Dritte Unterhaltung. Vom Bewußtseyn und der Aufmerksamkeit.
Jch weiß, daß ich es bin, der itzo seine Ge- danken über das Bewußtseyn und die Aufmerk- samkeit niederschreiben will, -- weiß, daß itzt Vorstellungen in meiner Seele sind, die mir ge- hören, und auf die Gegenstände, die ich eben nannte, sich beziehn -- ich bin mir meiner be- wußt. Denn, wenn der Mensch seine Vorstel- lungen auf sich, als ihren Urheber und zugleich auf ihren Gegenstand bezieht; so schreibt man ihm Bewußtseyn zu. Wo also kein Bewußtseyn ist, da ist auch keine Vorstellung, und wo keine Vor- stellung ist, da ist auch kein Bewußtseyn. Be- wußtlose Vorstellungen finden also eben so wenig statt, als Bewußtlosigkeit bey noch daseyenden Vorstellungen. Nicht immer aber ist das Be- wußtseyn in gleichem Grade klar, und bald sticht das Bewußtseyn der Person, die Vorstellungen hat; bald das, der Vorstellung und des Gegen- standes, worauf die Vorstellungen gehn, hervor.
Die Regeln, nach welchen diese Erscheinun- gen sich richten, scheinen mir folgende zu seyn:
1. Re-
B 3
Dritte Unterhaltung. Vom Bewußtſeyn und der Aufmerkſamkeit.
Jch weiß, daß ich es bin, der itzo ſeine Ge- danken uͤber das Bewußtſeyn und die Aufmerk- ſamkeit niederſchreiben will, — weiß, daß itzt Vorſtellungen in meiner Seele ſind, die mir ge- hoͤren, und auf die Gegenſtaͤnde, die ich eben nannte, ſich beziehn — ich bin mir meiner be- wußt. Denn, wenn der Menſch ſeine Vorſtel- lungen auf ſich, als ihren Urheber und zugleich auf ihren Gegenſtand bezieht; ſo ſchreibt man ihm Bewußtſeyn zu. Wo alſo kein Bewußtſeyn iſt, da iſt auch keine Vorſtellung, und wo keine Vor- ſtellung iſt, da iſt auch kein Bewußtſeyn. Be- wußtloſe Vorſtellungen finden alſo eben ſo wenig ſtatt, als Bewußtloſigkeit bey noch daſeyenden Vorſtellungen. Nicht immer aber iſt das Be- wußtſeyn in gleichem Grade klar, und bald ſticht das Bewußtſeyn der Perſon, die Vorſtellungen hat; bald das, der Vorſtellung und des Gegen- ſtandes, worauf die Vorſtellungen gehn, hervor.
Die Regeln, nach welchen dieſe Erſcheinun- gen ſich richten, ſcheinen mir folgende zu ſeyn:
1. Re-
B 3
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Dritte Unterhaltung.
Vom
Bewußtſeyn und der Aufmerkſamkeit.
Jch weiß, daß ich es bin, der itzo ſeine Ge-
danken uͤber das Bewußtſeyn und die Aufmerk-
ſamkeit niederſchreiben will, — weiß, daß itzt
Vorſtellungen in meiner Seele ſind, die mir ge-
hoͤren, und auf die Gegenſtaͤnde, die ich eben
nannte, ſich beziehn — ich bin mir meiner be-
wußt. Denn, wenn der Menſch ſeine Vorſtel-
lungen auf ſich, als ihren Urheber und zugleich auf
ihren Gegenſtand bezieht; ſo ſchreibt man ihm
Bewußtſeyn zu. Wo alſo kein Bewußtſeyn iſt,
da iſt auch keine Vorſtellung, und wo keine Vor-
ſtellung iſt, da iſt auch kein Bewußtſeyn. Be-
wußtloſe Vorſtellungen finden alſo eben ſo wenig
ſtatt, als Bewußtloſigkeit bey noch daſeyenden
Vorſtellungen. Nicht immer aber iſt das Be-
wußtſeyn in gleichem Grade klar, und bald ſticht
das Bewußtſeyn der Perſon, die Vorſtellungen
hat; bald das, der Vorſtellung und des Gegen-
ſtandes, worauf die Vorſtellungen gehn, hervor.
Die Regeln, nach welchen dieſe Erſcheinun-
gen ſich richten, ſcheinen mir folgende zu ſeyn:
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/45>, abgerufen am 16.02.2025.
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