Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.das eigne Nachdenken befruchtet und interessant Derjenige Zustand der Seele, wo dieselbe Darum kann man aufmerksam seyn, wenn Jch habe des Tages Last und Hitze getragen Coronatus kömmt vom Bachusfeste zu Hause. Crassus sitzt im Ruhestuhl, seines Leibes zu und
das eigne Nachdenken befruchtet und intereſſant Derjenige Zuſtand der Seele, wo dieſelbe Darum kann man aufmerkſam ſeyn, wenn Jch habe des Tages Laſt und Hitze getragen Coronatus koͤmmt vom Bachusfeſte zu Hauſe. Craſſus ſitzt im Ruheſtuhl, ſeines Leibes zu und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0056" n="32"/> das eigne Nachdenken befruchtet und intereſſant<lb/> werden koͤnne. —</p><lb/> <p>Derjenige Zuſtand der Seele, wo dieſelbe<lb/> ihre Thaͤtigkeit auf etwas richtet, um ſich Vor-<lb/> ſtellungen davon zu verſchaffen, heißt <hi rendition="#b">Aufmerk-<lb/> ſamkeit. Je faͤhiger und williger die Seele<lb/> zur Thaͤtigkeit iſt, und je geſchickter die Ge-<lb/> genſtaͤnde ſind, dieſelbe zu wecken, deſto<lb/> groͤßer wird die Aufmerkſamkeit ſeyn.</hi> —</p><lb/> <p>Darum kann man aufmerkſam ſeyn, wenn<lb/> die Seele frey, ihre Kraft nicht erſchoͤpft, oder<lb/> von zu großer Anſtrengung oder koͤrperlicher Traͤg-<lb/> heit gelaͤhmt iſt; und wird ſeine Aufmerkſamkeit<lb/> auf dasjenige richten, was ſich vor andern Ge-<lb/> genſtaͤnden hervordraͤngt, oder auf irgend eine<lb/> Weiſe intereſſant zu ſeyn ſcheint.</p><lb/> <p>Jch habe des Tages Laſt und Hitze getragen<lb/> und Geiſt und Koͤrper ermuͤdet, ſelbſt Wielands<lb/> Oberon kann mich nicht feſthalten, meine Seele<lb/> iſt nicht <hi rendition="#b">vermoͤgend</hi>, noch thaͤtig zu ſeyn.</p><lb/> <p>Coronatus koͤmmt vom Bachusfeſte zu Hauſe.<lb/> Seine Gattin erzaͤhlt ihm die Geſchichte der Stun-<lb/> den ihres Alleinſeyns. Er kann nicht aufmerken.<lb/> Die Wallungen des Blutes im Fleiſch erlauben<lb/> dem Geiſte nicht, ſich in Thaͤtigkeit zu ſetzen.</p><lb/> <p>Craſſus ſitzt im Ruheſtuhl, ſeines Leibes zu<lb/> pflegen. Sein Sohn recitirt ihm das, was er<lb/> heute in der Schule lernte. Er hoͤrt nur Toͤne<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0056]
das eigne Nachdenken befruchtet und intereſſant
werden koͤnne. —
Derjenige Zuſtand der Seele, wo dieſelbe
ihre Thaͤtigkeit auf etwas richtet, um ſich Vor-
ſtellungen davon zu verſchaffen, heißt Aufmerk-
ſamkeit. Je faͤhiger und williger die Seele
zur Thaͤtigkeit iſt, und je geſchickter die Ge-
genſtaͤnde ſind, dieſelbe zu wecken, deſto
groͤßer wird die Aufmerkſamkeit ſeyn. —
Darum kann man aufmerkſam ſeyn, wenn
die Seele frey, ihre Kraft nicht erſchoͤpft, oder
von zu großer Anſtrengung oder koͤrperlicher Traͤg-
heit gelaͤhmt iſt; und wird ſeine Aufmerkſamkeit
auf dasjenige richten, was ſich vor andern Ge-
genſtaͤnden hervordraͤngt, oder auf irgend eine
Weiſe intereſſant zu ſeyn ſcheint.
Jch habe des Tages Laſt und Hitze getragen
und Geiſt und Koͤrper ermuͤdet, ſelbſt Wielands
Oberon kann mich nicht feſthalten, meine Seele
iſt nicht vermoͤgend, noch thaͤtig zu ſeyn.
Coronatus koͤmmt vom Bachusfeſte zu Hauſe.
Seine Gattin erzaͤhlt ihm die Geſchichte der Stun-
den ihres Alleinſeyns. Er kann nicht aufmerken.
Die Wallungen des Blutes im Fleiſch erlauben
dem Geiſte nicht, ſich in Thaͤtigkeit zu ſetzen.
Craſſus ſitzt im Ruheſtuhl, ſeines Leibes zu
pflegen. Sein Sohn recitirt ihm das, was er
heute in der Schule lernte. Er hoͤrt nur Toͤne
und
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