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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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Dieser feste und ruhige Schlaf aber, in welchem
ich eine Vorstellungslosigkeit in der Seele vermuthe,
und den ich allein den Bruder des Todes nenne, dau-
ert selbst bey den gesundesten Personen nicht lange,
und kränkliche kennen ihn gar nicht. Sobald die
von der Arbeit des Tages ermatteten Nerven sich

wieder
die sie von sich gaben; sondern zerbrochene, gestam-
melte Töne, die durchaus nicht zu verstehen waren.
Sie redeten nicht, wozu freylich Vorstellungen ge-
hören; sie gaben nur Töne von sich, die nicht noth-
wendig Vorstellungen voraussetzen. --
2) Wenn jemand aber auch im Schlafe wirklich
redet, so bezieht sich seine Rede gewöhnlich auf das,
woran er mit Leidenschaft denkt, oder wodurch er
sehr heftig afficirt wurde. Einer meiner Freunde
z. B. macht, so oft er sich mit jemand, der ihn
interessirt, erzürnt hat, im Schlafe seine Apologie.
Derselbe spricht, wenn er am Abend seinem geliebte-
sten Freunde schrieb, fast jedesmal im Bette von
oder zu demselben mit vieler Wärme.
Leidenschaft und Affekt aber lassen nicht ruhig
schlafen.
3) Sehr vieles nimmt man für Sprechen im
festen Schlafe an; welches doch mit ganzem oder
halbem Bewußtseyn geschah.
4) Der Schlafende endlich sowohl als der Schlaf-
wandrer erwacht leicht, sobald man seinen Namen
nennt; ein sichrer Beweis, daß weder der eine noch
der andre sehr fest schlafen könne. --

Dieſer feſte und ruhige Schlaf aber, in welchem
ich eine Vorſtellungsloſigkeit in der Seele vermuthe,
und den ich allein den Bruder des Todes nenne, dau-
ert ſelbſt bey den geſundeſten Perſonen nicht lange,
und kraͤnkliche kennen ihn gar nicht. Sobald die
von der Arbeit des Tages ermatteten Nerven ſich

wieder
die ſie von ſich gaben; ſondern zerbrochene, geſtam-
melte Toͤne, die durchaus nicht zu verſtehen waren.
Sie redeten nicht, wozu freylich Vorſtellungen ge-
hoͤren; ſie gaben nur Toͤne von ſich, die nicht noth-
wendig Vorſtellungen vorausſetzen. —
2) Wenn jemand aber auch im Schlafe wirklich
redet, ſo bezieht ſich ſeine Rede gewoͤhnlich auf das,
woran er mit Leidenſchaft denkt, oder wodurch er
ſehr heftig afficirt wurde. Einer meiner Freunde
z. B. macht, ſo oft er ſich mit jemand, der ihn
intereſſirt, erzuͤrnt hat, im Schlafe ſeine Apologie.
Derſelbe ſpricht, wenn er am Abend ſeinem geliebte-
ſten Freunde ſchrieb, faſt jedesmal im Bette von
oder zu demſelben mit vieler Waͤrme.
Leidenſchaft und Affekt aber laſſen nicht ruhig
ſchlafen.
3) Sehr vieles nimmt man fuͤr Sprechen im
feſten Schlafe an; welches doch mit ganzem oder
halbem Bewußtſeyn geſchah.
4) Der Schlafende endlich ſowohl als der Schlaf-
wandrer erwacht leicht, ſobald man ſeinen Namen
nennt; ein ſichrer Beweis, daß weder der eine noch
der andre ſehr feſt ſchlafen koͤnne. —
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[68/0092] Dieſer feſte und ruhige Schlaf aber, in welchem ich eine Vorſtellungsloſigkeit in der Seele vermuthe, und den ich allein den Bruder des Todes nenne, dau- ert ſelbſt bey den geſundeſten Perſonen nicht lange, und kraͤnkliche kennen ihn gar nicht. Sobald die von der Arbeit des Tages ermatteten Nerven ſich wieder *) *) die ſie von ſich gaben; ſondern zerbrochene, geſtam- melte Toͤne, die durchaus nicht zu verſtehen waren. Sie redeten nicht, wozu freylich Vorſtellungen ge- hoͤren; ſie gaben nur Toͤne von ſich, die nicht noth- wendig Vorſtellungen vorausſetzen. — 2) Wenn jemand aber auch im Schlafe wirklich redet, ſo bezieht ſich ſeine Rede gewoͤhnlich auf das, woran er mit Leidenſchaft denkt, oder wodurch er ſehr heftig afficirt wurde. Einer meiner Freunde z. B. macht, ſo oft er ſich mit jemand, der ihn intereſſirt, erzuͤrnt hat, im Schlafe ſeine Apologie. Derſelbe ſpricht, wenn er am Abend ſeinem geliebte- ſten Freunde ſchrieb, faſt jedesmal im Bette von oder zu demſelben mit vieler Waͤrme. Leidenſchaft und Affekt aber laſſen nicht ruhig ſchlafen. 3) Sehr vieles nimmt man fuͤr Sprechen im feſten Schlafe an; welches doch mit ganzem oder halbem Bewußtſeyn geſchah. 4) Der Schlafende endlich ſowohl als der Schlaf- wandrer erwacht leicht, ſobald man ſeinen Namen nennt; ein ſichrer Beweis, daß weder der eine noch der andre ſehr feſt ſchlafen koͤnne. —

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/92>, abgerufen am 24.11.2024.