Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Darum stand über dem Tempel der Jsis eine Auf- Die Gesetze, nach welchen die Phantasie ihre Saladin in Nathan dem Weisen, dem Stolz Der Dichter des hohen Liedes von der Einzi- gen, C 5
Darum ſtand uͤber dem Tempel der Jſis eine Auf- Die Geſetze, nach welchen die Phantaſie ihre Saladin in Nathan dem Weiſen, dem Stolz Der Dichter des hohen Liedes von der Einzi- gen, C 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0065" n="41"/> Darum ſtand uͤber dem Tempel der Jſis eine Auf-<lb/> ſchrift, die die Hand eines Mannes verraͤth, der<lb/> mehr, als ein Goͤtzendiener, war. „Jch bin alles,<lb/> was da iſt, was da war und was da ſeyn wird,<lb/> und <hi rendition="#b">meinen Schleyer hat kein Sterblicher<lb/> aufgedeckt</hi>.„</p><lb/> <p>Die Geſetze, nach welchen die Phantaſie ihre<lb/> Bilder vor die Seele fuͤhrt, ſind die, nach wel-<lb/> chen ſich Vorſtellungen uͤberhaupt mit einander<lb/> verketten. Es verknuͤpfen ſich aber ſolche Vor-<lb/> ſtellungen mit einander, welche entweder <hi rendition="#b">inner-<lb/> lich</hi> oder <hi rendition="#b">aͤußerlich</hi> verbunden ſind. Jnnerlich<lb/> verbunden ſind <hi rendition="#b">die</hi>, welche den Grund ihres An-<lb/> einanderhangens in ſich enthalten; aͤußerlich aber<lb/><hi rendition="#b">die</hi>, welchen das, was ſie zuſammenhaͤngt, nicht<lb/> weſentlich zugehoͤrt, ſondern außer ihnen liegt. —<lb/> Aehnlichkeit, urſachlicher Zuſammenhang, Kon-<lb/> traſt u. dergl. gehoͤren zu den innerlichen Verbin-<lb/> dungen, Zuſammenhang im Raum, oder in der<lb/> Zeit zu den aͤußerlichen. —</p><lb/> <p>Saladin in Nathan dem Weiſen, dem Stolz<lb/> der deutſchen Muſe, vergegenwaͤrtigt ſich das<lb/> Bild ſeines verlornen Bruders Aſſad, weil er in<lb/> dem Geſicht des gefangnen Tempelherrn Zuͤge ent-<lb/> deckt, die denen ſeines Aſſad aͤhnlich waren.</p><lb/> <p>Der Dichter des hohen Liedes von der Einzi-<lb/> gen hoͤrt in der Begeiſterung alles toͤnen, was<lb/> das Ohr reizen kann, und gebeut allem Schwei-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gen,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0065]
Darum ſtand uͤber dem Tempel der Jſis eine Auf-
ſchrift, die die Hand eines Mannes verraͤth, der
mehr, als ein Goͤtzendiener, war. „Jch bin alles,
was da iſt, was da war und was da ſeyn wird,
und meinen Schleyer hat kein Sterblicher
aufgedeckt.„
Die Geſetze, nach welchen die Phantaſie ihre
Bilder vor die Seele fuͤhrt, ſind die, nach wel-
chen ſich Vorſtellungen uͤberhaupt mit einander
verketten. Es verknuͤpfen ſich aber ſolche Vor-
ſtellungen mit einander, welche entweder inner-
lich oder aͤußerlich verbunden ſind. Jnnerlich
verbunden ſind die, welche den Grund ihres An-
einanderhangens in ſich enthalten; aͤußerlich aber
die, welchen das, was ſie zuſammenhaͤngt, nicht
weſentlich zugehoͤrt, ſondern außer ihnen liegt. —
Aehnlichkeit, urſachlicher Zuſammenhang, Kon-
traſt u. dergl. gehoͤren zu den innerlichen Verbin-
dungen, Zuſammenhang im Raum, oder in der
Zeit zu den aͤußerlichen. —
Saladin in Nathan dem Weiſen, dem Stolz
der deutſchen Muſe, vergegenwaͤrtigt ſich das
Bild ſeines verlornen Bruders Aſſad, weil er in
dem Geſicht des gefangnen Tempelherrn Zuͤge ent-
deckt, die denen ſeines Aſſad aͤhnlich waren.
Der Dichter des hohen Liedes von der Einzi-
gen hoͤrt in der Begeiſterung alles toͤnen, was
das Ohr reizen kann, und gebeut allem Schwei-
gen,
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