mehr oder weniger Mittel, sein Leben angenehm zu machen.
Wie manchen Fürsten nennt die Geschichte, der, wahrlich nicht aus der edlen Begierde, Men- schen glücklich zu machen; sondern, um seiner Sinnlichkeit und ihren Launen ungehindert genug thun zu können, nach dem Throne verlangte?
Was war es, das einen Erzbischof von Sens, einen Lamoignon, einen Breteuil und andre Despoten aus dem französischen Mini- sterium vor der Revolution, antrieb, alle Mit- tel anzuwenden, um sich auf der Höhe, von der ihr Wink Alles regierte, und die Nation in der sclavischen Niedrigkeit zu erhalten, als die Furcht, bey größerer Freyheit, ihre übermüthigen Begier- den nicht mehr in dem Schweiß und dem Blut der Nation sättigen zu können? als die Furcht, durch das freye Volk über ihre schreyenden Unge- rechtigkeiten, und die Greuel ihres Despotismus zur Rechenschaft gezogen zu werden? --
Mirabeau, ein Mann von großem Geist und kleinem Herzen, wird eben so sehr durch sei- nen eignen Vortheil, als durch das Bewußtseyn seiner großen Talente, zu dem Bestreben ange- feuert, sich zum Regierer des Volks, zum An- ordner der Constitution, zum Ersten Franzosen zu machen. Wer gesteht nicht, wenn er die großen Plane, die sein vom Herzen nicht beun-
ruhigter
mehr oder weniger Mittel, ſein Leben angenehm zu machen.
Wie manchen Fuͤrſten nennt die Geſchichte, der, wahrlich nicht aus der edlen Begierde, Men- ſchen gluͤcklich zu machen; ſondern, um ſeiner Sinnlichkeit und ihren Launen ungehindert genug thun zu koͤnnen, nach dem Throne verlangte?
Was war es, das einen Erzbiſchof von Sens, einen Lamoignon, einen Breteuil und andre Deſpoten aus dem franzoͤſiſchen Mini- ſterium vor der Revolution, antrieb, alle Mit- tel anzuwenden, um ſich auf der Hoͤhe, von der ihr Wink Alles regierte, und die Nation in der ſclaviſchen Niedrigkeit zu erhalten, als die Furcht, bey groͤßerer Freyheit, ihre uͤbermuͤthigen Begier- den nicht mehr in dem Schweiß und dem Blut der Nation ſaͤttigen zu koͤnnen? als die Furcht, durch das freye Volk uͤber ihre ſchreyenden Unge- rechtigkeiten, und die Greuel ihres Deſpotiſmus zur Rechenſchaft gezogen zu werden? —
Mirabeau, ein Mann von großem Geiſt und kleinem Herzen, wird eben ſo ſehr durch ſei- nen eignen Vortheil, als durch das Bewußtſeyn ſeiner großen Talente, zu dem Beſtreben ange- feuert, ſich zum Regierer des Volks, zum An- ordner der Conſtitution, zum Erſten Franzoſen zu machen. Wer geſteht nicht, wenn er die großen Plane, die ſein vom Herzen nicht beun-
ruhigter
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mehr oder weniger Mittel, ſein Leben angenehm
zu machen.
Wie manchen Fuͤrſten nennt die Geſchichte,
der, wahrlich nicht aus der edlen Begierde, Men-
ſchen gluͤcklich zu machen; ſondern, um ſeiner
Sinnlichkeit und ihren Launen ungehindert genug
thun zu koͤnnen, nach dem Throne verlangte?
Was war es, das einen Erzbiſchof von
Sens, einen Lamoignon, einen Breteuil
und andre Deſpoten aus dem franzoͤſiſchen Mini-
ſterium vor der Revolution, antrieb, alle Mit-
tel anzuwenden, um ſich auf der Hoͤhe, von der
ihr Wink Alles regierte, und die Nation in der
ſclaviſchen Niedrigkeit zu erhalten, als die Furcht,
bey groͤßerer Freyheit, ihre uͤbermuͤthigen Begier-
den nicht mehr in dem Schweiß und dem Blut
der Nation ſaͤttigen zu koͤnnen? als die Furcht,
durch das freye Volk uͤber ihre ſchreyenden Unge-
rechtigkeiten, und die Greuel ihres Deſpotiſmus
zur Rechenſchaft gezogen zu werden? —
Mirabeau, ein Mann von großem Geiſt
und kleinem Herzen, wird eben ſo ſehr durch ſei-
nen eignen Vortheil, als durch das Bewußtſeyn
ſeiner großen Talente, zu dem Beſtreben ange-
feuert, ſich zum Regierer des Volks, zum An-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/182>, abgerufen am 23.11.2024.
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