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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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von dem er nichts befürchten darf, übt, eben so
ungern sich mit dem messen, dessen Stärke er noch
nicht geprüft hat, und fürchten muß, daß sie der
seinigen überlegen sey.

Der Stolz auf Schönheit des Körpers in
Rücksicht auf Gestalt, Bewegung und Schmü-
ckung hat alle Merkmale der Eitelkeit; so wie der
Stolz auf körperliche Kraft manches mit dem
soliden Stolze gemein hat. Bey einem schwachen
Verstande, und wenn er durch Sinnlichkeit ge-
nährt wird, kann jener sehr stark, widrig und
lächerlich werden.

Man giebt den Stolz auf Schönheit, so wie
die Eitelkeit, für eine Eigenthümlichkeit des schö-
nen Geschlechts aus, welches auch wohl so un-
wahr nicht ist, worüber man sich aber auch eben
so wenig zu verwundern hat, da das männliche
Geschlecht sich vor dem Thron der Schönheit so
demüthig bückt, und von dieser allmächtigen Kö-
nigin sich willig führen läßt, wie und wohin es
ihr gefällt. Das weibliche Geschlecht muß ferner
des Vorzugs der Stärke entbehren, und soll der
Roßwithen und Daciers älterer und neuerer
Zeiten ungeachtet auch auf Gelehrsamkeit keinen
Anspruch machen; was bleibt ihm also übrig, als
Schönheit und körperliche Anmuth, und wer
könnte ihm verdenken, daß es auf diese seinen
Stolz gründete, wenn es wahr ist, auf welche

Ueber-

von dem er nichts befuͤrchten darf, uͤbt, eben ſo
ungern ſich mit dem meſſen, deſſen Staͤrke er noch
nicht gepruͤft hat, und fuͤrchten muß, daß ſie der
ſeinigen uͤberlegen ſey.

Der Stolz auf Schoͤnheit des Koͤrpers in
Ruͤckſicht auf Geſtalt, Bewegung und Schmuͤ-
ckung hat alle Merkmale der Eitelkeit; ſo wie der
Stolz auf koͤrperliche Kraft manches mit dem
ſoliden Stolze gemein hat. Bey einem ſchwachen
Verſtande, und wenn er durch Sinnlichkeit ge-
naͤhrt wird, kann jener ſehr ſtark, widrig und
laͤcherlich werden.

Man giebt den Stolz auf Schoͤnheit, ſo wie
die Eitelkeit, fuͤr eine Eigenthuͤmlichkeit des ſchoͤ-
nen Geſchlechts aus, welches auch wohl ſo un-
wahr nicht iſt, woruͤber man ſich aber auch eben
ſo wenig zu verwundern hat, da das maͤnnliche
Geſchlecht ſich vor dem Thron der Schoͤnheit ſo
demuͤthig buͤckt, und von dieſer allmaͤchtigen Koͤ-
nigin ſich willig fuͤhren laͤßt, wie und wohin es
ihr gefaͤllt. Das weibliche Geſchlecht muß ferner
des Vorzugs der Staͤrke entbehren, und ſoll der
Roßwithen und Daciers aͤlterer und neuerer
Zeiten ungeachtet auch auf Gelehrſamkeit keinen
Anſpruch machen; was bleibt ihm alſo uͤbrig, als
Schoͤnheit und koͤrperliche Anmuth, und wer
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[429/0145] von dem er nichts befuͤrchten darf, uͤbt, eben ſo ungern ſich mit dem meſſen, deſſen Staͤrke er noch nicht gepruͤft hat, und fuͤrchten muß, daß ſie der ſeinigen uͤberlegen ſey. Der Stolz auf Schoͤnheit des Koͤrpers in Ruͤckſicht auf Geſtalt, Bewegung und Schmuͤ- ckung hat alle Merkmale der Eitelkeit; ſo wie der Stolz auf koͤrperliche Kraft manches mit dem ſoliden Stolze gemein hat. Bey einem ſchwachen Verſtande, und wenn er durch Sinnlichkeit ge- naͤhrt wird, kann jener ſehr ſtark, widrig und laͤcherlich werden. Man giebt den Stolz auf Schoͤnheit, ſo wie die Eitelkeit, fuͤr eine Eigenthuͤmlichkeit des ſchoͤ- nen Geſchlechts aus, welches auch wohl ſo un- wahr nicht iſt, woruͤber man ſich aber auch eben ſo wenig zu verwundern hat, da das maͤnnliche Geſchlecht ſich vor dem Thron der Schoͤnheit ſo demuͤthig buͤckt, und von dieſer allmaͤchtigen Koͤ- nigin ſich willig fuͤhren laͤßt, wie und wohin es ihr gefaͤllt. Das weibliche Geſchlecht muß ferner des Vorzugs der Staͤrke entbehren, und ſoll der Roßwithen und Daciers aͤlterer und neuerer Zeiten ungeachtet auch auf Gelehrſamkeit keinen Anſpruch machen; was bleibt ihm alſo uͤbrig, als Schoͤnheit und koͤrperliche Anmuth, und wer koͤnnte ihm verdenken, daß es auf dieſe ſeinen Stolz gruͤndete, wenn es wahr iſt, auf welche Ueber-

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/145>, abgerufen am 22.11.2024.