<lb/> bewundern und lieben<note xml:id="seg2pn_18_1" next="#seg2pn_18_2" place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Quel que ſoit</hi>, ſagt Rouſſeau in dem 4ten Buche<lb/> ſeines Emils, <hi rendition="#aq">le nombre des méchans ſur la ter-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">re,</hi></fw></note>. Der Menſch kann<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Hh 5</fw><fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [489/0205]
An der Wahrheit deſſelben kann niemand
zweifeln, der mit unbefangenem Auge den Men-
ſchen beobachtet, und die Gruͤnde der menſchli-
chen Neigungen kennt. Wo iſt wohl ein Menſch,
unter denen, die aus der thieriſchen Rohheit her-
ausgegangen ſind, der nicht das Gute liebte, und
das Boͤſe haßte? Wen zwingt nicht ein So-
krates zur Verehrung und Bewunderung, und
ein Catilina zum Unwillen und Abſcheu? Wen
erfuͤllt nicht die Vollendung einer guten That, mit
Freude und Ruhe, die Vollbringung einer boͤſen
mit Unruhe und Mißmuth? —
Nur nicht das, was die Menſchen thun,
verfuͤhrt durch unnatuͤrliche Erziehung, Jrrthum
des Verſtandes und aͤußere Verhaͤltniſſe, auf die
Rechnung der menſchlichen Natur geſchrieben!
— Sie kann verlaͤugnet und unterdruͤckt, aber
nicht verderbt werden; wo ſie ſpricht, raͤth ſie
zum Guten; wo ſie handelt, gilt es der Tugend.
Trennet den vermeinten Vortheil des Boͤſewichts
von ſeinen boͤſen Handlungen, und er wird ſich
wahrlich nicht zu denſelben entſchließen! Laßt ihn
den Frevel eines Dritten ſehen, an den er durch
kein Jntereſſe gebunden iſt; und er wird ihn ver-
abſcheuen; ſo wie die edle That des Tugendhaften
bewundern und lieben *). Der Menſch kann
das
*) Quel que ſoit, ſagt Rouſſeau in dem 4ten Buche
ſeines Emils, le nombre des méchans ſur la ter-
re,
Hh 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |