loren, so fühlt er sich elend, und geräth in Ver- zweiflung, wenn er ihn durch seine Schuld verlor.
Als der edle Kassio, welcher durch die Ränke des hinterlistigen Jago betrogen, vom Weine berauscht wurde, und sich in der Hitze des Zorns gegen den, der seine Ehre angriff, übereilte, von seinem Feldherrn Othello seiner Stelle entsetzt worden war, ruft er aus:
"Guter Name! guter Name! guter Name! -- Oh! ich habe meinen guten Namen verloren! Jch habe den unsterblichen Theil meiner selbst ver- loren, was mir noch bleibt, ist blos thierisch! Mein guter Name!"*)
Der gute Name, läßt Shakespear in dem- selben Trauerspiele den Jago, der sich als einen Mann von wahrer Ehrliebe verstellt, sagen, der gute Name ist bey Mann und Weib das schätz- barste Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld stiehlt, stiehlt einen Bettel, es ist Etwas -- es ist Nichts. Es war mein; es ist sein; und ist schon ein Sclave von tausend Andern gewesen. Aber wer mich um meinen guten Namen bringt, der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert, aber mich wahrhaftig arm macht.**).
Der
*) Shakespears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr.
**) Daselbst. 3ter Aufz. 3ter Auftr. Folgende Stelle aus dem Orlando Inamora- to führt H. H. Eschenburg in einer Note zu dieser
Stelle
Bb 2
loren, ſo fuͤhlt er ſich elend, und geraͤth in Ver- zweiflung, wenn er ihn durch ſeine Schuld verlor.
Als der edle Kaſſio, welcher durch die Raͤnke des hinterliſtigen Jago betrogen, vom Weine berauſcht wurde, und ſich in der Hitze des Zorns gegen den, der ſeine Ehre angriff, uͤbereilte, von ſeinem Feldherrn Othello ſeiner Stelle entſetzt worden war, ruft er aus:
„Guter Name! guter Name! guter Name! — Oh! ich habe meinen guten Namen verloren! Jch habe den unſterblichen Theil meiner ſelbſt ver- loren, was mir noch bleibt, iſt blos thieriſch! Mein guter Name!„*)
Der gute Name, laͤßt Shakeſpear in dem- ſelben Trauerſpiele den Jago, der ſich als einen Mann von wahrer Ehrliebe verſtellt, ſagen, der gute Name iſt bey Mann und Weib das ſchaͤtz- barſte Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld ſtiehlt, ſtiehlt einen Bettel, es iſt Etwas — es iſt Nichts. Es war mein; es iſt ſein; und iſt ſchon ein Sclave von tauſend Andern geweſen. Aber wer mich um meinen guten Namen bringt, der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert, aber mich wahrhaftig arm macht.**).
Der
*) Shakeſpears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr.
**) Daſelbſt. 3ter Aufz. 3ter Auftr. Folgende Stelle aus dem Orlando Inamora- to fuͤhrt H. H. Eſchenburg in einer Note zu dieſer
Stelle
Bb 2
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loren, ſo fuͤhlt er ſich elend, und geraͤth in Ver-
zweiflung, wenn er ihn durch ſeine Schuld verlor.
Als der edle Kaſſio, welcher durch die Raͤnke
des hinterliſtigen Jago betrogen, vom Weine
berauſcht wurde, und ſich in der Hitze des Zorns
gegen den, der ſeine Ehre angriff, uͤbereilte, von
ſeinem Feldherrn Othello ſeiner Stelle entſetzt
worden war, ruft er aus:
„Guter Name! guter Name! guter Name!
— Oh! ich habe meinen guten Namen verloren!
Jch habe den unſterblichen Theil meiner ſelbſt ver-
loren, was mir noch bleibt, iſt blos thieriſch!
Mein guter Name!„ *)
Der gute Name, laͤßt Shakeſpear in dem-
ſelben Trauerſpiele den Jago, der ſich als einen
Mann von wahrer Ehrliebe verſtellt, ſagen, der
gute Name iſt bey Mann und Weib das ſchaͤtz-
barſte Kleinod ihrer Seele. Wer mir mein Geld
ſtiehlt, ſtiehlt einen Bettel, es iſt Etwas — es
iſt Nichts. Es war mein; es iſt ſein; und iſt
ſchon ein Sclave von tauſend Andern geweſen.
Aber wer mich um meinen guten Namen bringt,
der raubt mir etwas, das ihn nicht bereichert,
aber mich wahrhaftig arm macht. **).
Der
*) Shakeſpears Othello, 2ter Aufzug, 3ter Auftr.
**) Daſelbſt. 3ter Aufz. 3ter Auftr.
Folgende Stelle aus dem Orlando Inamora-
to fuͤhrt H. H. Eſchenburg in einer Note zu dieſer
Stelle
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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